Haftet die Kfz-Haftpflicht für Folgen einer Batterie-Explosion bei Starthilfe?
Ein zum Verkauf angebotener Lkw ließ sich bei dem Besichtigungstermin eines Interessenten nicht starten. Als dieser Starthilfe leisten wollte und das Fahrzeug mittels eines Starthilfekabels mit einem anderen Lkw verband, explodierte die Batterie des zum Verkauf stehenden Fahrzeugs. Dabei wurde der Kaufinteressent wurde schwer im Gesicht verletzt. Gegenüber der Haftpflichtversicherung des potenziellen Verkäufers machte er Schadensersatzansprüche geltend. Er machte Verdienstausfall, Fahrtkosten und die Freistellung von Rechtsanwaltsgebühren geltend sowie die Feststellung des Ersatzes von Zukunftsschäden. Doch die Versicherung weigerte sich zu zahlen.
Startvorgang und Starthilfe von Kfz-Haftpflicht abgedeckt
Grundsätzlich gilt für die Kfz-Haftpflichtversicherung: Sie deckt nur unmittelbar vom Fahrzeug ausgehende Gefahren ab. Eine solche Gefahr stellt die Explosion der Batterie des versicherten Fahrzeugs beim Startvorgang dar. Das gelte auch, wenn der Startvorgang via Starthilfe durch ein anderes Fahrzeug unterstützt werde, so das OLG Dresden.
Wann ein Fahrzeug in Gebrauch ist
Strittig war unter anderem, ob der zum Verkauf angebotene Lkw zum Zeitpunkt des Unfalls in Gebrauch war. Der Begriff des Gebrauchs eines Fahrzeugs geht über den Betriebsbegriff des § 7 StVG hinaus. Er umfasst jeden Vorgang und jede Handlung, die mit dem Verwendungszweck des Fahrzeugs oder seiner Einrichtungen zeitlich oder örtlich in unmittelbarem Zusammenhang steht.
Ausschlaggebend ist das Interesse des Versicherungsnehmers, durch den Einsatz des Kfz nicht mit Haftpflichtansprüchen belastet zu werden. Entscheidend ist danach, ob der Schadensfall mit dem für ein Kfz-typischen Gefahrenbereich in einem haftpflichtrelevanten Zusammenhang steht.
Das OLG Dresden bejahte im vorliegenden Fall, dass von einem Gebrauch des Fahrzeugs im Sinne der Versicherungsbedingungen auszugehen sei. Der Schaden sei bei der Explosion des versicherten Fahrzeugs im Rahmen des Startvorgangs eingetreten. Damit habe sich eine vom Fahrzeug, nämlich der offensichtlich defekten und explosionsgefährdeten Batterie, ausgehende Gefahr realisiert. Der Startvorgang könne deshalb als „Gebrauch“ im Sinne der Versicherungsbedingungen angesehen werden.
Welche Rolle spielt es, dass das Fahrzeug abgemeldet war?
Ein weiterer strittiger Aspekt: Wie war die Tatsache zu werten, dass der zum Verkauf stehende Lkw zum Zeitpunkt der Besichtigung abgemeldet war? In der vorliegenden Konstellation führe dies nicht zu einem Wegfall der Haftung so das Gericht.
Die Außerbetriebsetzung eines Fahrzeugs im Sinne des § 14 FZV bedeute nämlich keinen Wagniswegfall nach G.8 AKB 2015, da das Fahrzeug als versichertes Objekt oder als Ausgangspunkt für eine Haftung nicht wegfalle und sie außerdem im Zweifel nicht als endgültig gedacht sei, so das OLG Dresden.
Beitragsfreie Ruheversicherung bei einer vorübergehenden Stilllegung eines Kfz
Bei einer nur vorübergehenden Stilllegung eines Fahrzeugs durch den Versicherungsnehmer gilt: Dauert die Stilllegung länger als zwei Wochen, aber nicht länger als 18 Monate, wandelt sich eine uneingeschränkte Fahrzeugversicherung gemäß H.2 AKB 2015 automatisch in eine beitragsfreie Ruheversicherung um, wenn der Versicherungsnehmer mit der Abmeldung des Fahrzeugs dieses noch nicht endgültig aus dem Verkehr ziehen wollte (OLG Jena, Urteil v. 13.03. 2012, 4 U 151/11).
Ob die Außerbetriebssetzung fristgerecht durch die Versicherungsnehmer angezeigt wurde ist irrelevant, denn die Haftung der KfZ-Haftpflichtversicherung gegenüber dem Geschädigten bleibt gem. § 117 Abs. 1 VVG von einer etwaigen Obliegenheitsverletzung des Versicherungsnehmers unberührt.
Versicherungsvertrag durch vorübergehende Stilllegung nicht beendet
Die Stilllegung beendet den Versicherungsvertrag nicht. Der Haftpflichtversicherungsschutz bleibt unverändert bestehen.
(OLG Dresden, Beschluss v. 19.07.2021, 4 W 475/21).
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Hintergrund: Feststellung zum Ersatz zukünftigen Schadens
Nach höchstrichterlicher Rechtsprechung ist eine Klage auf Feststellung der Verpflichtung zum Ersatz künftiger Schäden zulässig, wenn die Möglichkeit eines Schadenseintritts besteht. Ein Feststellungsinteresse (§ 256 Abs. 1 ZPO) ist nur zu verneinen, wenn aus der Sicht des Geschädigten bei verständiger Würdigung kein Grund gegeben ist, mit dem Eintritt eines Schadens wenigstens zu rechnen (BGH, Urteile vom 9.1.2007 - VI ZR 133/06, NJW-RR 2007, 708, 709; vom 16.1.2001 - VI ZR 381/99, NJW 2001, 1431, 1432).
Auszug aus dem OLG-Beschluss v. 19.07.2021, 4 W 475/21.
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