Verfahrensgang
LG Hannover (Urteil vom 29.12.2021; Aktenzeichen 9 O 165/15) |
Tenor
1. Der Senat beabsichtigt, die Berufung des beklagten Landes gegen das Urteil der 9. Zivilkammer des Landgerichts Hannover vom 29. Dezember 2021 gemäß § 522 Abs. 2 ZPO zurückzuweisen.
2. Es ist vorgesehen, den Streitwert für die Berufungsinstanz auf bis 110.000 EUR (Berufung: 94.340,96 EUR; Anschlussberufung: 4.871,50 EUR) festzusetzen.
3. Die Parteien erhalten Gelegenheit zur Stellungnahme binnen drei Wochen ab Zustellung dieses Beschlusses.
Gründe
I. Die Parteien streiten um Vergütungsansprüche der Klägerin aus einem von dem beklagten Land gekündigten Bauvertrag über Trockenbauarbeiten, den Einbau von Türen und eine Innenwanddämmung in der TU B..
Das beklagte Land beendete den Bauvertrag durch freie Kündigung vom 26. März 2015 nach § 8 Abs. 1 VOB/B. Das Landgericht Hannover hatte während des erstinstanzlichen Verfahrens mit (rechtskräftigem) Zwischenfeststellungsurteil vom 12. Juni 2018 festgestellt, dass eine vom beklagten Land unter dem 27. Januar 2015 erklärte Teilkündigung unwirksam war und das streitbefangene Vertragsverhältnis der Parteien nicht durch eine berechtigte Kündigung des beklagten Landes vom 26. März 2015 beendet wurde, sondern die Kündigung des beklagten Landes vom 26. März 2015 eine freie Kündigung nach § 8 Abs. 1 VOB/B darstellt. Wegen der weiteren Einzelheiten des Inhalts wird auf das Zwischenfeststellungsurteil des Landgerichts Hannover vom 12. Juni 2018 (Bl. 261 ff. d.A.; im Original der Akte vorgeheftet) sowie auf das Berufungsurteil des 7. Zivilsenats des Oberlandesgerichts Celle vom 27. Februar 2019 (Bl. 342 ff. d.A.) verwiesen.
Die Parteien hatten einen Einheitspreisvertrag geschlossen. Der Bauvertrag sah in den Besonderen Vertragsbedingungen (Formblatt 214 VHB Bund, Ausgabe 2008, Stand August 2012, mit Ergänzungen des Landes Niedersachsen) Ausführungsfristen vor (vgl. auch Seite 1 des vorgenannten Zwischenfeststellungsurteils, Bl. 262 d.A.). Danach war mit der Ausführung am 9. September 2013 zu beginnen; für die Vollendung der Leistung wurde die Dauer mit ca. 1 Jahr angegeben. Die Arbeiten begannen aufgrund von Planungsänderungen erst am 17. Oktober 2013 und dauerten länger als zunächst geplant, unstreitig zunächst aus Umständen, die von der Klägerin nicht zu vertreten waren.
Mit Schreiben vom 13. Oktober 2014 (Anlage B2, Anlagenband "Beklagte" [nachfolgend auch: ABB) meldete die Klägerin Mehrkosten an und schrieb dem beklagten Land:
"Sehr geehrter Herr F.,
wie bereits mitgeteilt, ist die vertraglich vereinbarte Bauzeit abgelaufen. In den Angebotsunterlagen sowie im Vertrag ist eine kalkulatorisch zu berücksichtigende Bauzeit von ca. 1 Jahr, beginnend am 09.09.2013, beschrieben. Dementsprechend haben wir disponiert. Aus Gründen, welche nicht von uns zu vertreten sind, haben sich die Ausführungsfristen verschoben. Die von uns geplanten Kapazitäten und Ressourcen konnten nicht wie geplant eingesetzt bzw. genutzt werden. Daher mussten wir mehrfach neu disponieren.
(...)
Die Weiterführung der Bauleistung über den vertraglich vereinbarten Zeitraum hinaus ist für uns mit Mehrkosten verbunden, welche wir hiermit anmelden. Sie erhalten dazu von uns ein entsprechendes Angebot.
(...)"
Die Klägerin überreichte ein Nachtragsangebot vom 10. November 2014 (Anlage B3, ABB) für zehn Wochen "Verlängerung Baustellenbetrieb" über 34.727,80 EUR netto.
Mit Schreiben vom 2. Dezember 2014 (Anlage B7, ABB) teilte die Klägerin dem beklagten Land u.a. Folgendes mit:
"(...) Die Leistungen sind in mehreren Punkten extrem behindert. Teilweise dauerten die Behinderungen bis heute an. Wir haben Sie darauf aufmerksam gemacht, dass die von uns für die Baustelle geplanten Kapazitäten nach Ablauf der vertraglichen Bauzeit nicht mehr zur Verfügung stehen. Trotzdem haben wir uns bemüht, die Leistungen weiterzuführen. Die von Ihnen gewünschte Baustellenbesetzung können wir in der geforderten Größenordnung im Augenblick jedoch nicht realisieren. Wir haben daher auch den von Ihnen vorgelegten Terminplan nicht bestätigen können, und weisen diesen hiermit ausdrücklich zurück. Ihre Darstellung, wir würden Leistungen verweigern, entspricht nicht den Tatsachen (...) Die geforderte Überarbeitung unseres Nachtragsangebotes zur Weiterführung der Baustelle erhalten Sie heute".
In dem überreichten Nachtragsangebot der Klägerin vom 2. Dezember 2014 (Anlage B8, ABB) werden Kosten in Höhe von 29.171,70 EUR netto genannt.
Die Klägerin hat erstinstanzlich unter anderem für nicht erbrachte Leistungen (Lohnkosten, Allgemeine Geschäftskosten [nachfolgend auch: AGK], Baustellengemeinkosten [nachfolgend auch: BGK], Gewinn) eine Vergütung in Höhe von 119.323,68 EUR brutto (= 100.272 EUR netto) begehrt. In der von der Klägerin mit Schriftsatz vom 5. September 2016 zur Akte gereichten Zusammenstellung (vgl. Anlage K42, Anlagenband Klägerin II) werden insoweit folgende (Netto-)Beträge veranschlagt:
- Lohn: 63.415,46 EUR,
- Allgemeine Geschäftskosten (AGK): 7.357,44 EUR,
- Baustellen...