Leitsatz (amtlich)

Für Klagen aus Gewinnversprechen (§ 661a BGB) ist der Gerichtsstand der unerlaubten Handlung gem. § 32 ZPO grundsätzlich nicht gegeben.

 

Verfahrensgang

LG Leipzig (Beschluss vom 12.05.2004; Aktenzeichen 3 O 636/04)

 

Tenor

1. Die sofortige Beschwerde der Antragstellerin gegen den Beschluss des Einzelrichters der 3. Zivilkammer des LG Leipzig vom 12.5.2004 wird auf ihre Kosten zurückgewiesen.

2. Der Antrag der Beschwerdeführerin, ihr für das Beschwerdeverfahren Prozesskostenhilfe zu bewilligen, wird abgelehnt.

3. Die Rechtsbeschwerde wird nicht zugelassen.

 

Gründe

Über die gem. § 127 Abs. 2 S. 2 und 3 i.V.m. §§ 567 ff. ZPO zulässige sofortige Beschwerde hat der Senat durch den Einzelrichter zu entscheiden (§ 568 S. 1 ZPO). Das Rechtsmittel ist unbegründet. Zu Recht hat das LG die Bewilligung von Prozesskostenhilfe mangels hinreichender Erfolgsaussicht versagt (§ 114 ZPO).

1. Das LG hat seine Entscheidung darauf gestützt, es sei für die beabsichtigte Klage gegen die nach Darstellung der Beschwerdeführerin hinter der Versenderin stehende Antragsgegnerin - die die fehlende Hauptsachezuständigkeit des angerufenen Gerichts ausdrücklich gerügt hat - örtlich unzuständig. Das ist frei von Rechtsfehlern.

a) Wie das LG zutreffend ausgeführt hat und auch die Beschwerdeführerin nicht in Zweifel zieht, bestimmt sich der Gerichtsstand des Erfüllungsortes (§ 29 Abs. 1 ZPO) für Zahlungsansprüche aus Gewinnzusagen i.S.v. § 661a BGB grundsätzlich nach dem Sitz des in Anspruch genommenen Unternehmens (BGH v. 3.12.1992 - IX ZR 229/91, BGHZ 120, 334 [347 f.] = MDR 1993, 473 für Kaufpreisklage; Musielak/Smid, ZPO, 3. Aufl., § 29 ZPO Rz. 25 allgemein für Geldschulden; Patzina in MünchKomm/ZPO, 2. Aufl., § 29 ZPO Rz. 88 für Klagen gegen Versandhändler). Ein Sonderfall, in dem die Verpflichtung aus § 661a BGB kraft Parteivereinbarung als Bringschuld zu qualifizieren ist (OLG Nürnberg v. 28.8.2002 - 4 U 641/02, OLGReport Nürnberg 2003, 332 = NJW 2002, 3637 [3640]), liegt hier nicht vor.

b) Der besondere Gerichtsstand der unerlaubten Handlung (§ 32 ZPO) ist nicht eröffnet. Die Versendung der streitgegenständlichen Gewinnzusage i.H.v. 25.000 Euro, die die Beschwerdeführerin der Antragsgegnerin zurechnen will, stellt keine unerlaubte Handlung i.S.v. § 32 ZPO dar. Der Einzelrichter tritt den überzeugenden Ausführungen des LG bei und verweist zur Vermeidung von Wiederholungen auf diese. Das Urteil des BGH v. 28.11.2002 (BGH, Urt. v. 28.11.2002 - III ZR 102/02, BGHZ 153, 82 = MDR 2003, 348 = BGHReport 2003, 248; ebenso bereits OLG Dresden, Urt. v. 19.12.2001 - 8 U 2256/01, OLGReport Dresden 2002, 281), auf das sich das OLG Karlsruhe zur Begründung seiner gegenteiligen Auffassung (OLG Karlsruhe v. 28.11.2003 - 15 AR 49/03, OLGReport Karlsruhe 2004, 255 [256]) maßgeblich bezieht, steht dem nicht entgegen. Ausdrücklich hat der BGH in der zitierten Entscheidung hervorgehoben, dass der Begriff der "unerlaubten Handlung" i.S.d. Art. 5 Nr. 3 EuGVÜ (jetzt Art. 5 Nr. 3 EuGVVO) autonom auszulegen und in einem weit gefassten Sinne zu verstehen sei (a.a.O., S. 90 f.). Für dieses weite, die Einbeziehung unlauterer Gewinnversprechen ermöglichende Verständnis spricht nicht zuletzt der Wortlaut des Art. 5 Nr. 3 EuGVÜ. Danach ist in Fällen mit Auslandsbezug die gerichtliche Inanspruchnahme am Ort des schädigenden Ereignisses möglich, "wenn eine unerlaubte Handlung oder eine Handlung, die einer unerlaubten Handlung gleichgestellt ist, oder wenn Ansprüche aus einer solchen Handlung den Gegenstand des Verfahrens bilden". Einen ebenso weit reichenden Anwendungsbereich hat § 32 ZPO, der für Inlandsfälle bei "Klagen aus unerlaubten Handlungen" eingreift, schon seinem Wortlaut nach nicht. Im Übrigen kommt der Zweck dieser Vorschrift, soweit er auf dem Gedanken der Sachnähe beruht und darin besteht, dem Geschädigten die Sachaufklärung und Beweiserhebung am Begehungsort des Deliktes zu ermöglichen (Zöller/Vollkommer, ZPO, 24. Aufl., § 32 ZPO Rz. 1; m.w.N.), bei Gewinnzusagen im Versandhandel mit Blick auf den Wohnsitz des Empfängers regelmäßig nicht zum Tragen. Trotz gewisser wettbewerbsrechtlicher Elemente lässt sich in Fällen des § 661a BGB die Annahme einer unerlaubten Handlung i.S.v. § 32 ZPO auch nicht mit einer allgemeinen Parallele zur zivilrechtlichen Verfolgung von Wettbewerbsverstößen begründen (so aber OLG Karlsruhe v. 28.11.2003 - 15 AR 49/03, OLGReport Karlsruhe 2004, 255 [256), für die der besondere Gerichtsstand des § 32 ZPO häufig eröffnet ist. Entscheidend ist letztlich vielmehr, dass § 661a BGB an die als einseitiges Rechtsgeschäft oder geschäftsähnliche Handlung zu beurteilende Gewinnzusage anknüpft und dem Verbraucher keinen Schadensersatzanspruch, sondern einen Erfüllungsanspruch auf den zugesagten Preis gibt (BGH v. 16.10.2003 - III ZR 106/03, BGHReport 2004, 44 = MDR 2004, 83 = NJW 2003, 3620 [3621]). Dies erlaubt es nicht, den - wie hier - allein auf der Grundlage des § 661a BGB in Anspruch genommenen Versender ohne weiteres als Täter ...

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