Entscheidungsstichwort (Thema)
Haftung des Mitglieds einer Scheinsozietät von Rechtsanwälten
Normenkette
BGB §§ 31, 675; HGB § 128
Verfahrensgang
LG Lüneburg (Urteil vom 08.12.2005; Aktenzeichen 5 O 353/04) |
Tenor
Die Berufung des Klägers gegen das am 8.12.2005 verkündete Teil- und Schlussurteil der Einzelrichterin der 5. Zivilkammer des LG Lüneburg wird zurückgewiesen.
Die Kosten des Berufungsverfahrens trägt der Kläger.
Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.
Die Revision wird nicht zugelassen.
Gründe
I. Der Kläger macht vertragliche und gesetzliche Schadensersatzansprüche wegen der Verletzung von Pflichten aus Darlehensverträgen und einem Treuhandvertrag geltend. Mit seiner Klage hat er insgesamt vier Beklagte als Gesamtschuldner auf Zahlung i.H.v. 19.000 EUR in Anspruch genommen. Das Berufungsverfahren richtet sich nur noch gegen die Beklagte zu 3).
Der Kläger beabsichtigte, einen Kredit von fast 5 Mio. EUR aufzunehmen. Das Unternehmen "E. GbR", dessen Gesellschafter D.D. und O.B. waren, stellte ihm die Vermittlung des gewünschten Kredits in Aussicht. Die Finanzierung sollte entsprechend dem als Anlage 1 vorgelegten Ablaufplan erfolgen. Hiernach sollte zunächst ein Darlehensvertrag zwischen der GbR und dem Kunden geschlossen werden, wobei der Kunde Darlehensgeber in Höhe des Eigenkapitals sein sollte und dieses Eigenkapital auf ein "Treuhandkonto der Rechtsanwälte J. und Kollegen, bei Rechtsanwältin A.H. (s. Anlage Treuhandvertrag)" eingezahlt werden sollte. Nachfolgend sollte dann der eigentliche Darlehensvertrag mit einer - nicht näher bezeichneten - österreichischen Bank geschlossen werden. Eine Auszahlung aus dem Treuhandkonto an die GbR sollte erst erfolgen, wenn der Kunde den Darlehensbetrag erhalten hatte.
Am 20.12.2003 überwies der Kläger 166.000 EUR auf ein Konto der Rechtsanwältin H. Am 27.1.2004 schloss er mit der GbR einen Darlehensvertrag über einen Gesamtbetrag (Eigenkapitalnachweis) von 210.000 EUR (Anlage 5). Mit Schreiben vom 23.2.2004 (Anlage 7) bestätigte die Rechtsanwältin H. "den Eingang des von Ihnen angewiesenen Eigenkapitalanteils" und übersandte einen Treuhandauftrag, den der Kläger annahm (Anlage 8). Am 2.4.2004 schloss der Kläger den eigentlichen Darlehensvertrag über 4.772.728 EUR mit der GbR (Anlage 6). Am 14.4.2004 übergab er der Rechtsanwältin H. im Beisein von O.B. und D.D. in bar weitere 44.000 EUR und erhielt gleichzeitig einen Verrechnungsscheck über 3.579.546 EUR, der jedoch nicht eingelöst werden konnte. Nachfolgend wurde der Kläger, der sich sowohl telefonisch als auch per Fax mehrfach zwecks Aufklärung des Sachverhalts an die Rechtsanwältin H. wandte, sowohl von B. und D. als auch von der Rechtsanwältin selbst immer wieder hingehalten. Weder eine Auszahlung des Darlehensbetrages noch eine Rückzahlung des vom Kläger geleisteten Eigenkapitals erfolgten.
Die Staatsanwaltschaft Stade leitete schließlich ein Ermittlungsverfahren u.a. gegen O.B., D.D. und Rechtsanwältin H. ein, was in dem folgenden Strafverfahren zu erheblichen Freiheitsstrafen für alle drei führte.
Rechtsanwältin H. war von September 2003 bis April 2004 als Angestellte in der Kanzlei der Beklagten zu 3) tätig. Sowohl im Internetauftritt der Kanzlei als auch auf dem offiziellen Briefbogen der Kanzlei war sie ohne weitere Einschränkungen als Rechtsanwältin aufgeführt.
Mit seiner gegen O.B., Rechtsanwältin H., die Beklagte zu 3) und die E. GbR gerichteten Klage hat der Kläger zunächst den von ihm geleisteten Eigenkapitalbetrag i.H.v. insgesamt 210.000 EUR als Schadensersatz geltend gemacht, seine Forderung jedoch später aus Kostengründen auf einen Betrag von 19.000 EUR beschränkt. Im Hinblick auf eine Haftung der Beklagten zu 3) hat er die Auffassung vertreten, dass diese sich aus Rechtsscheinsgesichtspunkten ergebe, weil der Treuhandauftrag nicht nur mit der Rechtsanwältin H., sondern mit der Scheinsozietät zustande gekommen sei.
Die Beklagte hat die Auffassung vertreten, es sei kein Vertrag mit der (Schein)-Sozietät zustande gekommen, sondern lediglich ein Einzelmandat ggü. der ohne ihr Wissen handelnden Beklagten zu 2) erteilt worden. Dies folge aus dem Umstand, dass der Treuhandvertrag eine reine Vermögensverwaltung und keine anwaltstypischen Aufgaben vorsehe.
Die Haftpflichtversicherung der Beklagten zu 3), der der Streit verkündet worden ist, ist dem Rechtsstreit in erster Instanz auf Seiten der Beklagten zu 3) beigetreten.
Hinsichtlich der erstinstanzlichen Anträge und der weiteren tatsächlichen Feststellungen wird Bezug genommen auf den Tatbestand des angefochtenen Urteils (Bl. 215 R-217 d.A.).
Das LG hat der Klage gegen die Beklagte zu 2) (Rechtsanwältin H.) und die Beklagte zu 4) (E. GbR) jeweils durch Teilversäumnisurteil stattgegeben (Bl. 91 und 204 d.A.). Durch Teil- und Schlussurteil vom 8.12.2005 wurde der Beklagte zu 1) (O.B.) ebenfalls in voller Höhe verurteilt, wohingegen die Klage gegen die Beklagte zu 3) abgewiesen wurde. Zur Begründung hat das LG ausgeführt, dass zwar eine Scheinsozietät zwischen der...