Leitsatz (amtlich)
1. Hat sich der Käufer für eine Nachbesserung und nicht für Ersatzlieferung entschieden, ist er an diese Wahl gebunden; er muss abwarten, ob die Nacherfüllung innerhalb angemessener Frist Erfolg hat oder nicht. Dies gilt jedenfalls dann, wenn der Verkäufer bereits mit der Nacherfüllung begonnen hat, und auch dann, wenn dabei in einem Werkstattaufenthalt nacheinander Arbeiten an der Kupplung, am Getriebe (Austausch) und am Motor vorgenommen werden.
2. Bei der Nachbesserung verwendete Original-VW-Austauschteile sind als neuwertige Teile einzustufen. Erweisen sich diese neuwertigen Original-VW-Austauschteile im Vergleich zu eigentlichen VW-Neuteilen als technisch völlig gleichwertig, hat die Verwendung dieser Teile keine technische Wertminderung des Fahrzeugs zur Folge, so dass bei dem fachgerechten Einbau dieser Teile Mangelfreiheit eintritt.
Normenkette
BGB § 439 Abs. 1, § 434
Verfahrensgang
LG Lüneburg (Urteil vom 31.05.2012; Aktenzeichen 1 O 93/10) |
Tenor
Die Berufung des Klägers gegen das Urteil des Einzelrichters der 1. Zivilkammer des LG Lüneburg vom 31.5.2012 wird zurückgewiesen
Die Kosten des Berufungsverfahrens trägt der Kläger.
Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.
Die Revision wird nicht zugelassen.
Beschwer für den Kläger: unter 20.000 EUR.
Gründe
I. Von der Bezugnahme auf die tatsächlichen Feststellungen in dem angefochtenen Urteil und die Darstellung etwaiger Änderungen und Ergänzungen wird gem. §§ 540 Abs. 2, 313a Abs. 1 Satz 1 ZPO i.V.m. § 26 Nr. 8 EGZPO abgesehen.
II. Die Berufung des Klägers ist unbegründet.
1. Der Kläger kann den Beklagten nicht gem. § 346 BGB auf Rückabwicklung des Kaufvertrages über den Pkw der Marke VW Golf in Anspruch nehmen. Denn mangels eines Rücktrittsgrundes musste der von ihm erklärte Rücktritt nach § 323 BGB wirkungslos bleiben.
Gemäß § 323 Abs. 1 BGB ist der Gläubiger zum Rücktritt berechtigt, wenn der Schuldner eine ihm obliegende fällige Leistung nicht bzw. nicht vertragsgemäß erbringt. Diese Voraussetzung ist hier nicht gegeben. Denn der Mangel am Motor, der dem Neufahrzeug bei seiner Auslieferung angehaftet hatte, ist durch die Beklagte im Wege der Nacherfüllung behoben worden.
Soweit der Kläger hierzu einwendet, dass sein Rücktritt deshalb begründet sei, weil er mit den Mängelbeseitigungsarbeiten am Motor nicht einverstanden gewesen sei, und weil die Nachbesserung der Beklagten als fehlgeschlagen angesehen werden müsse, kann er hiermit nicht gehört werden.
a) Als die Beklagte ankündigte, den Mangel im Bereich der Kurbelwellenlagerung des Neufahrzeugs durch Vornahme eines Teilemotorwechsels zu beseitigen, war es dem Kläger verwehrt, mit seiner Rücktrittserklärung zu den nachrangigen Gewährleistungsansprüchen überzugehen, weil der Beklagten noch das Recht auf Nachbesserung zukam.
Am 13.1.2010 hatte der Kläger das Fahrzeug, das ihm Mitte Mai 2009 ausgeliefert worden war, in die Werkstatt der Beklagten gebracht, nachdem er ein klackendes Geräusch beim Loslassen des Kupplungspedals bemerkt hatte. Unstreitig ist, dass er hierbei die Beklagte mit der Behebung der Geräuschentwicklung beauftragt hatte (Bl. 85 GA). Daraufhin wurde seitens der Beklagten, die ihre Arbeiten gegenüber dem Hersteller abrechnete, zunächst der Kupplungsnehmerzylinder für 154,91 EUR erneuert (Bl. 86 GA), sodann das Getriebe für 2.430,46 EUR ausgetauscht (Bl. 87 GA) und schließlich Arbeiten am Motor für 2.231,04 EUR ausgeführt, wobei ein Teil des Motors (Kurbelgehäuse mit Kurbelwelle und Kolben) ersetzt wurde (Bl. 88 GA). Nach den Feststellungen des Sachverständigen G. lag ein Defekt an der Kurbelwelle vor, der das beanstandete klackende Geräusch beim Kupplungsvorgang verursacht hatte. Noch im Januar 2010 wurde das Fahrzeug nach Durchführung der Motorarbeiten an den Kläger zurückgegeben (Bl. 60 GA).
Unstreitig ist zwar, dass ein Vertreter der Beklagten am 18.1.2010 bei dem Sohn des Klägers angerufen und den Teileaustausch des Motors angekündigt hatte, womit sich der Sohn des Klägers nicht einverstanden erklärt hatte; er hatte sich ausdrücklich gegen die Vornahme von Arbeiten am Motor ausgesprochen mit dem Hinweis, dass das Fahrzeug zurückgegeben werden solle (Bl. 3/4 GA). Dieses Anliegen ist unstreitig von der Beklagten gegenüber dem Kläger und seinem Sohn zurückgewiesen worden (Bl. 26 GA), die daraufhin den Teileaustausch des Motors vornahm. Dies nahm der Kläger zum Anlass, mit Schreiben vom 15.2.2010 den Rücktritt vom Kaufvertrag zu erklären. Hierzu war er indes nicht berechtigt.
Dem Käufer steht gem. § 439 Abs. 1 BGB zwar das Recht zu, zwischen Mängelbeseitigung und Lieferung einer mangelfreien Sache zu entscheiden.
Hat sich der Käufer für eine Nachbesserung und nicht für Ersatzlieferung entschieden, ist er an diese Wahl gebunden; er muss abwarten, ob die Nacherfüllung innerhalb angemessener Frist Erfolg hat oder nicht. Dies gilt jedenfalls dann, wenn der Verkäufer bereits mit der Nacherfüllung begonnen hat (Reinking/Eggert, Der Autokauf, 11. Aufl., Rz. 668 ff.). Vorliegend hatte die Be...