Leitsatz (amtlich)
1. Zum notwendigen Begründungsumfang einer Mitteilung über die Beitragserhöhung in der privaten Krankenversicherung gehören die veränderte Rechnungsgrundlage und die Angabe, dass ein vorab festgelegter Schwellenwert, der aber nicht im Einzelnen benannt werden muss, überschritten sind.
2. Nicht ausreichend ist es, wenn als Gründe für die Beitragssteigerung die "Änderung der Versicherungsleistungen, ein geringerer Rechnungszins und die gesteigerte Lebenserwartung" genannt werden, ohne dass deutlich gemacht wird, welcher Umstand für die Prämienanpassung letztlich entscheidend war.
3. Aus der Erwähnung von "Gesundheitskosten" unter Hinweis auf die Weiterentwicklung von Diagnose- und Therapiemethoden als Grund für eine Beitragserhöhung kann der Versicherungsnehmer demgegenüber schließen, dass hiermit der auslösende Faktor Versicherungsleistungen gemeint ist.
Verfahrensgang
LG Dresden (Aktenzeichen 8 O 2351/21) |
Tenor
1. Der Senat beabsichtigt, die Berufung des Klägers gegen das Urteil des Landgerichts Dresden vom 29. März 2022 ohne mündliche Verhandlung durch Beschluss zurückzuweisen.
2. Der Kläger hat Gelegenheit innerhalb von zwei Wochen Stellung zu nehmen. Er sollte allerdings die Rücknahme der Berufung in Erwägung ziehen.
3. Der Termin zur mündlichen Verhandlung vom 30. August 2022 wird aufgehoben.
Gründe
Der Senat beabsichtigt, die zulässige Berufung nach § 522 Abs. 2 ZPO ohne mündliche Verhandlung durch - einstimmig gefassten - Beschluss zurückzuweisen. Die zulässige Berufung des Klägers bietet in der Sache offensichtlich keine Aussicht auf Erfolg. Die Rechtssache hat auch weder grundsätzliche Bedeutung noch erfordert die Fortbildung des Rechts oder die Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung eine Entscheidung des Berufungsgerichts durch Urteil. Auch andere Gründe gebieten eine mündliche Verhandlung nicht.
I. Das Landgericht hat die Klage zu Recht abgewiesen.
Im Berufungsverfahren stehen nach der Berufungsbegründung lediglich noch die Beitragsanpassungen im Tarif VollMed Aktiv zum 01. April 2013, 01. April 2016, 01. April 2017 und 01. April 2018 sowie Zahlungsansprüche ab 01. Januar 2018 im Streit. Nachdem jedoch sowohl die Beitragserhöhungen zum 01. April 2018 als auch zum 01. April 2017 formell wirksam sind, kann dahinstehen, ob die Mitteilungen aus den Jahren 2013 sowie 2016 den formellen Anforderungen des § 203 Abs. 5 VVG genügen, da die Mitteilungen aus 2017 sowie 2018 ab dem Zeitpunkt ihrer Wirksamkeit die Rechtsgrundlage für den Prämienanspruch in seiner gesamten Höhe bilden und auch die Prämienanteile aus vorherigen (ggf.) unwirksamen Anpassungen umfassen (vgl. BGH, Urteil vom 10. März 2021, Az. IV ZR 353/19 - juris; Senat, Urteil vom 25. Januar 2022, Az. 4 U 1692/21 - juris).
1. Die Beitragsanpassung bezüglich des Tarifs Vollmed Aktiv mit Erhöhungsverlangen zum 01. April 2018 entspricht den formellen Anforderungen des § 203 Abs. 5 VVG.
a) Nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs (Urteile vom 16. Dezember 2020, Az. IV ZR 294/19 und IV ZR 314/19 - juris; Urteil vom 20. Oktober 2021, Az. IV ZR 148/20 - juris) erfordert die Mitteilung der maßgeblichen Gründe für die Neufestsetzung der Prämie nach § 203 Abs. 5 VVG die Angabe der Rechnungsgrundlage, deren nicht nur vorübergehende Veränderung die Neufestsetzung nach § 203 Abs. 2 Satz 1 VVG veranlasst hat. Der Gesetzeswortlaut sieht die Angabe der "hierfür maßgeblichen Gründe" vor und macht damit deutlich, dass sich diese auf die konkret in Rede stehende Prämienanpassung beziehen müssen; eine allgemeine Mitteilung, die nur die gesetzlichen Voraussetzungen der Beitragserhöhung wiedergibt, genügt danach nicht (so BGH, Urteil vom 16. Dezember 2020, Az. IV ZR 294/16, Rdnr. 26 - juris). Zugleich folgt aus dem Wortlaut "maßgeblich", dass nicht alle Gründe genannt werden müssen, sondern lediglich die für die Prämienanpassung entscheidenden Umstände. In diesem Sinne entscheidend ist nur, ob eine Veränderung der erforderlichen gegenüber den kalkulierten Versicherungsleistungen oder Sterbewahrscheinlichkeiten die in den § 155 Abs. 3 und 4 VAG oder in den Allgemeinen Versicherungsbedingungen geregelten Schwellenwerte überschreitet oder nicht. Dagegen ist die konkrete Höhe der Veränderung der Rechnungsgrundlagen, der Umfang der Überschreitung des Schwellenwerts oder die Angabe, ob sich der überschrittene Schwellenwert aus dem Gesetz oder den Versicherungsbedingungen ergibt, zur Information des Versicherungsnehmers nicht erforderlich (vgl. BGH a.a.O.; BGH, Urteil vom 21. Juli 2021, Az. IV ZR 191/20 - juris; OLG Celle, Urteil vom 13. Januar 2022, Az. 8 U 134/21 - juris). Ferner ist über die Nennung der Rechnungsgrundlage hinaus ein ausdrücklicher Hinweis auf eine nicht nur vorübergehende Veränderung dieser nicht geboten (vgl. dazu nur OLG Karlsruhe, Urteil vom 17. Februar 2022, Az. 12 U 202/21; OLG Stuttgart, Urteil vom 04. November 2021, Az. 7 U 204/21 - juris). Vielmehr gehört neben der veränderten Rechnungsgrundlage lediglich die Angabe, dass ein vo...