Darlegungslast von Anwälten bei sehr positiven Internetbewertungen
In einer aktuellen Entscheidung hatte sich das OLG Düsseldorf mit extrem positiven Bewertungen einer Rechtsanwaltskanzlei auf Facebook auseinanderzusetzen. Die Anwaltskanzlei hatte die Bewertungen teilweise kommentiert, mit einem „Like“ versehen und auf ihrer Facebook-Seite mit den Bewertungen für die Kanzlei geworben.
Zweifel an Echtheit der Mandantenkontakte
Ein Mitbewerber schöpfte Verdacht und fand bei seinen Recherchen einige Auffälligkeiten, die seine Zweifel an der Echtheit der den Bewertungen zugrunde liegenden Mandantenkontakten nährten. Er mahnte den Kollegen ab, der daraufhin die Bewertungen löschen ließ, aber nicht die geforderte strafbewehrte Unterlassungserklärung abgab.
Rechtsanwälte in der gleichen Stadt sind Wettbewerber
Das erstinstanzlich zuständige LG gab dem klagenden Anwalt im Ergebnis recht. Keine Zweifel hatte das LG, die Parteien als Wettbewerber anzusehen. Für ein Wettbewerbsverhältnis sei es – entgegen der Auffassung des Beklagten – nicht erforderlich, dass die Parteien mit ihren Kanzleien eine gleiche oder ähnliche Klientel ansprechen. Ausreichend sei, dass ein nicht unbeträchtlicher Teil der Endabnehmer in räumlicher, sachlicher und zeitlicher Hinsicht austauschbar ist. Da es sich bei beiden Parteien um in Düsseldorf tätige Rechtsanwälte handele, sei ein Wettbewerbsverhältnis unzweifelhaft gegeben.
Klage schon erstinstanzlich im Ergebnis erfolgreich
Das Gericht legte seinem Urteil allerdings – abweichend von der Klagebegründung – lediglich einen Verstoß gegen Nr. 23b des Anhangs zu § 3 Abs. 3 UWG zugrunde. Nach dieser Vorschrift ist die Irreführung über die Echtheit von Verbraucherbewertungen wettbewerbsrechtlich unzulässig, wenn der Bewertete die Bewertungen nicht auf angemessene Weise auf ihre Echtheit geprüft hat. Laut LG hatte der Beklagte demnach schon dadurch unlauter gehandelt, indem er die Kommentarfunktion bei Facebook freigeschaltet und die Bewertungen für seine Kanzlei werbemäßig genutzt hatte, ohne ausdrücklich darauf hinzuweisen, dass er die Bewertungen zuvor nicht auf ihre Echtheit überprüft hatte.
Kläger begehrte positive Feststellung der Fälschung
Damit hatte das LG nicht die Behauptung des Klägers überprüft, dass es sich bei den Bewertungen tatsächlich um gefälschte Verbraucherbewertungen handelte, die der Beklagte zur Förderung des Kanzleiumsatzes genutzt hat. Nach Nr. 23c des Anhangs zu § 3 Abs. 3 UWG sind stets unlauter
- „die Übermittlung oder Beauftragung gefälschter Bewertungen oder Empfehlungen von Verbrauchern sowie
- die falsche Darstellung von Bewertungen oder Empfehlungen von Verbrauchern in sozialen Medien
- zu Zwecken der Verkaufsförderung“.
OLG geht von gefälschten Bewertungen aus
In dem vom Beklagten eingeleiteten Berufungsverfahren und auf die vom Kläger eingelegte Anschlussberufung kam das OLG zu dem Ergebnis, dass der Beklagte gefälschte Bewertungen zu Werbezwecken für seine Kanzlei genutzt hatte. Das OLG hielt es für erwiesen, dass es sich um Fake-Bewertungen handelte. Die Anschlussberufung sei deshalb begründet, denn die Feststellung erwiesener Fake-Bewertungen nach Nr. 23c des Anhangs zu § 3 Abs. 3 UWG sei ein weitergehender Streitgegenstand als die vom LG lediglich festgestellte Unterlassung eines Hinweises auf eine nicht durchgeführte Echtheitsprüfung gemäß Nr. 23b des Anhangs zu § 3 Abs. 3 UWG.
Sekundäre Darlegungslast des Rechtsanwalts
Der Beklagte hätte nach Auffassung des OLG darlegen und beweisen müssen, dass die Bewertungen auf realen Mandatsverhältnissen beruhten. Sein Hinweis, die Bewerter hätten möglicherweise Pseudonyme benutzt, verfing beim OLG nicht. Ebenso wenig verfing der Hinweis des Beklagten auf das Mandantengeheimnis. Der Beklagte habe mit Likes und Kommentaren auf die Bewertungen reagiert und sich diese damit zu eigen gemacht. In dieser Situation treffe den Bewerteten eine sekundäre Darlegungslast dahin gehend, dass den Bewertungen reale Mandantenkontakte zugrunde lagen. Diese hätte er offenlegen müssen, um den Fälschungsverdacht zu entkräften. Dieser Obliegenheit sei er nicht nachgekommen.
Unterlassungsanspruch gegeben
Vor diesem Hintergrund sah das OLG einen Unterlassungsanspruch sowie im Hinblick auf die nicht ausgeräumte Wiederholungsgefahr einen Anspruch auf eine strafbewehrte Unterlassungserklärung des Klägers aus §§ 8 Abs. 3 Nr. 1, § 3 Abs. 1 u. 3 in Verbindung mit Nr. 23c des Anhangs zu § 3 Abs. 3 UWG als gegeben an.
(OLG Düsseldorf, Urteil v. 11.1.2024, I-20 U 91/23)
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