Leitsatz (amtlich)
1.
Zwischen der Staatsanwaltschaft und ihren Ermittlungsbehörden besteht im Hinblick auf die Eilzuständigkeit gem. § 81a Abs. 2 StPO kein Rangverhältnis.
2.
Das Fehlen eines nächtlichen richterlichen Eildienstes zur Erfüllung des Richtervorbehalts aus § 81a Abs. 2 StPO führt nicht zu einem Beweisverwertungsverbot.
3.
Zu den Voraussetzungen an die Zulässigkeit einer Verfahrensrüge. mit der der Rechtsmittelführer das Fehlen eines nächtlichen richterlichen Eildienstes und ein darauf zurückzuführendes Beweisverwertungsverbot geltend macht.
4.
Bei einer Geldbuße von 275 EUR muss das tatrichterliche Urteil Ausführungen zur den wirtschaftlichen Verhältnissen des Betroffenen enthalten, da das Rechtsbeschwerdegericht sonst nicht nachvollziehen kann, ob die Bemessung der Geldbuße in Einklang mit § 17 Abs. 3 Satz 2 OWiG steht.
Verfahrensgang
AG Nienburg (Entscheidung vom 02.02.2010) |
Tenor
Auf die Rechtsbeschwerde des Betroffenen wird das Urteil des Amtsgerichts Nienburg/Weser, Zweigstelle Hoya, vom 02.02.2010 im Rechtsfolgenausspruch mit den zugehörigen Feststellungen aufgehoben.
Im Übrigen wird die Rechtsbeschwerde verworfen.
Im Umfang der Aufhebung wird die Sache zu neuer Verhandlung und Entscheidung - auch über die Kosten des Rechtsbeschwerdeverfahrens - an dieselbe Abteilung des Amtsgerichts Nienburg/Weser, Zweigstelle Hoya, zurückverwiesen.
Gründe
Das Amtsgericht hat den Betroffenen wegen fahrlässigen Führens eines Kraftfahrzeuges unter Wirkung eines berauschenden Mittels (§ 24 a. Abs. 2 StVG) zu einer Geldbuße von 275,00 Euro verurteilt und ein Fahrverbot für die Dauer eines Monats verhängt.
Zur Person des Betroffenen hat das Amtsgericht lediglich festgestellt, dass er Arbeitslosengeld II bezieht und bereits wegen einer anderen Verkehrsordnungswidrigkeit in Erscheinung getreten ist. Mit einer seit dem 06.02.2008 rechtskräftigen Entscheidung wurde gegen ihn wegen Überschreitens der zulässigen Höchstgeschwindigkeit außerhalb geschlossener Ortschaften um 41 km/h eine Geldbuße in Höhe von 100,00 EUR sowie ein Fahrverbot von einem Monat festgesetzt.
Nach den Feststellungen zur Tat befuhr der Betroffene am 23.03.2008 gegen 0:25 Uhr mit seinem PKW eine öffentliche Straße in Wietzen, obwohl er unter der 'Wirkung eines berauschenden Mittels stand, Die Polizeibeamten PK H. und PK C. hielten den Betroffenen im Rahmen einer Verkehrskontrolle an.
PK H. ordnete eine Blutentnahme an, weil die Beamten aufgrund der geröteten Augen des Betroffenen sowie des positiven Ergebnisses eines sogenannten "Wischtestes" den Verdacht gefasst hatten, dass der Betroffene unter dem Einfluss berauschender Mittel stand. Schriftlich dokumentiert wurden diese Gründe von den Polizeibeamten nicht. Die Blutentnahme erfolgte um 1.03 Uhr in der Polizeiinspektion durch einen Arzt. Sie ergab ausweislich eines Gutachtens der Medizinischen Hochschule Hannover vom 03.04.2008 u.a. 6,5 ng/ml Tetrahydrocannabinol (THC) im Blut des Betroffenen.
Ein Richter war wegen der Entnahme der Blutprobe von den Polizeibeamten nicht eingeschaltet worden. Ein ermittlungsrichterlicher Bereitschaftsdienst bestand zur Nachtzeit im Bezirk des Landgerichts Verden nicht, eine richterliche Anordnung wäre deshalb erst am nächsten Morgen zu erreichen gewesen.
Gegen das Urteil des Amtsgerichts richtet sich die Rechtsbeschwerde des Betroffenen, mit der er die Verletzung formellen und materiellen Rechts rügt. Mit der Verfahrensrüge wendet sich der Betroffene gegen die Verwertung des Blutentnahmebefundes. Dieser sei wegen eines Verstoßes gegen den Richtervorbehalt in § 81 a Abs. 2 StPO unverwertbar, weil Gefahr im Verzug nicht vorgelegen habe. Im Übrigen habe auch die Landesjustizverwaltung nicht sichergestellt, dass zur Nachtzeit ein Richter zur Entscheidung über die Blutprobenentnahme zu erreichen gewesen sei.
Mit der Sachrüge macht der Betroffene geltend, das Amtsgericht habe keine näheren Feststellungen zur Einkommens- und Vermögenslage des Betroffenen getroffen, sodass das Rechtsbeschwerdegericht die Höhe der Geldbuße nicht überprüfen könne. Auch habe das Amtsgericht zu Unrecht die Regelgeldbuße wegen der früheren Bußgeldsache erhöht, da es sich nicht um einen einschlägigen Verstoß gehandelt habe. Ferner sei das Fahrverbot im Sinne eines "Denkzettels" nicht erforderlich gewesen, da die Tat im Zeitpunkt der Verurteilung bereits fast zwei Jahre zurückgelegen habe.
Die Generalstaatsanwaltschaft hat beantragt, die Rechtsbeschwerde gemäß §§ 79 Abs. 3 S. 1 OWiG, 349 Abs. 2 StPO mit der Maßgabe zu verwerfen, dass der Betroffene zu einer Geldbuße in Höhe von 250 Euro verurteilt wird.
Das zulässige Rechtsmittel hat teilweise Erfolg. Es führt zur Aufhebung des angefochtenen Urteils im Rechtsfolgenausspruch und in diesem Umfang zur Zurückverweisung der Sache an das Amtsgericht.
1.
Zum Schuldspruch war die Rechtsbeschwerde auf Antrag der Generalstaatsanwaltschaft gemäß §§ 79 Abs. 3 OWG, 349 Abs. 2 StPO als unbegründet zu verwerfen.
a)
Die Verfahrensrüge der Verletzung von § 81 a StPO ist zwar...