Entscheidungsstichwort (Thema)

Honorarvereinbarungen können wirksam auch per E-Mail geschlossen werden.

 

Leitsatz (amtlich)

1. Zur Auslegung von Willenserklärungen im Hinblick auf den Abschluss eines Architektenvertrags.

2. Die Mindestsatzfiktion gem. § 7 Abs. 5 HOAI verstößt gegen Art. 15 der Richtlinie 2006/123/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 12. Dezember 2006 über Dienstleistungen im Binnenmarkt ("Dienstleistungsrichtlinie") und ist wegen des Anwendungsvorbehaltes des Europarechts von den nationalstaatlichen Gerichten nicht mehr anzuwenden.

3. Eine Honorarvereinbarung ist nicht gem. § 7 Abs. 1 HOAI unwirksam, weil sie auf elektronischem Wege und damit nicht schriftlich geschlossen wurde.

4. Gemäß § 650g Abs. 4 S. 2 BGB ist die Schlussrechnung prüffähig, wenn sie eine übersichtliche Aufstellung der erbrachten Leistungen enthält und für den Besteller nachvollziehbar ist; gemäß § 650g Abs. 4 S. 3 BGB gilt die Rechnung als prüffähig, wenn der Besteller nicht innerhalb von 30 Tagen begründete Einwendungen gegen die Prüffähigkeit erhoben hat.

 

Normenkette

BGB §§ 133, 650g, 157; HOAI § 7

 

Verfahrensgang

LG Hannover (Aktenzeichen 14 O 204/18)

 

Tenor

Die Berufung des Beklagten gegen das am 28. August 2019 verkündete Urteil der Einzelrichterin der 14. Zivilkammer des Landgerichts Hannover - 14 O 204/18 - wird zurückgewiesen.

Die Kosten des Berufungsverfahrens hat der Beklagte zu tragen.

Das Urteil und das vorgenannte Urteil des Landgerichts Hannover sind ohne Sicherheitsleistung vorläufig vollstreckbar. Dem Beklagten bleibt nachgelassen, die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe von 110 % des aufgrund des Urteils vollstreckbaren Betrages abzuwenden, sofern nicht der Kläger vor der Vollstreckung Sicherheit in Höhe von 110 % des jeweils zu vollstreckenden Betrages leistet.

Die Revision wird zugelassen.

 

Gründe

I. Der Kläger begehrt in der Hauptsache Vergütung für Architektenleistungen zu einem Bauvorhaben des Beklagten in L.

Der Beklagte beauftragte den Kläger Ende 2017 / Anfang 2018 nach Erstellung eines Entwurfs mit der Fertigung des Bauantrags für das Bauvorhaben des Beklagten in L., den Neubau von zwei Zweifamilienhäusern. Ein schriftlicher Vertrag existiert nicht. Im Streit steht die Vergütungsabrede.

Der Kläger erbrachte Leistungen. Am 16. Februar 2018 stellte er dem Beklagten nach Bauantragstellung eine Abschlagsrechnung (Anlage K 2). Am 04. April 2018 erteilte er eine Schlussrechnung über einen Betrag - bezeichnet als "Pauschal Honorar" - von 20.000,- Euro zzgl. Mehrwertsteuer (Anlage K 3). Am 25. April 2018 erteilte die Stadt L. die Baugenehmigung.

Zahlungen erbrachte der Beklagte auch auf mehrere Mahnungen hin nicht.

Der Kläger hat unter Verweis auf eine E-Mail an den Beklagten vom 25. Januar 2018 und dessen Antwort vom selben Tag behauptet, eine Vergütung von 20.190,41 EUR (netto) sei vereinbart worden. In den - ihrem Wortlaut nach unstreitigen - E-Mails, vorgelegt als Anlage K 12, heißt es (auszugsweise):

"Hallo Herr H.,

(...)

Die Architektenkosten für den Bauantrag betragen off. nach HOAI 28.843,44 Euro netto. Ich würde Ihnen einen Nachlass von 30 % anbieten.

Für Rückfragen stehe ich gern zur Verfügung.

(...)"

sowie

"Hallo Herr E.,

gutes Angebot, bitte schnell fertig machen.

(...)"

Der Kläger meint, er unterliege nicht der HOAI, weil er Planungsleistungen erbringe, ohne Architekt oder Ingenieur zu sein. Für die Erstellung der Genehmigungsplanungen etc. bediene er sich seines Vaters, des angestellten Architekten Dipl. Ing. H. E. als Entwurfsverfasser. Einzig ausschlaggebend sei daher die getroffene Pauschalvereinbarung. Jedenfalls seien alle wesentlichen Leistungen gemäß § 34 Abs. 3 HOAI, d.h. die Leistungsphasen 1 bis 4 erbracht worden.

Der Beklagte ist seiner Inanspruchnahme entgegengetreten und hat dazu insbesondere geltend gemacht, entgegen dem Klägervorbringen sei im November 2017 mündlich ein Pauschalhonorar von 7.000,00 EUR (brutto) vereinbart worden. Um ein schriftliches Angebot habe er mehrfach erfolglos gebeten. Die Schlussrechnung des Klägers sei mangels Abrechnung nach Maßgabe der HOAI fehlerhaft und nicht nachvollziehbar und im Ergebnis nicht prüffähig und damit auch nicht fällig. Ihm, dem Beklagten, lägen auch keinerlei Unterlagen dazu vor, dass der Kläger alle wesentlichen Grundleistungen der Leistungsphasen der HOAI erbracht habe. Aus der E-Mail vom 25. Januar 2018 erschließe sich nicht, welche anrechenbaren Baukosten und welche Leistungsphasen mit wieviel Prozent-Anteil angesetzt worden seien. Mangels Vorlage von Nachweisen zur Statik sei die Schlussrechnung bereits aus diesem Grunde zu kürzen. Es sei unklar und der Vortrag des Klägers unklar, mit welchem Umfang der Kläger den Auftrag bekommen haben will. Grundleistungen der Leistungsphasen zwei und drei seien nicht nachvollziehbar belegt.

Das Landgericht hat am 12. Februar 2019 ein klagestattgebendes Versäumnisurteil im schriftlichen Verfahren gemäß § 331 Abs. 3 ZPO erlassen. Gegen das Versäumnisurteil hat der Beklagte Einspruch eingelegt.

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