Verfahrensgang
LG Stade (Urteil vom 07.03.2006; Aktenzeichen 3 O 205/05) |
Nachgehend
Tenor
1. Der Antrag der Klägerin vom 12.5.2006 auf Wiedereinsetzung in den vorigen Stand wird zurückgewiesen.
2. Die Berufung der Klägerin gegen das Urteil der Einzelrichterin der 3. Zivilkammer des LG Stade vom 7.3.2006 wird auf ihre Kosten als unzulässig verworfen, weil die Klägerin es versäumt hat, rechtzeitig die Berufung zu begründen.
3. Der Wert des Streitgegenstandes für die Berufungsinstanz wird auf bis 8.500 EUR festgesetzt.
Gründe
Die Berufung war gem. § 522 Abs. 1 Satz 2 ZPO zu verwerfen. Sie ist unzulässig, weil sie nicht binnen von zwei Monaten seit Zustellung des angefochtenen Urteils, nämlich am 10.5.2006, begründet worden ist (§ 520 Abs. 2 ZPO).
Der Antrag vom 12.5.2006 auf Wiedereinsetzung in den vorigen Stand hinsichtlich der versäumten Begründungsfrist war als unbegründet zurückzuweisen. Tatsachen, die eine Wiedereinsetzung in den vorigen Stand begründen könnten, sind nicht vorgetragen worden.
Begründet ist ein Antrag auf Wiedereinsetzung nur dann, wenn die Partei, die sich das Verschulden ihres Anwalts zurechnen lassen muss (§ 85 Abs. 2 ZPO), ohne Verschulden an der rechtzeitigen Vornahme der Frist wahrenden Prozesshandlung gehindert war. Ob ein Verschulden der Partei oder ihres Vertreters vorliegt, ist nach dem objektiv-abstrakten Maßstab des § 276 Abs. 2 BGB zu beurteilen. Bei anwaltlichem Verschulden ist in der Regel die übliche, berufsbedingte strenge Sorgfalt vorauszusetzen, so dass regelmäßig eine Fristversäumung verschuldet ist, wenn sie für einen pflichtbewussten Rechtsanwalt abwendbar gewesen wäre (vgl. Greger, in: Zöller, ZPO, 25. Aufl. 2005, § 233 Rz. 11 f.).
Vorliegend hat der Prozessbevollmächtigte der Klägerin behauptet, er habe versehentlich das im Fristenkalender ordnungsgemäß auf den 10.5.2006 notierte "N" für Notfrist versehentlich für ein "V" gelesen und sei der Ansicht gewesen, es handele sich um eine Vorfrist. Es liegt damit aber nach seinem eigenen Vortrag ein Verschulden seinerseits vor. Auch wenn üblicherweise sonst seine Büroangestellte ihn noch mal gesondert mündlich auf eine Notfrist hingewiesen haben sollte, entlastet ihn dies nicht. Er selbst hätte erkennen können, dass es sich bei der Frist um eine Notfrist handelte. Der Fristenkalender war ihm rechtzeitig mit allen notwendigen Angaben und den Handakten vorgelegt worden. Selbst bei flüchtiger Betrachtungsweise hätte der Anwalt zweifeln können und müssen, ob die Eintragung im Fristenkalender tatsächlich ein V mit schrägem Aufstrich war; dies hätte seine Verpflichtung begründet, nachzufragen oder in den ihm vorliegenden Handakten nachzusehen.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 97 Abs. 1 ZPO
Fundstellen