Entscheidungsstichwort (Thema)
Bestimmung des Kindergeldberechtigten durch das Familiengericht
Leitsatz (amtlich)
1. Wird ein Kind getrenntlebender Eltern in annähernd gleichem Umfang in den Haushalten beider Elternteile betreut, ist der Empfangsberechtigte des Kindergeldes analog § 64 Abs. 2 Satz 2 bis 4 EStG zu bestimmen. Insofern ist auf Antrag eines Berechtigten auch eine Bestimmung durch das Familiengericht vorzunehmen. (Anschluss an BFHE 209, 338).
2. Der Einwand, annähernd gleiche Betreuungsanteile lägen tatsächlich nicht vor, ist nicht vom Familiengericht, sondern allein von der Familienkasse und im nachfolgenden finanzgerichtlichen Verfahren zu klären.
3. Zur Bestimmung des Wertes des Beschwerdegegenstandes bei gegen die familiengerichtliche Bestimmung des Kindergeldberechtigten gerichteter Beschwerde (Fortführung OLG Celle vom 31.5.2011 - 10 UF 297/10, FamRZ 2011, 1616 f. = MDR 2011, 1180 f. = JurBüro 2011, 494 = Rpfleger 2011, 604 f. = BeckRS 2011, 14904 = juris).
Normenkette
EStG § 64 Abs. 2 S. 2; FamFG § 231 Abs. 2, §§ 58, 61 Abs. 1
Verfahrensgang
AG Hannover (Aktenzeichen 609 F 2109/10) |
Tenor
Die Beschwerde des Antragstellers wird auf seine Kosten als unzulässig verworfen.
Verfahrenswert für das Beschwerdeverfahren: 300 EUR (§ 51 Abs. 3 FamGKG).
Gründe
I. Die Beteiligten sind seit Januar 2009 rechtskräftig geschiedene Eheleute und die Eltern der am ... 2000 geborenen gemeinsamen Tochter L.. Das Aufenthaltsbestimmungsrecht für L. wird aufgrund des Beschlusses des AG vom 3.12.2007 (609 F 5091/07), der durch Beschluss vom 17.4.2009 (609 F 5607/08) [Bl. 40 ff. d.A.] bestätigt wurde, allein von der Antragsgegnerin ausgeübt, die elterliche Sorge im Übrigen durch beide Elternteile gemeinsam. Ihren melderechtlichen Hauptwohnsitz hat L. seit August 2008 bei der Mutter; zu einem späteren Zeitpunkt ist sie mit Nebenwohnsitz auch im Haushalt des Kindesvaters angemeldet worden. Aufgrund einer umfangreichen Umgangsvereinbarung wird L. in großem Umfang auch von ihrem Vater betreut; über die genauen Aufenthaltsanteile in den beiden Haushalten werden von den Kindeseltern abweichende Angaben gemacht und unterschiedliche Bewertungen vorgenommen; beide Elternteile reklamieren dabei - u.a. mit aufwendigen tabellarischen Aufstellungen - einen überwiegenden Aufenthalt und eine überwiegende Betreuungsleistung für sich.
Das Kindergeld für L. wurde seit deren Geburt an die Kindesmutter ausgezahlt; insofern bestand auch nach rechtskräftiger Scheidung der Kindeseltern noch ausdrückliche Übereinstimmung. Mit an die Familienkasse Hannover gerichtetem Schreiben vom 10.6.2009 [Bl. 68 d.A.] hat der Kindesvater seine "Zustimmung zum bisherigen Auszahlungsverfahren" zurückgenommen und hat sich mit einem Einspruch gegen die Kindergeldfestsetzung für die Zeit ab Januar 2008 (!) gewandt. Für die Zeit ab August 2008 ist die Kindergeldfestsetzung für L. von der Familienkasse daraufhin aufgehoben worden [Bl. 10 f. d.A.]; für die Zeit ab März 2010 hat die Familienkasse gar bis zur Entscheidung des Familiengerichts über die Bestimmung des Kindergeldberechtigten die Auszahlung des Kindergeldes eingestellt.
Mit am 23.4.2010 beim AG eingegangenem Antrag begehrt der Kindesvater die Feststellung, der Berechtigte gem. § 64 EStG für die Auszahlung des die gemeinsame Tochter L. betreffenden Kindergeldes zu sein. Die Kindesmutter tritt dem entgegen und begehrt, ihrerseits als Kindergeldberechtigte bestimmt zu werden. Sie hat erstinstanzlich den "Hilfsantrag" geltend gemacht, den Antragsteller bei dessen Bestimmung zum Kindergeldberechtigten zu verpflichten, das hälftige Kindergeld monatlich an sie auszukehren.
Das AG hat mit Beschluss vom 16.3.2011, auf den auch zur weiteren Sachdarstellung Bezuge genommen wird, die Kindesmutter zur Kindergeldberechtigten i.S.v. § 64 EStG bestimmt und den Verfahrenswert auf 300 EUR festgesetzt. Mit Beschluss vom 13.4.2011 hat das AG - nachdem die Familienkasse eine ausdrückliche Feststellung insofern für erforderlich erklärt hatte - klargestellt, die Bestimmung der Kindergeldberechtigung gelte für die Zeit ab 1.8.2008.
Gegen den seiner Verfahrensbevollmächtigten am 23.3.2011 zugestellten Beschluss richtet sich die am 16.4.2011 eingelegte Beschwerde des Kindesvaters, der sein erstinstanzliches Ziel unter Wiederholung seines Vorbringens weiterverfolgt.
Dem Kindesvater ist vom Senat eine Frist zur Begründung der Beschwerde gem. § 65 Abs. 2 FamFG gesetzt worden. Zugleich ist er - unter Hinweis auf die veröffentliche Senatsrechtsprechung - ausdrücklich auf die Notwendigkeit von entsprechendem Vortrag hingewiesen worden, dass im Streitfall der Beschwerdegegenstand einen Wert von mehr als 600 EUR aufweist.
Der Kindesvater hat die Beschwerde innerhalb der ihm gesetzten Frist begründet.
Zum Wert des Beschwerdegegenstandes hat er allein ausgeführt: Streitgegenstand sei das Kindergeld aus der Zeit seit dem 1.8.2008. Insofern habe das AG über eine "Vermögensmasse von ca. 3.000 EUR" entschieden. Nicht nachvollziehbar sei deshalb, wie das...