Leitsatz (amtlich)
Ist Gegenstand eines Rechtsstreits als Nebenforderung die Zahlung einer Geschäftsgebühr nach Nr. 2300 VVRVG und schließen die Parteien sodann einen Vergleich, der sich nicht ausdrücklich zur Abgeltung der Geschäftsgebühr verhält und in dem sich der Beklagte "zur Erledigung der Klageforderung" zur Zahlung eines bestimmten Betrages verpflichtet, liegen die tatbestandlichen Voraussetzungen des § 15a Abs. 2 RVG nicht vor, so dass eine Anrechnung der Geschäftsgebühr auf die im gerichtlichen Verfahren angefallene Verfahrensgebühr nicht erfolgen kann.
Normenkette
RVG § 15a
Verfahrensgang
LG Lüneburg (Beschluss vom 12.02.2010; Aktenzeichen 2 O 400/08) |
Tenor
Auf die am 5.3.2010 beim LG Lüneburg eingegangene sofortige Beschwerde des Klägers vom 2.3.2010 wird der dem Kläger am 22.2.2010 zugestellte Kostsetzungsbeschluss I des Rechtspflegers der 2. Zivilkammer des LG Lüneburg vom 12.2.2010 in der Fassung des Kostenfestsetzungs und Nichtabhilfebeschlusses vom 30.8.2010 teilweise geändert:
Die aufgrund des vollstreckbaren Vergleichs des LG Lüneburg vom 12.2.2010 von dem Kläger an die Beklagte zu erstattenden Kosten werden auf 623,74 EUR nebst Zinsen i.H.v. fünf Prozentpunkten über dem Basiszinssatz nach § 247 BGB seit dem 13.11.2009 festgesetzt.
Im Übrigen wird die Beschwerde des Klägers zurückgewiesen.
Die außergerichtlichen Kosten des Beschwerdeverfahrens tragen der Kläger zu 43 % und die Beklagte zu 57 %. Die vom Kläger zu tragende Gerichtsgebühr wird auf die Hälfte ermäßigt.
Der Wert des Beschwerdeverfahrens wird auf 517,02 EUR festgesetzt (Beschwerde des Klägers 290,24 EUR, Beschwerde der Beklagten 226,78 EUR).
Die Rechtsbeschwerde wird zugelassen.
Gründe
I. Unter dem 16.1.2008 hat die durch ihre späteren Prozessbevollmächtigten vertretene P. GmbH & Co. KG einen Mahnbescheid gegen die Beklagte erwirkt, mit dem sie diese aus einer Schlussrechnung vom 31.12.2004 auf Zahlung von 20.289,85 EUR nebst Zinsen in Anspruch genommen hat. Hiergegen hat die Beklagte anwaltlich vertreten Widerspruch eingelegt. Mit Anspruchsbegründung vom 1.8.2008 hat die P. GmbH & Co. KG den Anspruch aus dem Mahnbescheid weiterverfolgt und die Beklagte darüber hinaus auf Zahlung vorgerichtlicher Anwaltskosten i.H.v. 859,80 EUR (1,3 Geschäftsgebühr nach Nr. 2300 = 839,80 EUR und 20 EUR Auslagenpauschale nach Nr. 7002 VVRVG) nebst Zinsen in Anspruch genommen. Eine Weiterleitung der Akte vom Mahn an das Streitgericht und eine Zustellung der Anspruchsbegründung unterblieb zunächst, weil die zweite Gerichtskostenhälfte nicht eingezahlt wurde. Mit Beschluss des AG Verden (Aller) vom 1.9.2009 wurde über das Vermögen der P. GmbH & Co. KG das Insolvenzverfahren eröffnet und der Kläger zum Insolvenzverwalter bestellt. Mit Schriftsatz vom 28.11.2008 nahm der Kläger das Verfahren auf, die Anspruchsbegründung wurde der Beklagten zugestellt.
Vor dem LG schlossen die Parteien im Mediationsverfahren einen Vergleich, der auszugsweise wie folgt lautet:
"1. Zur Erledigung der Klageforderung zahlt die Beklagte an den Kläger 8.000 EUR. die Streitverkündete ihrerseits zahlt an den Kläger einen weiteren Betrag von 300 EUR.
2. Mit dieser Vereinbarung sind sämtliche gegenseitigen Ansprüche der Parteien untereinander, einschließlich der Streitverkündeten, aus diesem Streitverhältnis endgültig erledigt.
3. Die Kosten des Rechtsstreits einschließlich der Kosten der Streitverkündeten tragen die Beklagte zu 41 %, der Kläger zu 59 %.
..."
Mit Schriftsatz vom 13.11.2009 hat die Beklagte Kosten zur Ausgleichung angemeldet, mit Schriftsatz vom 16.11.2010 die Klägerin. Dabei hat die Klägerin Kosten für die außergerichtliche Tätigkeit (wie im streitigen Verfahren) i.H.v. 859,80 EUR geltend gemacht, 666 EUR für das Mahnverfahren (1,0 Verfahrensgebühr nach Nr. 3305 VVRVG nebst Auslagenpauschale) und 1.753 EUR für das Hauptverfahren (insbesondere 1,3 Verfahrensgebühr nach Nr. 3100 VVRVG unter Anrechnung der 1,0Verfahrensgebühr aus dem Mahnverfahren). Mit Schriftsatz vom 15.12.2009 hat die Klägerin sodann auf den Hinweis der Streithelferin, dass bzgl. der Geschäftsgebühr eine Anrechnung auf die Verfahrensgebühr zu erfolgen habe, ihren Antrag bezüglich der außergerichtlichen Kosten geändert und nur noch vorgerichtliche Kosten i.H.v. 439,90 EUR zur Kostenausgleichung angemeldet. Auf den Hinweis der Beklagten im Schriftsatz vom 7.1.2010, dass außergerichtliche Kosten im Kostenfestsetzungsverfahren nicht ausgleichungsfähig seien, hat die Klägerin sodann mit Schriftsatz vom 4.2.2010 erklärt, vorgerichtliche Kosten nicht mehr geltend zu machen, der Kostenfestsetzungsantrag werde beschränkt auf die unter "Mahnverfahren" und "gerichtliches Verfahren" geltend gemachten Gebühren und Auslagen.
Mit Kostenfestsetzungsbeschluss I vom 12.2.2010, der nur die Kosten des Klägers und der Beklagten berücksichtigt, nicht aber die der Streithelferin, über die mit Kostenfestsetzungsbeschluss II gleichfalls vom 12.2.2010 entschieden worden ist, hat der Rechtspfleger die von dem Kläger an die Beklagte zu...