Entscheidungsstichwort (Thema)
Schadensteilung im Innenverhältnis der Haftpflichtversicherer bei Doppelversicherung eines Gespanns aus Kraftfahrzeug und Anhänger
Leitsatz (amtlich)
1. Bei der Doppelversicherung eines Gespanns aus einem Kraftfahrzeug und einem versicherungspflichtigen Anhänger (bzw. Auflieger) haben im Regelfall nach einem durch das Gespann verursachten Schaden der Haftpflichtversicherer des Kraftfahrzeugs und der des Anhängers den Schaden im Innenverhältnis je zur Hälfte zu tragen (Anschluss an BGHZ 187, 211).
2. Dabei bedarf es nicht der Feststellung eines konkreten eigenständigen Ursachenbeitrags des Anhängers (bzw. Aufliegers) für den durch das Gespann als Betriebseinheit verursachten Schaden.
3. Die Ausgleichsregelung des § 59 Abs. 2 VVG a.F. geht insoweit auch einer Verteilung der Mitverursachungsanteile nach §§ 17 Abs. 4, 18 Abs. 3 StVG oder einem Innenausgleich nach § 426 BGB i.V.m. §§ 840 Abs. 2, 254 BGB vor (Aufgabe von 14 U 108/07, OLGReport Celle 2008, 448).
Normenkette
VVG a.F. § 52 Abs. 2; StVG § 7 Abs. 1, § 17 Abs. 4; AKB §§ 10, 10a; BGB § 426
Verfahrensgang
LG Lüneburg (Urteil vom 31.10.2012; Aktenzeichen 6 O 139/10) |
Tenor
Die Berufung der Beklagten gegen das am 31.10.2012 verkündete Urteil der Einzelrichterin der 6. Zivilkammer des LG Lüneburg wird zurückgewiesen.
Die Beklagte trägt die Kosten des Berufungsverfahrens.
Dieses Urteil und das angefochtene Urteil des LG sind ohne Sicherheitsleistung vorläufig vollstreckbar. Die Beklagte darf die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung i.H.v. 110 % des vollstreckbaren Betrages abwenden, wenn nicht die Klägerin vor der Vollstreckung Sicherheit i.H.v. 110 % des jeweils zu vollstreckenden Betrages leistet.
Die Revision wird nicht zugelassen.
Gründe
A. Die Klägerin macht Ausgleichsansprüche nach Regulierung eines Unfallschadens geltend. Der Unfall ereignete sich am 2.3.2007 aus alleinigem Verschulden des S. E., der für seine Arbeitgeberin, die R. S. GmbH, ein Lkw-Gespann steuerte. Halterin der Zugmaschine und des Sattelaufliegers war die L. Transport GmbH. Die Zugmaschine war über die S. GmbH als Versicherungsnehmerin bei der Klägerin und der Sattelauflieger über die L. GmbH bei der Beklagten versichert. Herr E. übersah beim Rechtsabbiegen von der H. Straße in C. in die Straße "H. W." die Radfahrerin A. P. H., die bei für sie grünem Ampellicht die Radfahrerfurt der Straße "H. W." überqueren wollte. Infolge der Kollision erlitt die Radfahrerin schwerste Verletzungen, u.a. eine Schädelprellung, eine Claviculafraktur links, Rippenserienfrakturen, Knochenbrüche am linken oberen Sprunggelenk und der linken Fußwurzel sowie großflächige Hautverletzungen. Die Erstberührung zwischen der Fahrradfahrerin und dem Lkw-Gespann erfolgte mit der vorderen rechten Seite des Sattelschleppers, wobei die Radfahrerin stürzte und das Fahrrad von der Zugmaschine mitgezogen wurde. Ob auch eine Berührung der Radfahrerin mit dem Sattelauflieger erfolgte, ist zwischen den Parteien streitig.
Die Klägerin hat an die geschädigte Radfahrerin 104.026,09 EUR sowie an den Krankenversicherer der Geschädigten 51.202,91 EUR gezahlt. Ferner hat sie für eingeholte Arztatteste 109,86 EUR sowie weitere 214 EUR im Zusammenhang mit der Klärung des Haftungsgrundes aufgewandt. Unfallbedingtheit und Erforderlichkeit des insoweit gezahlten Gesamtbetrages von 155.552,86 EUR sind zwischen den Parteien unstreitig. Darüber hinaus hat die Klägerin weitere Zahlungen i.H.v. 16.133,78 EUR an den Pflegeversicherer der Geschädigten für Leistungen nach den Pflegestufen II und I im Zeitraum vom 6.7.2007 bis 31.8.2012 erbracht.
Die Klägerin verlangt von der Beklagten Erstattung der Hälfte des ihr bislang entstandenen Gesamtaufwandes von 171.686,64 EUR und Feststellung der Ersatzpflicht für 50 % der zukünftig noch entstehenden Aufwendungen. Sie hat unter Berufung auf die Entscheidung des Versicherungssenates des BGH vom 27.10.2010 (BGHZ 187, 211) die Auffassung vertreten, es lägen die Voraussetzungen eines Ausgleichsanspruchs nach § 59 Abs. 2 Satz 1 VVG a.F. vor.
Darauf, ob sich im konkreten Unfallgeschehen auch die spezifische Betriebsgefahr des Sattelaufliegers ausgewirkt habe, komme es entgegen der Ansicht der Beklagten nicht an. Im Übrigen sei allerdings ohnehin davon auszugehen, dass die geschädigte Fahrradfahrerin nach der Erstkollision zwischen der Zugmaschine und dem Fahrrad in der Folge unter den Auflieger geraten sei. Denn sie sei - unstreitig - in Höhe der beiden Hinterreifen des Aufliegers zum Liegen gekommen. Darüber hinaus habe sich die spezifische Gefahr des Anhängers auch dadurch im Unfallgeschehen ausgewirkt, dass der Fahrer wegen der Größe des Gespanns habe weiter ausholen und zudem seine Konzentration vorrangig auf den Abbiegevorgang richten müssen, was mit dazu geführt habe, dass er die aus seiner ursprünglichen Fahrtrichtung von hinten auf dem Radweg heranfahrende Fahrradfahrerin übersehen habe.
Ferner hat die Klägerin behauptet, sämtliche von ihr an die Pflegekasse erbrachten Aufwendu...