Leitsatz (amtlich)

Zur Frage, ob zwischen Unternehmen, die den Altgoldankauf zum Geschäftsgegenstand haben und ihren Sitz einerseits in Baden-Württemberg (Klägerin) und andererseits in Niedersachsen (Beklagter) haben, ein konkretes Wettbewerbsverhältnis besteht, wenn die Klägerin in ihrem Internetauftritt damit wirbt, dass sie Altgold auch auf dem Postweg ankauft.

 

Normenkette

UWG § 8 Abs. 3 Nr. 1, § 2 Abs. 1 Nr. 3

 

Verfahrensgang

LG Lüneburg (Urteil vom 01.12.2011; Aktenzeichen 7 O 63/11)

 

Tenor

Auf die Berufung des Beklagten wird das Urteil der 7. Zivilkammer (1. Kammer für Handelssachen) des LG Lüneburg vom 1.12.2011 abgeändert.

Die Klage wird abgewiesen.

Die Klägerin trägt die Kosten des Rechtsstreits.

Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.

Die Revision wird nicht zugelassen.

Der Streitwert für das Berufungsverfahren wird auf 10.000 EUR festgesetzt.

 

Gründe

I. Die Klägerin, die ihren Sitz in P. (Baden -Württemberg) hat, kauft Altedelmetalle an. Sie nimmt den in B. (Niedersachsen) ansässigen Beklagten auf Unterlassung in Anspruch mit der Behauptung, dieser habe einem Dritten den Ankauf von Altedelmetallen in seinen Räumlichkeiten gestattet.

Wegen der näheren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes erster Instanz und der darin gestellten Anträge wird auf den Tatbestand des angefochtenen Urteils Bezug genommen.

Das LG hat der Klage stattgegeben. Zur Begründung hat es im Wesentlichen ausgeführt, dass der Beklagte eine nach § 3 Abs. 1 UWG unzulässige geschäftliche Handlung vorgenommen habe, indem er der S. GmbH gestattet habe, ohne behördliche Erlaubnis in seinen Räumlichkeiten Gold und andere Altedelmetalle anzukaufen. Damit habe er gegen die Bestimmungen der §§ 55 Abs. 2, 56 Abs. 1 Nr. 2 lit. a) GewO verstoßen.

Mit der Berufung verfolgt der Beklagte seinen erstinstanzlichen Klageabweisungsantrag weiter. Der Beklagte wiederholt und vertieft insoweit sein Vorbringen aus dem ersten Rechtszug.

Der Beklagte beantragt, das Urteil des LG Lüneburg vom 1.12.2011 aufzuheben und die Klage abzuweisen.

Die Klägerin beantragt, die Berufung zurückzuweisen mit der Maßgabe, das dem Urteilsausspruch unter 1. der Halbsatz hinzugefügt werden soll "wenn dies geschieht wie in der Anlage K 2".

Die Klägerin verteidigt das angefochtene Urteil unter Bezugnahme auf ihr Vorbringen aus dem ersten Rechtszug. Ergänzend führt sie aus, dass zwischen ihr und dem Beklagten ein konkretes Wettbewerbsverhältnis bestehe. Wegen des diesbezüglichen näheren Vorbringens wird Bezug genommen auf den Schriftsatz der Klägerin vom 2.4.2012 nebst Anlagen.

Auf die (weiteren) gewechselten Schriftsätze nebst Anlagen wird ergänzend verwiesen.

II. Die zulässige Berufung des Beklagten hat Erfolg. Der Klägerin steht gegen den Beklagten kein Unterlassungsanspruch nach § 8 Abs. 1 Satz 1, Abs. 3 Nr. 1, § 3 Abs. 1, § 4 Nr. 11 UWG i.V.m. §§ 55 Abs. 2, 56 Abs. 1 Nr. 2 GewO zu. Der Klägerin fehlt es bereits an der Klagebefugnis i.S.v. §§ 8 Abs. 3 Nr. 1, 2 Abs. 1 Nr. 3 UWG.

Die für die Annahme der Klagebefugnis i.S.v. § 8 Abs. 3 Nr. 1 UWG erforderliche Stellung als Mitbewerber i.S.v. § 2 Abs. 1 Nr. 3 UWG liegt vor, wenn die Parteien versuchen, Waren oder Dienstleistungen innerhalb derselben Verkehrskreise abzusetzen mit der Folge, dass das konkret beanstandete Wettbewerbsverhalten den andern beeinträchtigen kann. Dies setzt voraus, dass sich die beteiligten Unternehmen auf demselben sachlich, räumlich und zeitlich relevanten Markt betätigen (st. Rspr., vgl. z.B. BGH, Urt. v. 29.3.2007 - I ZR 122/04, juris Rz. 18). Der räumlich maßgebliche Markt wird im Wesentlichen durch die Reichweite der Geschäftstätigkeit des werbenden Unternehmens bestimmt. Er kann örtlich oder regional begrenzt sein. Die Marktstellung des werbenden Unternehmens, die Attraktivität seines Angebots und die Reichweite seiner Werbung können für die Bestimmung der Grenzen des Marktes maßgeblich sein (vgl. BGH, Urt. v. 19.6.1997 - I ZR 72/95, juris Rz. 14; im Überblick: Köhler in Köhler/Bornkamm, UWG, 30. Aufl., § 2 Rz. 106 C ff.).

Dass diese Voraussetzungen vorliegend gegeben sind, hat die Klägerin - auch unter Berücksichtigung des Grundsatzes, dass im Interesse eines wirksamen wettbewerbsrechtlichen Individualschutzes an das Bestehen eines Wettbewerbsverhältnisses keine hohen Anforderungen zu stellen sind (vgl. BGH, Urteil vom 13.7.2006 - I ZR 241/03, juris Rz. 16; Köhler, a.a.O., § 2 Rz. 95) - trotz entsprechenden Hinweises des Senats in dem Beschluss vom 8.3.2012 nicht hinreichend dargelegt bzw. unter Beweis gestellt.

1. Soweit sich die Klägerin darauf beruft, dass sie einen Internetauftritt unterhält, auf dem damit geworben wird, dass sie Gold auch auf dem Postweg ankauft, hat die Klägerin keine hinreichenden Tatsachen dargelegt geschweige denn unter Beweis gestellt, aus denen sich herleiten ließe, dass sich die Klägerin in Bezug auf dieses Marktverhalten auf demselben Markt betätigt wie der Beklagte. Das diesbezügliche Vorbringen der Klägerin ist - soweit es überhaupt erheblich ist - auch nicht unstreitig. Allerdings ...

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