Leitsatz (amtlich)

"Ein Spruchverfahren findet im Hinblick auf eine Abfindung, die das zuständige Gericht nach §§ 39a und b WpÜG im Rahmen eines übernahmerechtlichen Squeeze-out-Verfahrens beschlossen hat, weder in direkter noch entsprechender Anwendung der Regelungen des Spruchverfahrensgesetzes statt (Anschluss an OLG Stuttgart, Beschl. vom 5.5.2009 - 20 W 13/08, NZG 2009, 950)".

 

Verfahrensgang

LG Hannover (Beschluss vom 22.01.2010; Aktenzeichen 22 AktE 41/08)

 

Tenor

Die Beschwerden der Antragsteller vom 18. bzw. 22.1.2010 gegen den am 8. bzw. 11.1.2010 zugestellten Beschluss der 2. Kammer für Handelssachen des LG Hannover vom 21.10.2009 werden zurückgewiesen.

Die Gerichtskosten des Beschwerdeverfahrens haben die Antragsteller zu je ½ zu tragen; ihre außergerichtlichen Auslagen tragen die Parteien jeweils selbst.

Streitwert für das Beschwerdeverfahren: 200.000 EUR.

 

Gründe

Die nach § 12 SpruchG zulässige Beschwerde (vgl. OLG Stuttgart, Beschl. vom 5.5.2009 - 20 W 13/08, NZG 2009, 950 - hier Anlage ASt 2, dort S. 23 - erweist sich als unbegründet, weil das LG die Anträge auf Einleitung eines Spruchverfahrens zu Recht als unzulässig verworfen hat. Ein Spruchverfahren findet im Hinblick auf eine Abfindung, die das zuständige Gericht nach §§ 39a und b WpÜG im Rahmen eines übernahmerechtlichen Squeeze-out-Verfahrens beschlossen hat, weder in direkter noch entsprechender Anwendung der Regelungen des Spruchverfahrensgesetzes statt. Auf die auch ggü. dem Beschwerdevorbringen zutreffenden Ausführungen der angefochtenen Entscheidung und die Erwägungen des OLG Stuttgart, auf die jene weitgehend Bezug nimmt, wird zur Vermeidung von Wiederholungen zunächst verwiesen.

Ergänzend und im Hinblick auf das Beschwerdevorbringen ist festzuhalten, dass es auf die von der Antragstellerin zu 1 in den Mittelpunkt ihrer Argumentation gerückte Frage, ob die gesetzliche Vermutung des § 39a Abs. 3 S. 3 WpÜG, wonach "die im Rahmen des Übernahme- oder Pflichtangebots gewährte Gegenleistung als angemessene Abfindung anzusehen ist, wenn der Bieter auf Grund des Angebots Aktien i.H.v. mindestens 90 Prozent des vom Angebot betroffenen Grundkapitals erworben hat", widerleglich oder unwiderleglich ist, hier nicht ankommt, weshalb es weder einer Vorlage des Verfahrens an den Europäischen Gerichtshof noch an das BVerfG nebst entsprechender Aussetzung bedarf.

Selbst wenn nämlich - was das OLG Stuttgart (a.a.O., S. 28 bis 59 des Beschlusses) eingehend geprüft und verneint hat - die Vermutung widerleglich wäre, käme jedenfalls die Überprüfung der Höhe der Abfindung im Rahmen eines Spruchverfahrens nicht in Betracht (OLG Stuttgart, a.a.O., dort III. 5., S. 62 bis 65 des Beschlusses). Auch wenn § 1 SpruchG keine abschließende Aufzählung des Anwendungsbereichs des SpruchG enthält und das Gesetz auch für solche Streitigkeiten gilt, die wegen der bewertungsabhängigen Höhe der Ansprüche mit den aufgezählten vergleichbar sind (Hüffer, AktG, 8. Aufl. 2008, Rz. 6 f. zu § 1 SpruchG m.w.N.), wäre eine Überprüfung der Höhe der Abfindung aus einem übernahmerechtlichen Squeeze-out in einem anschließendem gesonderten Spruchverfahren mangels Vergleichbarkeit weder geboten noch zulässig. Anders als bei den Auseinandersetzungen, die Gegenstand eines Spruchverfahrens sind, wird die Abfindung im Ausschließungsverfahren nach §§ 39a WpÜG nicht durch Beschluss der Hauptversammlung (nach Prüfung der Höhe - Angemessenheitsprüfung - durch vom Gericht bestellte Sachverständige) festgesetzt, sondern durch das nach § 39a Abs. 5 WpÜG ausschließlich zuständige LG Frankfurt (bzw., wie hier, das nach § 39b Abs. 3 S. 3 WpÜG übergeordnete Beschwerdegericht), und zwar im Wesentlichen auf der Grundlage bereits vorliegender, empirisch gewonnener Daten ("Markttest", vgl. dazu OLG Frankfurt, Beschl. v. 5.8.2008 - WpÜG 2/08 -, S. 13 ff.).

Eine Überprüfung der diesen Bestimmungen folgend vorgenommenen Festsetzung durch das für ein etwaiges Spruchverfahren zuständige LG des Sitzes des Rechtsträgers (§ 2 Abs. 1 SpruchG), hier also das LG Hannover, entspräche - was aber Voraussetzung für eine analoge Anwendung wäre - gerade nicht dem Regelungsgehalt des Spruchgesetzes, sondern würde vielmehr sowohl die im WpÜG vorgesehene ausschließliche Zuständigkeitsregelung aushebeln als auch den zivilrechtlichen Instanzenzug auf den Kopf stellen. Wenn und soweit es bei einem Squeeze-out nach den Vorschriften des WpÜG also auf Feststellungen zur Höhe des Abfindungsbetrags ankäme, könnten diese allein in dem entsprechenden Ausgangsverfahren nach §§ 39a f. WpÜG getroffen werden (so zutreffend OLG Stuttgart, a.a.O., S. 62 ff.).

Angesichts der erkennbar systemwidrigen und fernliegenden Folge der von den Antragstellern im vorliegenden Verfahren gestellten Anträge ist dieses auch nicht mit Blick auf die hinsichtlich der Entscheidungen der OLG Frankfurt (a.a.O., betreffend den in der vorliegenden Auseinandersetzung ergangenen Beschluss zum übernahmerechtlichen Squeeze-out) und Stuttgart (betreffend Anträge auf Durchführ...

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