Autodiebstahl: Was Betroffene nachweisen müssen, damit die Versicherung zahlt
Ein Mann hatte sein Auto abends gegenüber von seinem Wohnhaus geparkt. Am nächsten Morgen war das Fahrzeug seinen Aussagen zu Folge nicht mehr da. Er meldete es als gestohlen und forderte von seiner Kaskoversicherung den Ersatz des Schadens – in diesem Fall die Erstattung des Neupreises des Fahrzeugs. Die Neuwertentschädigung griff laut den Versicherungsbedingungen bei einem Fahrzeugverlust innerhalb von 36 Monaten.
Kaskoversicherer unterstellt vorgetäuschten Diebstahl und weigert sich zu zahlen
Der Kaskoversicherer weigerte sich zu zahlen. Er unterstellte dem Versicherungsnehmer, den Diebstahl nur vorgetäuscht zu haben. Das OLG Dresden sah allerdings keine ausreichenden Indizien für diese Vermutung. Insbesondere deshalb nicht, weil ein Mann ein Jahr nach dem Vorfall unter anderem rechtskräftig wegen des Diebstahls des Autos verurteilt worden war.
Was ein Versicherungsnehmer beim Diebstahl seines Autos nachweisen können muss
Der Mann hat nach Überzeugung des Gerichts nachweisen können, dass ein Versicherungsfall im Sinne der zwischen den Parteien vereinbarten Allgemeinen Versicherungsbedingungen für die Kfz-Versicherung eingetreten ist. Der Kläger müsse hierfür nicht den behaupteten Diebstahl an sich beweisen. Es genüge vielmehr, dass er das äußere Bild einer bedingungsgemäßen Entwendung nachweise.
Konkret: Es ist ausreichend, wenn der Versicherungsnehmer nachweist, dass das versicherte Fahrzeug zu einem bestimmten Zeitpunkt an einem bestimmten Ort abgestellt wurde und zu einem späteren bestimmten Zeitpunkt an diesem Ort nicht wieder aufgefunden werden konnte.
Die Versicherung kann sich auch nicht auf eine Verletzung der Obliegenheitspflichten – hier der Aufklärungspflicht – des Versicherungsnehmers berufen. Der Bestohlene hatte eine falsche Kilometerleistung seines Fahrzeugs angegeben, 34.000 Kilometer anstatt der tatsächlichen 43.000 Kilometer, was einer Abweichung von immerhin 27 Prozent entspricht.
Falsche Angaben zum Kilometerstand des Fahrzeugs im konkreten Fall ohne Konsequenz …
Der Mann hatte allerdings bei der Polizei kenntlich gemacht, dass er die genaue Laufleistung seines Autos nicht kenne und er sie aufgrund des bei der letzten Inspektion festgehaltenen Kilometerstandes grob geschätzt habe. Das Gericht Dresden kam zu der Einschätzung, dass die Frage, ob eine grobe Fahrlässigkeit oder nur eine Fahrlässigkeit vorliege, in diesem Fall im Ergebnis offenbleiben könne.
…weil dem Versicherer keine konkreten Nachteile entstanden sind
Einer Leistungskürzung oder gar einer Leistungsfreiheit des Versicherers stehe entgegen, dass eine etwaige Verletzung der Aufklärungspflicht im konkreten Fall zu keinen konkreten Nachteilen für den Versicherer geführt habe. Konkret: Die angegebene Laufleistung führt zu keiner Minderung der aufgrund des Versicherungsfalls geschuldeten Versicherungsleistung, da sie keinen Einfluss auf die gemäß den Versicherungsbedingungen (A.2.5.1.2 AKB) geschuldete Neuwertentschädigung hat.
(OLG Dresden, Beschluss v. 20.6.2022, 4 U 87/22)
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