Entscheidungsstichwort (Thema)

Prozesskostenhilfe: Mutwilligkeit i.S.d. § 114 ZPO bei Aufrechterhaltung des Klageabweisungsantrages durch die Prozesskostenhilfe beantragende Partei und fehlender Anschließung an die Erledigungserklärung des Klägers. Abgrenzung zwischen echter Mitdarlehensnehmerschaft und einseitig verpflichtender Mithaftungsübernahme

 

Leitsatz (amtlich)

1. Es kann i.S.d. § 114 ZPO mutwillig sein, wenn die Prozesskostenhilfe beantragende Beklagte sich der Erledigungserklärung des Klägers nicht anschließt, sondern weiterhin Klagabweisung beantragt, obgleich sie den Eintritt eines erledigenden Ereignisses nicht substantiiert bestreitet.

2. Zur Abgrenzung zwischen echter Mitdarlehensnehmerschaft und einseitig verpflichtender Mithaftungsübernahme, konkret zur Frage, ob die Ehefrau echte Mitdarlehensnehmerin wird, wenn das Darlehen der Renovierung oder dem Umbau des im Alleineigentum ihres Ehemannes stehenden Wohnhauses dient, in dem auch sie wohnt.

3. Zur Sittenwidrigkeit wegen krasser finanzieller Überforderung und zu der insoweit anzustellenden Zukunftsprognose. Auf Angaben der Darlehensnehmerin zu einer zukünftig längeren Arbeitszeit und einem damit einhergehenden höheren Verdienst kann sich die Bank grundsätzlich verlassen.

 

Normenkette

ZPO § 114; BGB §§ 138, 488, 491

 

Verfahrensgang

LG Hildesheim (Beschluss vom 29.03.2007; Aktenzeichen 6 O 397/06)

 

Tenor

Die sofortige Beschwerde wird zurückgewiesen.

Die Beklagte zu 2 hat die Gerichtskosten ihrer sofortigen Beschwerde zu tragen. Kosten des Beschwerdeverfahrens werden nicht erstattet.

 

Gründe

I. Die Klägerin hat mit ihrer Klage vom 7.12.2006 die Beklagten auf Rückzahlung eines Darlehens in Anspruch genommen.

Am 18.5.2004 schlossen die Klägerin und die Beklagten einen bis zur Zuteilung eines Bausparvertrages endfälligen Darlehensvertrag über einen Darlehensnennbetrag von 19.000 EUR. Die monatliche Zinsrate betrug 64,13 EUR, mit einer Risikoversicherungsrate insgesamt 68,21 EUR. Das als Zwischenkredit bezeichnete Darlehen war zweckgebunden und sollte erst zur Auszahlung gelangen, nachdem - u.a. - die Beklagten Handwerker- oder Materialrechnungen über 10.450 EUR vorlegten.

Nach einer Mahnung mit Schreiben vom 6.12.2005 kündigte die Klägerin den Darlehensvertrag ggü. den Beklagten wegen Zahlungsverzugs mit Schreiben vom 27.12.2005.

Die beklagten Eheleute, die ungeachtet zwischenzeitlicher Trennung in einem Haus, dessen Eigentümer der Beklagte zu 1 ist, wohnen, haben die Klage am 11.1.2007 zugestellt erhalten.

Mit Schreiben vom 25.1.2007 hat die Klägerin unter Hinweis auf zwischenzeitliche Begleichung der Klagforderung durch den Beklagten zu 1 den Rechtsstreit in der Hauptsache für erledigt erklärt.

Die Beklagte zu 2 hat mit Schriftsatz vom 6.2.2007 Klagabweisung und daneben die Bewilligung von Prozesskostenhilfe beantragt.

Der Darlehensvertrag sei so auszulegen, dass die Beklagte zu 2 nicht Mitdarlehensnehmerin, sondern Bürgin geworden sei. Sie sei in keiner Weise von dem Darlehen begünstigt gewesen und hätte auf Grund ihres Teilzeitverdienstes von nur 859 EUR pro Monat das Darlehen ohnehin nicht bedienen können.

Diesem Vorbringen ist die Klägerin entgegengetreten. Sie verweist auf einen von beiden Beklagten am 21.4.2004 unterzeichneten Antrag auf Bauspardarlehen, in dem es zu den Einkommensverhältnissen der Beklagten zu 2 heißt, dass sie ca. 1.000 EUR monatlich verdiene, sie aber ab Juli 2004 wöchentlich zehn Stunden länger arbeiten werde.

Das LG hat den Prozesskostenhilfeantrag zurückgewiesen, weil die beabsichtigte Prozessführung der Beklagten zu 2 keine hinreichende Aussicht auf Erfolg biete.

Auf Grund der vorgelegten Unterlagen sei von einer Zahlung durch den Beklagten zu 1 nach Klagzustellung auszugehen. Die Beklagte zu 2 habe keine Bürgschaft übernommen, sondern einen Darlehensvertrag mitunterzeichnet. Da der Beklagte zu 1 Alleineigentümer des Hauses sei, für dessen Renovierung der Kredit aufgenommen worden sei, spreche aber mehr für eine bloße Mithaftung der Beklagten zu 2. Es fehle allerdings an einer Sittenwidrigkeit wegen krasser Überforderung der Beklagten zu 2.

Dagegen wendet sich die Beklagte zu 2 mit ihrer sofortigen Beschwerde.

Das LG habe verkannt, dass für die Sittenwidrigkeit auf die Umstände bei Vertragsschluss abzustellen sei. Die Bezifferung eines höheren Verdienstes der Beklagten zu 2 sei rein spekulativ gewesen. Auch die Ansicht des LG zur Rechtzeitigkeit der Zahlung begegne durchgreifenden Bedenken.

Das LG hat mit Beschluss vom 13.4.2007 der sofortigen Beschwerde nicht abgeholfen. Hinsichtlich der Frage der krassen Überforderung sei auf die Angaben in den Darlehensantrag vom 21.4.2004 abzustellen. Ein wirksamer Beweisantritt hinsichtlich der Rechtzeitigkeit der Zahlung liege nicht vor; der von der Beklagten zu 2 als Zeuge benannte Beklagte zu 1 komme als Zeuge nicht in Betracht.

II. Die sofortige Beschwerde der Beklagten zu 2 ist zulässig, namentlich fristgerecht eingelegt worden (§§ 127 Abs. 2 S. 2, 3, 567 ff. ZPO), hat aber in der Sache keinen ...

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