Leitsatz (amtlich)
Der Streitwert im selbstständigen Beweisverfahren bestimmt sich nach dem geltend gemachten Anspruch, welcher auf der Grundlage der Sachdarstellung des Antragstellers nach objektiven Gesichtspunkten zu ermitteln ist.
Eine Bindung an die vom Antragsteller bei Verfahrenseinleitung vorgenommene Schätzung besteht nicht.
Verfahrensgang
LG Dresden (Aktenzeichen 3 OH 3623/00) |
Tenor
Auf die Beschwerden der Antragsgegnerin zu 1) und der Nebenintervenientin zu 1) wird der Streitwertbeschluss der 3. Zivilkammer des Landgerichtes Dresden vom 15.6.2001 abgeändert. Der Streitwert des Beweisverfahrens wird auf 12.600 DM festgesetzt.
Im Übrigen werden die Beschwerden zurückgewiesen.
Gründe
1. Die gem. § 25 Abs. 3 GKG zulässigen Beschwerden der Antragsgegnerin zu 1) und der Nebenintervenientin zu 1) haben nur in dem aus dem Beschlusstenor ersichtlichen Umfang Erfolg.
a) Zu Recht hat das LG sich bei der Streitwertfestsetzung nicht an die Wertangaben des Antragstellers in der Antragsschrift gebunden gesehen.
Für die Festsetzung des Streitwertes im selbstständigen Beweisverfahren ist wegen dessen Funktion als vorgezogene Beweisaufnahme stets der Wert der Hauptsache maßgeblich (vgl. Zöller/Herget, ZPO, 22. Aufl., § 3 Rz. 16, Stichwort: Selbstständiges Beweisverfahren; OLG Frankfurt v. 25.1.1999 – 21 W 1/99, OLGReport Frankfurt 1999, 140; OLG Köln v. 13.12.1996 – 16 W 79/96, OLGReport Köln 1997, 135, jeweils m.w.N.).
Zutreffend ist der Ausgangspunkt des Landgerichtes, wonach sich der Hauptsachestreitwert nach dem geltend gemachten Anspruch – regelmäßig dem für die Mängelbeseitigung erforderlichen Aufwand – bemisst, welcher auf der Grundlage der Sachdarstellung des Antragstellers nach objektiven Gesichtspunkten zu ermitteln ist. Eine Bindung an die vom Antragsteller bei Verfahrenseinleitung vorgenommene Schätzung gem. § 23 Abs. 1 GKG besteht nicht (vgl. Zöller/Herget, ZPO, 22. Aufl., § 3 Rz. 16; OLG Hamburg v. 1.2.2000 – 9 W 2/00, NJW-RR 2000, 827; OLG Naumburg v. 5.3.1999 – 7 W 8/99, MDR 1999, 1093; OLG Dresden, Beschl. v. 16.6.1999 – 21 W 971/99). Der in Rechsprechung und Literatur teilweise vertretenen Gegenauffassung, wonach es für die Streitwertbemessung allein auf die diesbezüglichen Angaben des Antragstellers bei Verfahrenseinleitung ankommen und das Ergebnis der Beweisaufnahme außer Betracht bleiben soll (vgl. OLG Koblenz v. 29.6.2000 – 15 W 375/00, MDR 2001, 356 = OLGReport Koblenz 2000, 566 m.w.N.), vermag sich der Senat nicht anzuschließen.
Der Streitwert eines Verfahrens richtet sich nach dem jeweiligen Streitgegenstand (§§ 2 ZPO, 12 Abs. 1 S. 1 GKG), welcher durch den Antrag und nicht durch die Wertangabe des Antragstellers bestimmt wird. Diese wird wegen der regelmäßig fehlenden eigenen Sachkunde des Antragstellers ohnehin meist nur auf einer groben Schätzung beruhen, zu der er allein deshalb gezwungen ist, weil hiervon die gerichtliche Zuständigkeit abhängt. Ungeachtet dessen kann aber der zutreffende Streitwert nur der vom Sachverständigen ermittelte tatsächliche Kostenanfall sein. Weicht dieser von der vorläufigen Bewertung des Antragstellers ab, ist das Gericht nach dem Grundsatz der Streitwertwahrheit (vgl. Schneider, MDR 1998, 255; OLG Köln v. 25.6.1999 – 19 W 25/99, OLGReport Köln 1999, 356 f.) nicht nur berechtigt (§ 23 GKG), sondern gem. § 25 Abs. 2 S. 3 GKG auch verpflichtet, den Streitwert entsprechend zu korrigieren.
Das von den Vertretern der Gegenauffassung und auch den Beschwerdeführern bemühte Argument, es könne nicht angehen, dass der Streitwert des Verfahrens ggf. auf Null festgesetzt werden müsse, wenn der Sachverständige keinen der in der Antragsschrift beschriebenen Mängel feststelle, verfängt nicht. In einem derartigen Fall bestimmt sich der Streitwert vielmehr nach dem aus der Antragsschrift zu ermittelnden Interesse des Antragstellers, ggf. nach den – zu schätzenden – Kosten, die entstanden wären, wenn sich die Mängel erwiesen hätten.
Die in der Antragsschrift vom 17.7.2000 enthaltene Kostenschätzung i.H.v. 162.237,80 DM netto hatte deshalb nur vorläufigen Charakter. Dem steht nicht entgegen, dass die Schätzung hier nicht „ins Blaue hinein” erfolgt ist, sondern auf einem Kostenangebot einer Drittfirma beruhte. Denn Ausgangspunkt dieses Angebotes war die – objektiv unzutreffende – Fehlvorstellung der Antragsteller hinsichtlich des Umfangs der – insbesondere zur Einhaltung der wasserrechtlichen Bestimmungen – erforderlichen Mängelbeseitigungsmaßnahmen. Derartige Fehleinschätzungen sind aber nicht anders zu behandeln als Fehlvorstellungen über die Höhe der zu erwartenden Kosten.
b) Weil sich – wie dargelegt – der Streitgegenstand nach der Gesamtheit der in der Antragsschrift dargestellten Mängel bestimmt und für die Streitwertfestsetzung maßgeblich das Interesse der Antragsteller an deren Beseitigung ist, durfte es hier aber nicht mit dem durch den Sachverständigen einzig bewerteten Kostenaufwand für die Beseitigung der Risse in der Epoxidharzbeschichtung sein Bewenden haben. Streitwertb...