Leitsatz (amtlich)

Verlangt der Besteller allein einen Kostenvorschuss zur Selbstvornahme nach § 637 BGB, wird damit ein Abrechnungsverhältnis begründet, so dass es auf die Abnahme der Werkleistung nicht mehr ankommt.

 

Verfahrensgang

LG Hannover (Urteil vom 28.07.2015; Aktenzeichen 9 O 184/13)

 

Tenor

Auf die Berufung des Klägers wird das am 28.7.2015 verkündete Urteil des LG Hannover - Einzelrichterin der 9. Zivilkammer - einschließlich des zugrundeliegenden Verfahrens aufgehoben und der Rechtsstreit zur erneuten Verhandlung und Entscheidung - auch über die Kosten des Berufungsverfahrens - an das LG zurückverwiesen.

Die Revision wird nicht zugelassen.

Wert der Berufung: 55.000 EUR.

 

Gründe

I. Der Beklagte führte für den Kläger Arbeiten für ein Wärmedämmverbundsystem (WDVS) an dessen Hotel in Hannover durch. Bereits während der Arbeiten kam es zu Auseinandersetzungen hinsichtlich der Qualität der Arbeiten des Beklagten, woraufhin der Kläger ein Gutachten des SV Hessing einholte, der die bisher ausgeführten Arbeiten in Teilen als mangelhaft bezeichnete. Die Arbeiten des Beklagten wurden etwa im Oktober 2012 abgebrochen.

Gestützt auf dieses Gutachten begehrt der Kläger nunmehr nach Fristsetzung einen Kostenvorschuss für die Mangelbeseitigung in Höhe von 50.000 EUR nebst Feststellung weiterer Ersatzpflicht.

Die vom Beklagten mit Rechnung vom 05.10.2012 abgerechneten Arbeiten sind unstrittig bis auf einen Betrag von 12.099,15 EUR gezahlt.

Das LG hat nach Zeugenvernehmung die Klage abgewiesen. Es hat dahinstehen lassen, ob nach der Beweisaufnahme eine sukzessive Abnahme erfolgt sei. Jedenfalls könne der Kläger keinen Anspruch auf Vorschuss geltend machen, der über den bisher auf den restlichen Werklohn von 12.099,15 EUR hinausgehe. In dieser Höhe gehe das vom Kläger ausgeübte Zurückbehaltungsrecht einem Vorschussanspruch vor. Dass zur Beseitigung von Mängeln am WDVS ein kompletter Abriss und eine Neuherstellung erforderlich sei, sei nicht bewiesen. Der Zeuge T. habe bestätigt, dass an der Nordseite die vom Gutachter bemängelten Flächen teilweise abgebaut und neu hergestellt worden seien. In welcher Höhe die übrigen behaupteten Mängel einen weiteren Vorschuss rechtfertigen könnten, sei dem Vorbringen des Klägers nicht zu entnehmen.

Gegen dieses Urteil, auf das wegen der weiteren Einzelheiten gemäß § 540 ZPO verwiesen wird, richtet sich die Berufung des Klägers, mit der er die erstinstanzlichen Ansprüche weiterverfolgt.

Er vertritt die Auffassung, dass es aufgrund der Aussage des Zeugen T. an einer Abnahme im Sinne des § 640 BGB fehle. Das LG habe verfahrensfehlerhaft nicht aufgeklärt, ob die Leistungen des Beklagten mangelfrei waren. Ebenso sei nicht aufgeklärt, ob für die Mangelbeseitigung ein Betrag von mehr als 12.099,15 EUR erforderlich sei. Der Kläger habe einen Beseitigungsaufwand von 50.000 EUR unter Sachverständigenbeweis gestellt. Es sei dem Urteil nicht zu entnehmen, warum dies nicht aufzuklären sei. Ebenso fehle es an dem Nachweis der allgemeinen bauaufsichtlichen Zulassung für das WDVS. Schließlich sei nicht geklärt, weshalb dem Beklagten noch ein Betrag von 12.099,16 EUR zustehen solle.

Der Kläger beantragt,

1. unter Abänderung des angefochtenen Urteils den Beklagten zu verurteilen, an den Kläger 50.000 EUR nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit Rechtshängigkeit sowie vorgerichtliche Rechtsanwaltskosten von 992 EUR nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit 05.12.2012 zu zahlen;

2. festzustellen, dass der Beklagte verpflichtet ist, dem Kläger sämtliche über 50.000 EUR hinausgehende Aufwendungen und Schäden zu ersetzen, die durch die Sanierung des Wärmedämm-Verbundsystems am Gebäude Charlottenstraße 53 in 30449 Hannover entstehen;

3. festzustellen, dass der Beklagte verpflichtet ist, auf die von dem Kläger verauslagten Gerichtskosten Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem Zeitpunkt ihrer Einzahlung durch den Kläger bis zum Tag des Eingangs des Kostenfestsetzungsantrags bei Gericht nach Maßgabe der ausgeurteilten Kostenentscheidung zu zahlen; sowie hilfsweise, die Sache unter Aufhebung des Urteils und des Verfahrens an das LG Hannover zurückzuverweisen.

Der Beklagte beantragt, die Berufung zurückzuweisen.

Er verteidigt das angefochtene Urteil als richtig.

II. Die Berufung des Klägers hat insoweit vorläufigen Erfolg, als das Urteil aufzuheben und die Sache an das LG zurückzuverweisen ist.

1. Zwar ist eine Abnahme der Leistungen des Beklagten nach § 640 BGB nicht feststellbar. Die Vernehmung des Zeugen T. hat nicht zur Überzeugung des Gerichts ergeben, dass durch die von ihm geschilderte sukzessive Abnahme von Teilleistungen eine Abnahme im Sinne des § 640 BGB anzunehmen wäre. Der Zeuge hat im Übrigen auch bekundet, dass "etwas Schriftliches zur Abnahme zu diesem Zeitpunkt" nicht erfolgt sei. Das sollte dann geschehen, wenn der komplette Bau fertig war. Auch danach fehlt es offensichtlich an einer Abnahme.

Dessen ungeachtet steht dies aber...

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