Wer haftet für Schäden durch Explosion einer Batterie eines Elektrorollers?
Der BGH hatte über die Klage eines Gebäudeversicherers gegen den Haftpflichtversicherer eines Elektrorollers zu entscheiden. Die Parteien stritten über die Haftung für Gebäudeschäden, die durch die Explosion einer aus dem Elektromobil ausgebauten Batterie entstanden waren.
Gebäudebrand durch Explosion der Batterie
Ein Versicherungsnehmer der beklagten Versicherung hatte seinen Elektroroller zur Inspektion in eine Werkstatt gebracht. Dort baute ein Mitarbeiter die Batterie des Rollers aus und begann, sie aufzuladen. Er bemerkte eine starke Erhitzung der Batterie, trennte sie vom Stromnetz und legte sie zum Abkühlen auf den Werkstattboden. Dort explodierte die Batterie und setzte das Gebäude in Brand.
Gebäudeversicherung fordert Regress vom Haftpflichtversicherer des Motorrollers
Der Gebäudeversicherer nahm den Haftpflichtversicherer des Rollers aus abgetretenem Recht auf Schadensersatz in Anspruch. Die Klage blieb in allen Instanzen erfolglos. Der BGH verneinte – wie schon die Vorinstanzen – eine Eintrittspflicht des Haftpflichtversicherers. Der Gebäudeschaden sei nicht beim Betrieb des Elektrorollers entstanden und löse daher keine Halterhaftung aus.
Halterhaftung für Schäden beim Betrieb des Kraftfahrzeugs
Voraussetzung der sich aus § 7 Abs. 1 StVG ergebenden Haftung des Fahrzeughalters für Schäden ist, dass eines der dort genannten Rechtsgüter „bei dem Betrieb eines Kraftfahrzeugs“ verletzt worden ist. Diese Haftungsregelung ist laut BGH „der Preis dafür, dass durch die Verwendung eines Kraftfahrzeugs in erlaubter Weise eine Gefahrenquelle eröffnet wird“.
Wertende Betrachtungsweise
Aus diesem inneren Sinn der Halterhaftung folgert der BGH, dass ein Schaden im Sinne des § 7 Abs. 1 StVG beim Betrieb eines Kraftfahrzeugs entstanden ist, wenn sich in dem eingetretenen Schaden die von dem Kraftfahrzeug typischerweise ausgehenden Gefahren verwirklicht haben. Für die Beurteilung sei eine wertende Betrachtung erforderlich. Der Schaden müsse auf einer Auswirkung derjenigen Gefahren beruhen, für die die Geschädigten nach dem Sinn dieser Haftungsvorschrift schadlos gehalten werden sollen.
Zurechnung der Betriebsgefahr nur bei örtlichem und zeitlichem Zusammenhang
Nach Auffassung des BGH setzt die Zurechnung der Betriebsgefahr im Sinne des § 7 Abs. 1 StVG danach einen örtlichen und zeitlichen Zusammenhang mit einem bestimmten Betriebsvorgang oder einer bestimmten Betriebseinrichtung des Kraftfahrzeugs voraus (BGH, Urteile v. 20.10.2020, VI ZR 319/18 u. VI ZR 374/19).
Werkstattinspektion unterbricht Zurechnungszusammenhang nicht
Nach der Entscheidung des BGH wird dieser Zurechnungszusammenhang grundsätzlich nicht dadurch unterbrochen, dass ein Kraftfahrzeug zur Inspektion in eine Werkstatt gebracht wird. Für die Halterhaftung nach § 7 Abs. 1 StVG mache es keinen Unterschied, ob sich ein Brand oder eine Explosion während des Fahrbetriebs oder unabhängig vom Fahrbetrieb vor oder nach einer Fahrt ereignet. Auch ein unabhängig von einem Betriebsvorgang auftretender technischer Defekt könne die Halterhaftung nach § 7 Abs. 1 StVG auslösen.
Batterie gehörte nach Ausbau nicht mehr zu den Betriebseinrichtungen des Rollers
Bei der gebotenen wertenden Betrachtung komme es darauf an, dass das Schadenereignis durch das Kraftfahrzeug selbst oder durch die von ihm ausgehenden Gefahren mitgeprägt werde. Im konkreten Fall sei nicht davon auszugehen, dass die Erhitzung und anschließende Explosion der Batterie in einem örtlichen und zeitlichen Zusammenhang mit dem Betrieb bzw. einer Betriebseinrichtung des Fahrzeugs gestanden habe. Die ausgebaute Batterie habe keine Verbindung mehr zu dem Elektroroller gehabt. Die Situation sei vergleichbar mit einer neuen Batterie vor dem Einbau in einen Roller. In beiden Fällen sei die Batterie nicht Teil der Betriebseinrichtung des Elektrorollers.
Entladung der Batterie durch Rollerbetrieb begründet keine Zurechnung
Auch der Umstand, dass die Batterie zunächst in das Elektromobil eingebaut und während des Betriebs entladen wurde, begründet nach Ansicht des BGH nicht den erforderlichen Zurechnungszusammenhang.
Halterhaftung scheidet nach jedem rechtlichen Gesichtspunkt aus
Im Ergebnis kam eine Haftung des Versicherers des Fahrzeughalters nach der Entscheidung des BGH nicht in Betracht. Die Regressklage der Gebäudeversicherung blieb damit ohne Erfolg.
(BGH, Urteil v. 24.1.2023, VI ZR 1234/20)
-
Italienische Bußgeldwelle trifft deutsche Autofahrer
2.172
-
Wohnrecht auf Lebenszeit trotz Umzugs ins Pflegeheim?
1.7342
-
Gerichtliche Ladungen richtig lesen und verstehen
1.635
-
Klagerücknahme oder Erledigungserklärung?
1.613
-
Überbau und Konsequenzen – wenn die Grenze zum Nachbargrundstück ignoriert wurde
1.471
-
Wie kann die Verjährung verhindert werden?
1.400
-
Brief- und Fernmelde-/ Kommunikationsgeheimnis: Was ist erlaubt, was strafbar?
1.368
-
Wann muss eine öffentliche Ausschreibung erfolgen?
1.305
-
Verdacht der Befangenheit auf Grund des Verhaltens des Richters
1.136
-
Formwirksamkeit von Dokumenten mit eingescannter Unterschrift
1.0461
-
Nachweis des E-Mail-Empfangs nur per Lesebestätigung
13.11.2024
-
Wohngebäudeversicherer verlangt in seinen AGB pauschal das Einhalten von Sicherheitsvorschriften
25.10.2024
-
Bundestag verabschiedet das IV. Bürokratieentlastungsgesetz
15.10.2024
-
Mehr Kompetenzen für Gerichtsvollzieher
09.10.2024
-
Muss die Hausratversicherung bei einem Wasserschaden die Hotelkosten zahlen?
07.10.2024
-
Ausschlussklauseln in Versicherungsbedingungen müssen verständlich sein
09.09.2024
-
Forderungsinkasso per SMS ist nicht per se unzulässig
03.09.2024
-
Unzulässiger Verweis in Werbebrief auf AGB im Internet
19.08.2024
-
Wie weit reicht die Verkehrssicherungspflicht von Gastwirten?
08.08.2024
-
Keine beliebig langen Lieferzeiten beim Autokauf
06.08.2024