Leitsatz (amtlich)
1. Das Grundbuchamt ist zwar grundsätzlich auch zur Überprüfung der Identität des Erklärenden berufen, wenn es um die Eintragung einer Löschung im Grundbuch geht; diese grundsätzliche Prüfungskompetenz erlaubt ihm jedoch keine freie Beweiswürdigung i.S.d. § 286 ZPO.
2. Vielmehr muss auch das Grundbuchamt den Beweisregeln des Urkundsbeweises Rechnung tragen; hat es keine konkreten Anhaltspunkte dafür, dass die in einer öffentlichen Urkunde durch einen Notar erfolgte Identitätsfeststellung falsch ist, ist es an die Beweiskraft der öffentlichen Urkunde gebunden.
3. § 10 BeurkG enthält lediglich eine Sollvorschrift, deren Verletzung die Beweiskraft der Urkunde grundsätzlich unberührt lässt.
Normenkette
GBO § 29; BeurkG § 10; ZPO § 415
Verfahrensgang
LG Hildesheim (Beschluss vom 21.07.2005; Aktenzeichen 5 T 252/05) |
Tenor
Auf die weitere Beschwerde der Eigentümerin vom 15.8.2005 wird der Beschluss der 5. Zivilkammer des LG Hildesheim vom 21.7.2005 wie folgt geändert:
Die Beanstandungsverfügung des AG Hildesheim - Grundbuchamt - vom 10.5.2005 wird aufgehoben und das Grundbuchamt angewiesen, über den Löschungsantrag vom 20.12.2004 erneut zu befinden.
Im Übrigen wird die weitere Beschwerde zurückgewiesen.
Die Kosten des Verfahrens werden der Eigentümerin auferlegt.
Beschwerdewert: 100 EUR.
Gründe
I. Die Beschwerdeführerin war seit 29.3.1996 hälftige Miteigentümerin des im Grundbuch von H. Bl. ... eingetragenen Grundstücks. Seit dem 12.4.2005 ist sie Alleineigentümerin des streitbefangenen Grundstücks. In Abt. III lfd. Nr. ... des Grundbuchs ist seit dem 29.3.1996 eine Buchgrundschuld für Herrn T. S. über einen Betrag von 25.000 DM eingetragen.
Mit Antrag vom 20.12.2004 des Notars M.R. in E. (UR. Nr. ...), eingegangen beim AG Hildesheim am 21.12.2004, hat die Beschwerdeführerin u.a. die Löschung der vorgenannten Buchgrundschuld beantragt. Hierzu hat sie eine Löschungsbewilligung vom 10.3.2004 eingereicht, die Herrn T.S. als Bewilligenden ausweist und die durch den Notar N.S. in L., beglaubigt wurde (UR. Nr. ...). Aus dem Beurkundungsvermerk (Bl. 211 R d.A.) ergibt sich, dass im Rahmen der Beglaubigung der Unterschrift des T.S. ein Lichtbildausweis nicht vorlag, sondern der Identitätsnachweis nur mit einer Anmeldebestätigung der Landeshauptstadt H. vom 8.12.2003, einen vorläufigen Nachweis der Fahrberechtigung gem. § 22 Abs. 4 Nr. 7 FeV sowie durch ein Familienstammbuch der Eltern mit der Geburtsurkunde geführt wurde. Zudem wurde der Bewilligende persönlich vorgestellt durch Herrn J.S., der sich seinerseits durch gültigen Bundespersonalausweis auswies.
Mit Verfügung vom 10.5.2005 stellte das AG Hildesheim - Grundbuchamt - ein Eintragungshindernis fest, weil anlässlich der Beglaubigung der Unterschrift auf der Löschungsbewilligung die Identität des Herrn T.S. nicht hinreichend festgestellt worden sei. Dem Grundbuchamt sei deshalb eine Überprüfung der Bewilligungsberechtigung nicht möglich.
Gegen diese Verfügung hat sich die Eigentümerin mit ihrer Beschwerde vom 15.6.2005, eingegangen beim Grundbuchamt am 16.6.2005 gewandt, in der sie zur Begründung ausgeführt hat, dass es nicht in die Prüfungskompetenz des Grundbuchamtes falle, ob die vom Notar angegebenen Mittel der Identitätsfeststellung genügend und überzeugend waren.
Durch Beschl. v. 21.7.2005 hat das LG die Beschwerde als unbegründet abgewiesen, weil die Identität des Bewilligenden nicht sicher festgestellt werden könne. Das Grundbuchamt sei zu solchen Feststellungen berechtigt, um die Herbeiführung einer sachlich falschen Eintragung im Grundbuch sicher auszuschließen.
Gegen diesen Beschluss richtet sich die bei dem LG am 16.8.2005 eingegangene weitere Beschwerde der Eigentümerin. Sie ist der Ansicht, dass der Notar durch die oben genannten Nachweismittel die Identität zweifelsfrei festgestellt habe. Jedenfalls falle es nicht - insoweit verfolgt sie ihre schon im Beschwerdeverfahren vertretene Rechtsauffassung weiter - in den Kompetenzbereich des Grundbuchamtes, die Identitätsfeststellung des Notars zu überprüfen. Vielmehr sei das Grundbuchamt an die Beweiskraft der vorgelegten notariellen Urkunde gebunden.
Die Eigentümerin beantragt, die Beanstandungsverfügung des AG Hildesheim - Grundbuchamt - vom 10.5.2005 in Abänderung des Beschlusses vom 21.7.2005 aufzuheben und das Grundbuchamt anzuweisen, die beantragte Löschung nunmehr einzutragen.
II. Die weitere Beschwerde ist überwiegend erfolgreich.
1. Die weitere Beschwerde ist zulässig gem. §§ 78, 79 Abs. 1, 80, 81 GBO.
Sie ist gem. § 78 GBO statthaft. Die Beschwerdeführerin wendet sich gegen eine Beschwerdeentscheidung des LG Hildesheim und macht eine Verletzung des Rechts geltend.
Auf die Einhaltung einer Beschwerdefrist kam es nicht an. Die weitere Beschwerde ist - abgesehen vom hier nicht einschlägigen § 89 GBO - unbefristet (Demharter, GBO, 25. Aufl., § 78 Rz. 2; BGHZ 48, 351 [354]).
Die Beschwerdeführerin ist beschwerdeberechtigt (BGH v. 3.2.1994 - V ZB 31/93, MDR 1994, 478 = NJW 1994, 1158), sie ist mit ihrer ...