Leitsatz (amtlich)
Die Bank hat zu beweisen, dass sie ein Sparguthaben an den Gläubiger ausgezahlt hat. Bankinterne Unterlagen sowie der bloße Zeitablauf seit Ausgabe des Sparbuchs oder seit der letzten Eintragung darin rechtfertigen für sich genommen keine Beweislastumkehr zugunsten der Bank.
Normenkette
BGB § 309 Nr. 12a, § 808; HGB § 257; ZPO §§ 286, 416
Verfahrensgang
LG Stade (Urteil vom 16.01.2008; Aktenzeichen 5 O 448/05) |
Tenor
Auf die Berufung des Klägers wird das am 16.1.2008 verkündete Urteil der Einzelrichterin der 5. Zivilkammer des LG Stade wie folgt geändert:
1. Die Beklagte wird verurteilt, an den Kläger 8.180,67 EUR zu zahlen.
2. Die Beklagte hat die Kosten des Rechtsstreits zu tragen.
3. Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.
4. Die Revision wird nicht zugelassen.
Gründe
I. Der Kläger verlangt die Auszahlung eines Sparbuchguthabens.
Am 28.5.1971 eröffnete der Kläger bei der Rechtsvorgängerin der Beklagten, der Y. Bank, ein Sparbuch mit der Sparkonto-Nummer xxx und zahlte einen Betrag von 16.000 DM (8.180,67 EUR) darauf ein.
Das Sparbuch, für das jedenfalls anfangs eine 48-monatige Kündigungsfrist vereinbart war, diente ursprünglich als Sicherheit für ein Bauspardarlehen. Obgleich dieses bereits 1982 erledigt war, übersandte die Sicherungsnehmerin das zufällig bei ihr wieder aufgefundene Sparbuch erst am 6.5.2005 an den Kläger (vgl. Schreiben der Bausparkasse an den Kläger vom 6.5.2005, Anlage K 4, gesondert geheftet, sowie Schreiben der Bausparkasse an die Beklagte vom 12.1.2007, Bl. 111 d.A.).
Die Beklagte verweigerte ggü. dem Kläger, der das Sparbuch bei der Beklagten am 9.5.2005 vorlegte, eine Auszahlung des Guthabens, da das Konto nicht mehr existiere. Es sei bereits am 29.9.1982 vom Kläger persönlich aufgelöst worden; ein Restbetrag i.H.v. 2.565,19 DM sei ihm ausgezahlt worden. Für die Jahre seit 1971 lägen Unterlagen nicht vor; für die Zeit ab 1978 hat die Beklagte Kontoverdichtungen vorgelegt (Bl. 20 ff.). Hilfsweise hat die Beklagte sich auf die Nichteinhaltung der vierjährigen Kündigungsfrist berufen.
Die Beklagte kündigte die Geschäftsbeziehung zum Kläger "aufgrund des zerrütteten Vertrauensverhältnisses" im Sommer 2006 (Bl. 90).
Das LG hat Beweis erhoben durch zeugenschaftliche Vernehmung der Bankkauffrau R. (Bl. 147) sowie der Ehefrau des Klägers (Bl. 203).
Das LG hat sodann die Klage abgewiesen.
Dem Kläger als Sparbuchinhaber sei es nicht gelungen nachzuweisen, dass eine Auszahlung des Sparguthabens bislang nicht erfolgt sei. Die Umkehr von der grundsätzlichen Beweislastregelung ergebe sich daraus, dass aufgrund der großen Zeitspanne das Erbringen eines Nachweises über eine Auszahlungsleistung einer Bank praktisch unmöglich sei. Dem Kläger sei der Nachweis der Nichtauszahlung nicht gelungen. Die Beklagte habe die Beweiskraft des Sparbuchs durch Unterlagen und Zeugenaussagen erschüttert und belegt, dass 1982 das Sparkonto aufgelöst und der Restbetrag an den Kläger ausgezahlt worden sei. Ob dem Kläger ein Ersatzsparbuch ausgestellt worden sei, lasse sich nicht endgültig klären, sei letztlich aber auch nicht entscheidungserheblich. Ebenso wenig komme es noch auf die Frage der Rechtzeitigkeit der Kündigung an.
Dagegen richtet sich die Berufung des Klägers unter Aufrechterhaltung seines erstinstanzlichen Zahlungsantrages.
Zu Unrecht sei das LG von einer Beweislastumkehr ausgegangen. Aus der Zeitspanne ergebe sich nach der Rechtsprechung gerade nichts. Die Beklagte müsse die Erfüllung beweisen. Die Beweiskraft des Sparbuchs und die damit einher gehende Vermutung der Vollständigkeit und Richtigkeit sei von der Beklagten nicht erschüttert worden. Die Aufstellung zur Kontenentwicklung habe keinen Beweiswert. Da die Verpfändung des Sparbuchs der Beklagten angezeigt worden sei, hätte diese auch nie ein Ersatzsparbuch ausgestellt.
Der Kläger beantragt, unter Abänderung des angefochtenen Urteils des LG Stade (Az. 5 O 448/05) die Beklagte zu verurteilen, an den Kläger 8.180,67 EUR zu zahlen.
Die Beklagte beantragt, die Berufung zurückzuweisen.
Sie verteidigt das angefochtene Urteil unter Wiederholung und Vertiefung ihres erstinstanzlichen Vortrags. Insbesondere verweist sie darauf, dass, wie bereits erst-instanzlich vorgetragen, die Verpfändung der Beklagten nicht angezeigt worden sei. Die Beweiswürdigung trage das Urteil auch, wenn man die Beweislast bei der Beklagten sehe.
Wegen der Einzelheiten wird auf die gewechselten Schriftsätze der Parteien samt Anlagen, die Protokolle der mündlichen Verhandlungen vor dem LG sowie das Protokoll der mündlichen Verhandlung vor dem Senat vom 11.6.2008 verwiesen.
II. Die zulässige Berufung des Klägers ist begründet; ihm steht der geltend gemachte Anspruch auf Auszahlung des Sparguthabens zu.
Dass dem Kläger jedenfalls ursprünglich eine Forderung gegen die Beklagte (bzw. anfangs deren Rechtsvorgängerin) zustand, ist zwischen den Parteien nicht im Streit. Dabei hat das LG nicht verkannt, dass jedenfalls grundsätzlich die Beklagte darzulegen und zu beweisen hatte, dass sie ihr...