Leitsatz (amtlich)
Maßgeblich ist für die anwaltliche Vergütung das RVG, wenn der Rechtsanwalt zunächst nur beauftragt war, einen PKH-Antrag zu stellen und erst nach dem 1.7.2004 PKH gewährt wird, denn der Auftrag für das Verfahren steht regelmäßig unter der Bedingung der positiven PKH-Entscheidung.
Verfahrensgang
AG Döbeln (Beschluss vom 29.01.2007; Aktenzeichen 1 F 0106/04) |
Tenor
Auf die Beschwerde des Bevollmächtigten des Klägers wird der Beschluss des AG - FamG - Döbeln vom 29.1.2007 aufgehoben und über die bisher bewilligte Vergütung von 720,36 EUR hinaus auf weitere 236,64 EUR festgesetzt.
Das Verfahren über die Beschwerde ist gerichtsgebührenfrei. Kosten werden nicht erstattet.
Gründe
I. Das Rechtsmittel ist zulässig.
Unabhängig von der Frage, ob dazu die Vorschriften der BRAGO oder des RVG Anwendung finden, ist dies der Fall, da in beiden Bereichen die Zulässigkeitsvoraussetzungen erfüllt sind. Der Beschwerdewert von 50 EUR (§ 128 Abs. 4 Satz 1 BRAGO) bzw. 200 EUR (§ 33 Abs. 3 Satz 1 RVG) wird erreicht. Die Beschwerde ist auch innerhalb der strengeren zweiwöchigen Frist des § 33 Abs. 3 Satz 3 RVG eingelegt worden.
II. Das Rechtsmittel ist auch begründet.
Die Vergütung des dem Kläger beigeordneten Rechtsanwalts richtet sich vorliegend nach den Vorschriften des RVG.
Nach der Übergangsvorschrift des § 61 Abs. 1 Satz 1 RVG sind die BRAGO und Verweisungen hierauf weiter anzuwenden, wenn der unbedingte Auftrag zur Erledigung derselben Angelegenheit i.S.v. § 15 RVG vor dem 1.7.2004 erteilt oder der Rechtsanwalt vor diesem Zeitpunkt gerichtlich bestellt oder beigeordnet worden ist.
Da die Beiordnung des Klägervertreters jedenfalls nach dem 1.7.2004, nämlich mit Beschluss vom 4.3.2005 erfolgt ist, kommt es vorliegend auf die Entscheidung der Frage an, ob der unbedingte Auftrag für das Klageverfahren bereits vor dem 1.7.2004 erfolgt ist. Aus dem Prozesskostenhilfebeschluss vom 4.3.2005 ergibt sich nicht, ob die Beiordnung bereits zu einem früheren Zeitpunkt wirken sollte. Da § 61 Abs. 1 Satz 1 RVG jedoch allein auf den Zeitpunkt des Erlasses des Beiordnungsbeschlusses abstellt, kann auch die exakte Bedeutung des Beschlusstenors dahinstehen. Es kommt dann auf die Frage, welcher Zeitpunkt gemeint ist, wenn das AG im Bewilligungsbeschluss für eine beabsichtigte Klage in der Fassung eines Schriftsatzes vom 8.2.2005 Prozesskostenhilfe mit Wirkung "ab Antragstellung", nicht an.
Der Einwand des Klägervertreters, vor dem 1.7.2004 nur mit der Stellung des Prozesskostenhilfeantrages beauftragt gewesen zu sein und den Verfahrensantrag unter der Bedingung der positiven Prozesskostenhilfeentscheidung erteilt zu haben, ist für den vorliegenden Fall anzunehmen. Zwar wurde mit Schriftsatz vom 18.3.2004 in einem Schriftsatz eine Klage eingereicht und zugleich Prozesskostenhilfe beantragt, ohne ausdrücklich zu erklären, dass die Klage nur bei Bewilligung von Prozesskostenhilfe eingereicht werden sollte. Jedoch ist unter Berücksichtigung des regelmäßig auf eine wirtschaftlich günstige Behandlung ausgerichteten Willen des Mandanten grundsätzlich davon auszugehen, dass erst nach Bewilligung der Prozesskostenhilfe der entsprechende Sachantrag als eingereicht gelten soll und der Prozessauftrag bis dahin befristet ist (vgl. KG v. 15.11.2005 - 1 W 360/05, KGReport Berlin 2006, 153 = MDR 2006, 477; AG Tempelhof-Kreuzberg, Jurbüro 2005, 365). Dies ist auch für den vorliegenden Fall anzunehmen, denn auch bei einer Angelegenheit können mehrere selbständige Aufträge vorliegen (vgl. KG, a.a.O.; a.A. OLG Köln v. 25.7.2005 - 25 WF 106/05, OLGReport Köln 2005, 586).
Auch im vorliegenden Fall handelt es sich bei dem Prozessauftrag nicht lediglich um die bedingte Erweiterung eines unbedingt erteilten Auftrags, sondern um einen selbständigen, durch die Beiordnung bedingten Auftrag, während der unbedingte Auftrag durch die Bewilligung der Prozesskostenhilfe seine Erledigung gefunden hat. Sowohl nach altem wie nach neuem Recht werden für das Prozesskostenhilfe- und das Hauptsacheverfahren unterschiedliche Gebühren ausgelöst. Dass die Gebühr für das Prozesskostenhilfeverfahren auf die Verfahrensgebühr anzurechnen, steht dem nicht entgegen. Maßgeblich ist, dass beide Gebühren ohne Weiteres voneinander abgegrenzt werden können.
Auch das AG Döbeln hat die Klageschrift lediglich als Prozesskostenhilfeantrag gewertet, denn aus den nachfolgenden Verfügungen bei formloser Übersendung des Gesuchs und auch in späteren Verfügungen wurde auf den Prozesskostenhilfeantrag und das entsprechende Prozesskostenhilfeprüfungsverfahren hingewiesen. Auch die Gegenseite hat auf einen " Prozesskostenhilfeantrag" mit Schriftsatz vom 18.3.2004 Stellung genommen.
Da weitere Einwendungen seitens des Beschwerdeführers nicht geltend gemacht wurden und auch nicht ersichtlich sind, kann der Klägervertreter an Gebühren und Auslagen nach dem RVG insgesamt 957 EUR berechnen, sodass über die angefochtene Festsetzung hinaus weitere Gebühren und Auslagen i.H.v. 236,64 EUR festzusetzen sind.
III. ...