Leitsatz (amtlich)

1. Dem Versicherungsnehmer einer Lebensversicherung steht bei einem bis zum 31.12.1994 erfolgten Vertragsschluss im Policenmodell weder ein Widerspruch nach § 5a VVG 1994 noch ein Rücktrittsrecht nach § 8 Abs. 5 VVG 1994 zu, wenn die zugrunde liegenden Versicherungsbedingungen durch eine Aufsichtsbehörde genehmigt worden sind.

2. Für eine formwirksame Belehrung nach § 8 Abs. 4 VVG 1990 ist eine drucktechnischen Hervorhebung nicht erforderlich.

 

Verfahrensgang

LG Leipzig (Aktenzeichen 03 O 249/18)

 

Tenor

1. Der Senat beabsichtigt, die Berufung des Klägers ohne mündliche Verhandlung durch Beschluss zurückzuweisen.

2. Der Kläger hat Gelegenheit, innerhalb von drei Wochen Stellung zu nehmen. Er sollte allerdings auch die Rücknahme der Berufung in Erwägung ziehen.

3. Der Termin zur mündlichen Verhandlung vom 15.01.2019 wird aufgehoben.

 

Gründe

Der Senat beabsichtigt, die zulässige Berufung nach § 522 Abs. 2 ZPO ohne mündliche Verhandlung durch - einstimmig gefassten - Beschluss zurückzuweisen. Die zulässige Berufung des Klägers bietet in der Sache offensichtlich keine Aussicht auf Erfolg. Die Rechtssache hat auch weder grundsätzliche Bedeutung noch erfordert die Fortbildung des Rechts oder die Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung eine Entscheidung des Berufungsgerichts durch Urteil. Auch andere Gründe gebieten eine mündliche Verhandlung nicht.

Zu Recht hat das Landgericht die vom Kläger geltend gemachten Ansprüche verneint, da der Versicherungsvertrag aufgrund seiner Kündigung rückabgewickelt wurde und ihm weitergehende Ansprüche aus § 346 Abs. 1, § 812 Abs. 1 Satz 1, 1. Alt BGB weder aufgrund eines mit Schreiben vom 14.04.2016 erklärten Widerspruchs noch aufgrund eines mit Schreiben vom 23.01.2017 erklärten Rücktritts zustehen.

1. Auf den am 10.11.1994 abgeschlossenen Versicherungsvertrag finden die Vorschriften des VVG in der ab dem 29.07.1994 gültigen Fassung Anwendung. Nach der durch das Dritte Gesetz zur Durchführung versicherungsrechtlicher Richtlinien des Rates der Europäischen Gemeinschaften (BGBl. 1994 Teil I, S. 1630 ff) neu eingefügten Vorschrift des § 5a VVG steht dem Versicherungsnehmer ein Widerspruchsrecht zu, wenn der Versicherer ihm bei Antragstellung die Versicherungsbedingungen oder die Verbraucherinformationen nicht übergeben hat (sog. Policenmodell). Der streitgegenständliche Versicherungsvertrag ist unstreitig im Policenmodell zustande gekommen, so dass die Vorschrift des § 5a VVG 1994 dem Grunde nach Anwendung finden würde. Da aber § 5a VVG 1994 nach Art. 16, § 11 des Dritten Durchführungsgesetzes/EWG zum VAG vom 21. Juli 1994 (BGBl. 1994 I, S. 1630) keine Anwendung auf Versicherungsverträge findet, die - wie der hier vorliegende Vertrag - bis zum 31. Dezember 1994 zu von der Aufsichtsbehörde genehmigten Versicherungsbedingungen geschlossen wurden, ist das Landgericht zu Recht davon ausgegangen, dass dem Kläger kein Widerspruchsrecht nach dieser Vorschrift zustand (vgl. OLG Karlsruhe, Urteil vom 06.08.2015, Az 9 U 82/14, n.v., Anlage BLD 11; Nichtzulassungsbeschwerde zurückgewiesen durch BGH, Beschluss vom 19.10.2016, IV ZR 441/15, n.v., Anlage BLD 12; OLG Koblenz, Urteil vom 04.01.2017, Az 10 U 1037/15, n.v., Anlage BLD 13; hierzu auch BGH, Urteil vom 16. Oktober 2013 - IV ZR 52/12 -, Rn. 11, juris).

2. Entgegen der Ansicht der Berufung steht dem Kläger kein Rücktrittsrecht gem. § 8 Abs. 5 VVG 1994 zu. Die Vorschrift des § 8 Abs. 5 VVG 1994 sieht bei Lebensversicherungsverträgen nach Abschluss des Vertrages zwar ein Rücktrittsrecht vor. Nach § 8 Abs. 6 VVG 1994 findet die Regelung des § 8 Abs. 5 VVG 1994 allerdings keine Anwendung, soweit der Versicherungsnehmer ein Widerspruchsrecht nach § 5a VVG 1994 hat. Diese Regelung ist eine Folge dessen, dass der Gesetzgeber dem Versicherungsnehmer beim Vertragsschluss im Policenmodell nicht kumulativ ein Widerspruchs- und Widerrufs- bzw. Rücktrittsrecht einräumen wollte (Beschlussempfehlung des BT-Finanzausschusses BT-Drucksache 12/7595 S. 111f.; vgl. BGH, Urteil vom 17. Dezember 2014 - IV ZR 260/11 -, Rn. 26, m.w.N., - juris; Römer/Langheid, VVG, 2. Aufl. 2002, § 8 Rn. 71). Hieraus folgt, dass dem Versicherungsnehmer einer Lebensversicherung bei einem bis zum 31.12.1994 erfolgten Vertragsschluss im Policenmodell weder ein Widerspruchsrecht nach § 5a VVG 1994 noch ein Rücktrittsrecht nach § 8 Abs. 5 VVG 1994 zusteht, wenn dem Vertragsschluss Versicherungsbedingungen zugrunde liegen, die durch eine Aufsichtsbehörde genehmigt worden sind (vgl. BGH, Urteil vom 17.12.2014 a.a.O.; so auch OLG Koblenz, a.a.O., m.w.N.; Römer/Langheid, a.a.O., § 5 a VVG, Rn. 5; Jembrek, MDR 2014, 1242, 1245).

3. Dem Kläger steht schließlich auch kein Widerrufsrecht gem. § 8 Abs. 4 VVG in der Fassung vom 17.12.1990 zu. Die Vorschrift des § 8 Abs. 4 VVG 1990 findet auf den vorliegenden Versicherungsvertrag Anwendung (vgl. BGH, Urteil vom 17.12.2014, a.a.O.; OLG Karlsruhe, a.a.O.; Römer Langheid, a.a.O., § 5 a VVG, Rn. 5; Jembrek, a.a.O.). Die danach bestehend...

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