Leitsatz (amtlich)
Die Streitwertfestsetzung im selbstständigen Beweisverfahren ist auf der Grundlage einer objektiven Bewertung der vom Antragsteller bei Verfahrenseinleitung behaupteten Tatsachen und dem von ihm verfolgten Anspruch vorzunehmen. Diesbezüglich kann auch auf spätere, besser fundierte Erkenntnisquellen (z.B. Sachverständigengutachten) abgestellt werden; auf die subjektive Einschätzung des Antragstellers zu Beginn des Verfahrens kommt es nicht entscheidend an. Werden im Ergebnis der Begutachtung nicht alle vom Antragsteller behaupteten Mängel festgestellt, so ist der Streitwert hinsichtlich der nicht erweislichen Mängel zu schätzen.
Verfahrensgang
LG Dresden (Aktenzeichen 3 OH 4160/00) |
Tenor
Auf die Beschwerde der Antragsgegnerin wird der Streitwertbeschluss der 3. Zivilkammer des Landgerichtes Dresden vom 26.11.2001 abgeändert:
Der Streitwert des selbstständigen Beweisverfahrens wird auf bis zu 30.000 DM festgesetzt.
Im Übrigen wird die Beschwerde zurückgewiesen.
Gründe
1. Die gem. § 25 Abs. 3 GKG zulässige Beschwerde der Antragsgegnerin hat nur in dem aus dem Beschlusstenor ersichtlichen Umfang Erfolg.
Die Festsetzung des Streitwertes richtet sich im vorliegenden Fall nach §§ 3 ff. ZPO, §§ 12, 15 GKG.
a) Dabei geht der Senat für die Festsetzung des Wertes eines selbstständigen Beweisverfahrens (§§ 485 ff. ZPO) von folgenden Grundsätzen aus:
Der Streitwert des selbstständigen Beweisverfahrens bemisst sich nach dem vollen Wert des zu sichernden Anspruches, also regelmäßig dem Wert der entsprechenden Hauptsache, und nicht lediglich nach einem Bruchteil davon (vgl. Zöller/Herget, ZPO, 22. Aufl., § 3 Rz. 16, Stichwort: Selbstständiges Beweisverfahren; MünchKomm/ZPO, 2. Aufl., § 3 Rz. 115; OLG Köln v. 23.5.1996 – 14 WF 88/96, NJW-RR 1997, 1292 = MDR 1996, 1184 = OLGReport Köln 1996, 220; OLG Koblenz JurBüro 1998, 267, jeweils m.w.N.). Dies folgt daraus, dass das selbstständige Beweisverfahren die Funktion einer vorweggenommenen Beweisaufnahme im späteren Hauptsacheverfahren hat.
Für die Bemessung des Gebührenstreitwertes kommt es auf die vom Antragsteller bei Verfahrenseinleitung behaupteten Tatsachen und den von ihm verfolgten Anspruch an. Denn der Streitwert eines jeden Verfahrens richtet sich allein nach dem jeweiligen Streitgegenstand (§ 2 ZPO, § 12 Abs. 1 S. 1 GKG), welcher durch den Antrag und nicht durch die Wertangabe des Antragstellers bestimmt wird. Entscheidend ist daher für die Streitwertbestimmung nicht die subjektive Einschätzung des Antragstellers, sondern die objektive Bewertung der mitgeteilten Tatsachen; diesbezüglich kann im Einzelfall auch auf spätere, besser fundierte Erkenntnisquellen (u.a. Sachverständigengutachten) abgestellt werden (vgl. OLG Koblenz JurBüro 1998, 267; OLG Köln v. 23.5.1996 – 14 WF 88/96, NJW-RR 1997, 1292 = MDR 1996, 1184 = OLGReport Köln 1996, 220; OLG Hamburg v. 1.2.2000 – 9 W 2/00, NJW-RR 2000, 827; jeweils m.w.N.).
Ohne Belang für die Streitwertbemessung ist das Ergebnis der Beweissicherung, d.h. ob sich alle oder nur ein Teil der von dem Antragsteller behaupteten Mängel im Rahmen der Beweissicherung bestätigt haben (vgl. OLG Koblenz JurBüro 1998, 267; OLG Frankfurt v. 13.1.1998 – 18 W 204/97, OLGReport Frankfurt 1998, 384; OLG Hamburg v. 1.2.2000 – 9 W 2/00, NJW-RR 2000, 827). Vielmehr sind für die Bemessung des Streitwertes alle vom Antragsteller zu Beginn des Verfahrens behaupteten Mängel maßgebend. Soweit der Sachverständige die Mängelbeseitigungskosten nur für die von ihm festgestellten Mängel beziffert, ist hinsichtlich der weiteren behaupteten und nicht festgestellten Mängel der Streitwert zu schätzen.
b) Unter Beachtung der vorgenannten Grundsätze war der Streitwert vorliegend auf bis zu 30.000 DM festzusetzen.
Streitwertbestimmend war allein die Höhe der Mängelbeseitigungskosten bezogen auf alle vom Antragsteller mit der Antragsschrift vom 17.8.2000 dargelegten und gerügten Mängel.
Entgegen der mit Schriftsatz vom 30.1.2002 seitens des Antragstellers vertretenen Auffassung waren bei der Streitwertfestsetzung über die Mängelbeseitigungskosten hinaus nicht etwaige Planungs-, Bauleitungs- und Überwachungskosten, Mietminderungsschäden und ein verbleibender Minderwert zu berücksichtigen. Denn für die Streitwertfestsetzung maßgebend sind, wie ausgeführt, allein die mit dem Antrag verfolgten Ziele. Vorliegend hat der Antragsteller mit der Antragsschrift erklärt, dass im Wege des selbstständigen Beweisverfahrens die vorhandenen Mängel, die Mängelbeseitigungsmaßnahmen und die hierdurch entstehenden Kosten festgestellt werden sollen. Dadurch ist erkennbar, dass das mit dem selbstständigen Beweisverfahren verfolgte Interesse dem Gegenstand einer Klage auf Mängelbeseitigung entspricht und das Interesse des Antragstellers sich daher nur nach dem zu erwartenden Mängelbeseitigungsaufwand bemisst.
Soweit die in der Antragsschrift behaupteten Mängel vom Sachverständigen im Gutachten vom 18.10.2001 bestätigt worden sind, sind die vom Sachverständigen geschätzten Mängelbese...