Leitsatz (amtlich)

Eine Divergenz, die die Zulassung der Revision erfordert und einer Zurückweisung der Berufung durch Beschluss entgegensteht, erfordert die Abweichung zu dem von einem anderen Obergericht aufgestellten Rechtssatz. Bei einer unterschiedlichen Würdigung des Sachverhalts in tatsächlicher Hinsicht liegt sie hingegen nicht vor; hierzu zählt auch die Frage, ob eine bestimmte Formulierung in den Beitragserhöhungsschreiben eines Krankenversicherers den in der Rechtsprechung entwickelten Anforderungen genügt.

 

Verfahrensgang

LG Leipzig (Aktenzeichen 03 O 1582/21)

 

Tenor

1. Die Berufung des Klägers wird zurückgewiesen.

2. Die Kosten des Berufungsverfahrens trägt der Kläger.

3. Dieser Beschluss und das angefochtene Urteil sind vorläufig vollstreckbar.

4. Der Gegenstandswert des Berufungsverfahrens wird auf bis zu 6.000,00 EUR und der des landgerichtlichen Verfahrens auf bis zu 12.000 EUR festgesetzt.

 

Gründe

Die zulässige Berufung des Klägers ist nach § 522 Abs. 2 ZPO ohne mündliche Verhandlung durch - einstimmig gefassten - Beschluss zurückzuweisen.

Sie bietet in der Sache offensichtlich keine Aussicht auf Erfolg. Die Rechtssache hat auch weder grundsätzliche Bedeutung noch erfordert die Fortbildung des Rechts oder die Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung eine Entscheidung des Berufungsgerichts durch Urteil. Auch andere Gründe gebieten eine mündliche Verhandlung nicht.

1. Wegen der Begründung nimmt der Senat auf seinen Hinweisbeschluss vom 22.08.2022 Bezug. Die Stellungnahme des Klägers vom 22.09.2022 rechtfertigen keine andere Beurteilung.

Es verbleibt dabei, dass in der Zusammenschau der übersandten Unterlagen, die Beitragserhöhung ausreichend begründet wird i.S.v. § 203 Abs. 5 VVG. Dem Versicherungsnehmer werden die gestiegenen Versicherungsleistungen als auslösender Faktor hinreichend klar beschrieben. Hierbei ist es nicht erforderlich, diesen Begriff zu verwenden. Es genügt vielmehr, in verständlicher Weise dem Versicherungsnehmer mitzuteilen, was der maßgebliche Grund für die Erhöhung ist. Schon aus der Formulierung "der wichtigste Grund sind die gestiegenen Gesundheitskosten" wird ein durchschnittlicher Versicherungsnehmer daher ohne weiteres entnehmen können, dass der Versicherer für die in Anspruch genommenen Leistungen mehr bezahlen musste. Die Sterbewahrscheinlichkeit wird in den jeweiligen Anschreiben nicht erwähnt. Der Schwellenwertmechanismus wird ihm in dem beigelegten Informationsblatt ausreichend klar erläutert. Insoweit genügt eine allgemeine Beschreibung des Anpassungsmechanismus. Die Tarifbezogenheit ergibt sich aus dem Nachtrag zum Versicherungsschein und der Zusammenschau der Unterlagen. Dem Versicherungsschein kann der Versicherungsnehmer entnehmen, bei welchem der Tarife die aktuelle Überprüfung, eine Änderung ergeben hat.

Der Umstand, dass der Bundesgerichtshof und andere Oberlandesgerichte eine gleich- oder ähnlich lautende Prämienanpassung zum 01.04.2015 und/oder zum 01.04.2017 für nicht wirksam gehalten haben, zwingt zu keiner anderen Beurteilung. Denn die Beurteilung obliegt im konkreten Fall nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofes dem Tatrichter. Der Senat hat bereits in seinem Hinweisbeschluss ausgeführt, dass der Umstand, dass der Bundesgerichtshof in seinen Urteilen vom 23.06.2021 (IV ZR 250/20 - juris) und vom 21.07.2021 (IV ZR 191/20 - juris) bei einer vergleichbar lautenden Mitteilung vom Februar 2017 eine andere Bewertung des Oberlandesgerichtes Köln revisionsrechtlich nicht beanstandet hat, nicht im Umkehrschluss bedeutet, dass sich jede andere Bewertung verbietet.

Es besteht keine Veranlassung, die Revision mit Blick auf abweichende Entscheidungen anderer Oberlandesgerichte zuzulassen, § 543 Abs. 2 ZPO.

Eine Divergenz liegt nicht vor. Von einer Divergenz ist vielmehr nur dann auszugehen, wenn den Entscheidungen einander widersprechende abstrakte Rechtssätze zugrunde liegen (vgl. BGH, Beschluss vom 09.07.2007 - II ZR 95/06 - juris). Eine Abweichung in diesem Sinne liegt nur vor, wenn die anzufechtende Entscheidung ein- und dieselbe Rechtsfrage anders beantwortet als die Vergleichsentscheidung, mithin einen Rechtssatz aufstellt, der sich mit einem in der Vergleichsentscheidung aufgestellten und diesen tragenden Rechtssatz nicht deckt (vgl. BGH, Beschluss vom 12.01.2022 - VII ZR 491/21 - juris). Eine Divergenz liegt dagegen nicht vor, wenn die gegenteiligen Urteile auf der Würdigung des jeweiligen vorgetragenen Sachverhaltes in tatsächlicher Hinsicht beruhen (vgl. hierzu BGH, Beschluss vom 09.07.2007 - II ZR 95/06 - juris). Der Senat weicht weder von den Grundsätzen, die der Bundesgerichtshof für die Bewertung der maßgeblichen Gründe i.S.v. § 203 Abs. 5 VVG aufgestellt hat, noch von denen anderer Oberlandesgerichte ab. Die Abweichung beruht allein auf der anderen tatsächlichen Wertung des Sachverhaltes.

Die von der Klägerseite zitierte Entscheidung des Oberlandesgerichtes München vom 04.08.2022 (14 U 870/22) rechtfertigt keine andere Beurteilung, denn das Oberla...

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