Entscheidungsstichwort (Thema)

Einrede der Verjährung in 2. Instanz

 

Leitsatz (amtlich)

Die Einrede der Verjährung kann auch noch in 2. Instanz erhoben werden, wenn die zugrundeliegenden Tatsachen unstreitig sind. § 97 Abs. 2 ZPO ist dann in der Regel anwendbar.

 

Normenkette

ZPO § 531 Abs. 2

 

Verfahrensgang

LG Verden (Aller) (Urteil vom 27.12.2005; Aktenzeichen 8 O 247/04)

 

Tenor

Auf die Berufungen beider Parteien wird das am 27.12.2005 verkündete Urteil der 8. Zivilkammer des LG Verden teilweise geändert.

Die Klage wird abgewiesen.

Der Beklagte trägt die Beweisaufnahmekosten erster Instanz und die Kosten des Berufungsverfahrens, die restlichen Kosten erster Instanz trägt der Kläger.

Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.

Beiden Parteien wird nachgelassen, die Zwangsvollstreckung gegen Sicherheitsleistung i.H.v. 120 % des vollstreckbaren Betrages abzuwenden, sofern nicht die jeweils vollstreckende Partei Sicherheit i.H.v. 120 % des zu vollstreckenden Betrages leistet.

 

Gründe

I. Der Kläger beansprucht vom beklagten Landkreis Schadensersatz, weil dieser aus seiner Sicht pflichtwidrig Baugenehmigungen für ein mit Deponierückständen belastetes Grundstück erteilt hat.

Zwischen 1977 und 1989 bewilligte der Beklagte Baugenehmigungen für Bürogebäude und Erweiterungen einer Lagerhalle auf dem Grundstück, eingetragen im Grundbuch von S.

Bis 1964 war auf dieser Fläche Sandabbau betrieben und die Grube anschließend bis 1974 mit Hausmüll, Industrieabfällen, Sperrmüll, Grünschnitt, Klärschlamm, gewerbeähnlichem Hausmüll und Bauschutt durch die Stadt S. als Betreiberin des Müllplatzes verfüllt worden.

Der Kläger hat die Flurstücke ... durch Vertrag vom 19.12.1996 von dem Konkursverwalter über das Vermögen des damaligen Eigentümers B.F. erworben. Dieser hatte das Objekt aus der Insolvenzmasse der Firma Betonwerk S. erlangt.

1997 wurde im Rahmen des Altlastenprogramms des Landes Niedersachsen eine Orientierungsuntersuchung für die Fläche durchgeführt, der Kläger ist durch ein Schreiben des Beklagten vom 6.11.1997 (Anlage A 1, Bl. 328) darüber informiert worden, dass in der Bodenluft der Probeentnahmestelle an der nördlichen Hallenaußenwand ein explosionsfähiges Methan-Luftgemisch festgestellt und das Gewerbeaufsichtsamt aufgefordert worden ist, entsprechend seiner Zuständigkeit für die Sicherheit am Arbeitsplatz ggf. erforderliche Schritte zu veranlassen.

Das Flurstück ... hat der Kläger 1998 gekauft, mithin nach der Warnung vom November 1997.

Der Kläger hat die Auffassung vertreten, aufgrund der Schadstoffbelastung des Bodens hätten die Baugenehmigungen nicht erteilt werden dürfen.

Er hat behauptet, die notwendigen Maßnahmen zur Beseitigung der von den Deponierückständen ausgehenden Gesundheitsgefahren würden Kosten i.H.v. 213.310,97 EUR verursachen und diesen Betrag vom Beklagten als Schadensersatz begehrt.

Das LG hat den Beklagten zur Zahlung von 27.000 EUR verurteilt und die Klage im Übrigen abgewiesen, weil zur Beseitigung von Gesundheitsgefahren im Zusammenhang mit der genehmigten Gewerbenutzung lediglich Kosten i.H.v. 27.000 EUR erforderlich seien, da ein Gaswarnsystem ausreiche.

Mit der Berufung verfolgt der Kläger die weiter gehende Forderung und vertieft sein Vorbringen, wonach weitere 213.310,97 EUR zur Beseitigung der Gefahrenquellen erforderlich seien.

Der Kläger beantragt, unter Abänderung des am 21.12.2005 verkündeten Urteils des LG Verden, Aktenzeichen 8 O 247/04, den Beklagten zu verurteilen, an ihn 213.310,97 EUR nebst Zinsen i.H.v. 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit Rechtshängigkeit zu zahlen.

Der Beklagte beantragt, die Berufung des Klägers zurückzuweisen sowie unter teilweiser Abänderung des angefochtenen Urteils die Klage im vollen Umfang abzuweisen.

Der Beklagte hat erst in zweiter Instanz die Einrede der Verjährung erhoben, im Übrigen erstrebt er Klagabweisung mit dem Argument, der Kläger gehöre nicht zum Kreis der geschützten Personen, zumal der frühere Eigentümer Kenntnis von der Nutzung als Deponie gehabt habe.

II. Die Berufung des Beklagten hat wegen der in zweiter Instanz erhobenen Verjährungseinrede Erfolg, aus diesem Grund bedurfte es auch keiner Prüfung der Frage, ob weiter gehende Ansprüche des Klägers bestehen.

1. Eine Schadensersatzforderung aufgrund einer Amtspflichtverletzung infolge der Erteilung von Baugenehmigungen für das streitgegenständliche Grundstück ist verjährt.

a) Der Ablauf der dreijährigen Frist beginnt mit der Kenntnis von dem Schaden und der Person des Ersatzpflichtigen (§ 852 BGB a.F.).

Dieses Wissen hatte der Kläger bereits durch die Information des Beklagten vom 6.11.1997, so dass die Frist im Zeitpunkt der erstmaligen Beantragung von Prozesskostenhilfe am 27.5.2004 abgelaufen war.

b) Die Kenntnis vom Schaden ist nicht gleichbedeutend mit dem Wissen über den Umfang des Schadens mit allen seinen Einzelfolgen und Nachwirkungen; sie bedeutet lediglich die Kenntnis der schädlichen Folgen der Amtspflichtverletzung im Allgemeinen dergestalt, dass auf ihrer Grundlage eine Klage auf Schadensers...

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