Entscheidungsstichwort (Thema)
Werbung mit gesundheitsbezogenen Angaben für ein Lebensmittel zur Gewichtsreduktion; Produktbezogene Verwendung zugelassener Health Claims
Leitsatz (amtlich)
Gesundheitsbezogene Angaben dürfen nach Art. 10, 13 VO (EG) Nr. 1924/2006 nur zu dem jeweiligen Nährstoff, der Substanz oder dem Lebensmittel gemacht werden, für die sie nach der Gemeinschaftsliste zugelassen sind, nicht jedoch zu dem Lebensmittelprodukt, das diese Elemente enthält, ohne den der zugelassenen Aussage zugrunde liegenden Zusammenhang mit der Substanz etc. herauszustellen.
Die Regelungen der Art. 10, 13 VO (EG) Nr. 1924/2006 finden jedenfalls auf solche gesundheitsbezogenen Angaben zu pflanzlichen Stoffen, die gemeinhin als "botanicals" bezeichnet werden, Anwendung, betreffend die Anträge auf Aufnahme in die Gemeinschaftsliste abgelehnt wurden.
Normenkette
UWG § 8 Abs. 1 S. 1, Abs. 3 Nr. 2, § 3 Abs. 1, § 4 Nr. 11; LFGB § 11 Abs. 1, 3; EUV 1159/2011 Art. 7 Abs. 1; EUV 1159/2011 Art. 7 Abs. 3; EUV 1159/2011 Art. 7 Abs. 4; EUV 1159/2011 Art. 36 Abs. 2 Buchst. a; EGV 1924/2006 Art. 3, 10 Abs. 1, Art. 13, 13ff
Verfahrensgang
LG Lüneburg (Urteil vom 31.07.2014; Aktenzeichen 7 O 142/13) |
Tenor
Die Berufung der Beklagten gegen das am 31.7.2014 verkündete Urteil der 1. Kammer für Handelssachen des LG Lüneburg wird auf Kosten der Beklagten zurückgewiesen.
Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.
Der Beklagten bleibt nachgelassen, eine Vollstreckung des im angefochtenen Urteil unter Nr. 1. a. tenorierten Unterlassungsanspruchs durch Leistung einer Sicherheit in Höhe von 80.000 EUR, eine Vollstreckung der im angefochtenen Urteil unter Nr. 1. b. - 1. h. tenorierten Unterlassungsansprüche durch Leistung einer Sicherheit in Höhe von insgesamt 20.000 EUR und eine Vollstreckung wegen der Kosten durch Leistung einer Sicherheit in Höhe von 110 % des aufgrund dieses Urteils zu vollstreckenden Betrages abzuwenden, wenn nicht der Kläger vor der Vollstreckung der Unterlassungsansprüche Sicherheit in jeweils gleicher Höhe und vor der Vollstreckung wegen der Kosten Sicherheit in Höhe von 110 % des jeweils zu vollstreckenden Betrages leistet.
Die Revision wird nicht zugelassen.
Gründe
A. Der klagende Verein nimmt die Beklagte auf Unterlassung der Aufschrift auf der Verpackung ihres Produktes "A.-V." "reguliert nachweislich den Blutzuckerspiegel, was die Gewichtsabnahme begünstigt", sowie auf Unterlassung von sieben Werbeaussagen für dieses Produkt auf ihrer Internetseite in Anspruch.
Zu den satzungsmäßigen Aufgaben des Klägers gehört nach § 2 Abs. 1 seiner Satzung, den Wettbewerb für Heilmittel und verwandte Produkte zu schützen und zu stärken und die Werbung für Heilmittel und verwandte Produkte auf ihre Lauterkeit und Vereinbarkeit mit den bestehenden gesetzlichen Bestimmungen zu überprüfen. Mitglieder des Klägers sind unter anderem der Bundesverband der Arzneimittelhersteller e.V., der Bundesverband der pharmazeutischen Industrie e.V. und der Bundesverband der Hersteller von Lebensmitteln für besondere Ernährungszwecke e.V. Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes erster Instanz und der dort gestellten Anträge wird auf den Tatbestand des angefochtenen Urteils Bezug genommen.
Das LG hat der Klage stattgegeben. Die einzelnen angegriffenen gesundheitsbezogenen Angaben seien nicht durch zugelassene so genannte Health-claims gedeckt und damit nach der Verordnung (EG) Nr. 1924/2006 unzulässig. Die angegriffene Abbildung eines Apothekers und seiner Mitarbeiterinnen verstoße gegen § 12 Abs. 1 Nr. 5 LFGB a.F. Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf die Entscheidungsgründe des angefochtenen Urteils Bezug genommen.
Mit der Berufung verfolgt die Beklagte ihren Klagantrag unter Wiederholung und Vertiefung ihres erstinstanzlichen Vorbringens weiter.
Sie beantragt, das Urteil des LG Lüneburg vom 31.7.2014, Az.: 7 O 142/13, abzuändern und die Klage abzuweisen.
Der Kläger beantragt, die Berufung zurückzuweisen.
Der Kläger hat in der Berufungsinstanz insbesondere ergänzend zu seiner finanziellen Ausstattung vorgetragen und insoweit unter anderem behauptet, Kostenübernahmezusagen verschiedener Mitglieder betreffend einzelne Gerichtsverfahren zu besitzen. Darüber hinaus hätten der Bundesverband der Arzneimittelhersteller e.V., der Bundesverband der pharmazeutischen Industrie e.V. und der Bundesverband der Hersteller von Lebensmitteln für besondere Ernährungszwecke e.V. zu seinen Gunsten eine Kostendeckungsvereinbarung getroffen (Anlage K 51).
Wegen des weiteren Vorbringens der Parteien wird auf die gewechselten Schrift-sätze nebst Anlagen Bezug genommen.
Der Senat hat Beweis über die personelle und finanzielle Ausstattung des Klägers durch Vernehmung dessen Geschäftsführerin, der Zeugin M. erhoben. Wegen des Ergebnisses dieser Beweisaufnahme wird auf Protokoll der mündlichen Verhandlung vor dem Senat vom 15.9.2015 Bezug genommen.
B. Die zulässige Berufung ist unbegründet.
I. Die Klage ist zulässig, insbesondere ist der Kläger prozessführungsbefugt. E...