Entscheidungsstichwort (Thema)

Festsetzung der Vergütung eines Vormundes

 

Leitsatz (amtlich)

Jeder Antrag eines Vormundes auf Festsetzung einer Vergütung ist als selbständiges Verfahren i.S.v. Art. 111 Abs. 1 und 2 FGG-Reformgesetz zu behandeln. Maßgebend für die Rechtsanwendung ist der Eingangszeitpunkt des Festsetzungsantrages bei Gericht.

 

Normenkette

FGG-RG Art. 111 Abs. 1-2

 

Verfahrensgang

AG Hoyerswerda (Aktenzeichen VII 67/07)

 

Tenor

Das Verfahren wird an das LG Bautzen zurückgegeben.

 

Gründe

I. Die Beschwerdeführerin wurde in 2007 zum Vormund bestellt. Sie hat mehrere Anträge auf Festsetzung ihrer Vergütung gestellt, allein der letzte Antrag wurde nach dem 31.8.2009 eingereicht. Das AG hat als VormG in einem Beschluss vom 11.11.2009 die Vergütung insgesamt festgesetzt. In jenem Beschluss hat es die Beschwerde gem. "§ 56g FGG" zugelassen. Die Beschwerde des Vormundes hat es dem LG vorgelegt. Das LG hält sich für unzuständig und hat die Sache formlos an das OLG weitergeleitet.

II. Das LG ist zur Entscheidung über die sofortige Beschwerde berufen.

An sich kommt im Rechtsmittelverfahren sowohl eine Zuständigkeit des LG (für die bis zum 31.8.2009 eingereichten Festsetzungsanträge) als auch eine Zuständigkeit des OLG (für den nach diesem Zeitpunkt eingereichten Festsetzungsantrag vom 22.9.2009) in Betracht. Nachdem allerdings das VormG ausschließlich auf der Grundlage des alten Verfahrensrechts (§ 56g FGG) entschieden sowie die Sache dem LG vorgelegt hat, hat ausschließlich das LG über die Beschwerde zu entscheiden.

Der gegenteiligen Auffassung des LG vermag der Senat nicht beizutreten.

Das LG meint, mit dem Inkrafttreten des Gesetzes über das Verfahren in Familiensachen und in den Angelegenheiten der freiwilligen Gerichtsbarkeit (FamFG) seien die Vormundschaftsgerichte weggefallen, es seien nunmehr die Familiengerichte zuständig. Für Beschwerden gegen Entscheidungen des Familiengerichts sei aber das OLG zuständig.

Diese Auffassung ist nur bedingt richtig.

Das Verhältnis von altem und neuem Verfahrensrecht ist in der Übergangsvorschrift des Art. 111 Abs. 1 FGG-Reformgesetz geregelt. Dort bestimmt Satz 1, dass auf Verfahren, die vor dem 1.9.2009 eingeleitet worden sind oder deren Einleitung bis zu diesem Zeitpunkt beantragt wurde, weiter die vor Inkrafttreten des FGG-Reformgesetzes geltenden Vorschriften anzuwenden sind. Maßgeblich ist dabei der Zeitpunkt der Verfahrenseinleitung des erstinstanzlichen Verfahrens (mittlerweile st. Rspr. des BGH, vgl. nur BGH FamRZ 2010, 189; 192; 196; ausführlich hierzu OLG Dresden, Beschl. v. 20.10.2009, - 3 W 1077/09 -, veröffentlicht bei Juris). Keine Rolle spielt dagegen, ob die Vormundschaftsgerichte zum 1.9.2009 als aufgelöst zu betrachten sind oder ob sie vielmehr erst dann aufgelöst werden können, wenn die Altfälle abgeschlossen sind (so Zöller/Geimer, ZPO, 28. Aufl., Einl. FamFG Rz. 50; Musielak/Borth, FamFG, Einl. Rz. 101). Denn für vor dem 1.9.2009 eingeleitete Verfahren bleibt es nach mittlerweile ganz h.M. - unabhängig von der Frage nach der Gerichtsorganisation - beim alten Recht für sämtliche Bereiche des Verfahrens (Zuständigkeit, Rechtsmittel, Zuständigkeit des Rechtsmittelsgerichts).

Hinsichtlich des allein maßgeblichen Zeitpunktes der Verfahrenseinleitung ist bei sog. Bestandsverfahren - hierzu zählt eine laufende Vormundschaft - zu prüfen, inwieweit ein selbständiges Verfahren vorliegt. Für selbständige Verfahren, die vor dem 1.9.2009 eingeleitet worden sind, bleibt das VormG funktional nach Art. 111 Abs. 1 FGG-Reformgesetz und damit auch das LG für ein etwaiges Rechtsmittelverfahren zuständig.

Selbständig ist jedes gerichtliche Verfahren, das mit einer Endentscheidung abgeschlossen wird, Art. 111 Abs. 2 FGG-Reformgesetz. In der Empfehlung des Rechtsausschusses heißt es hierzu: "Abs. 2 stellt klar, dass in Bestandsverfahren wie Betreuung, Vormundschaft oder Beistandschaft jeder selbständige Verfahrensgegenstand, der mit einer durch Beschluss (§ 38 FamFG) zu erlassenden Endentscheidung zu erledigen ist, ein neues, selbständiges Verfahren begründet" (BT-Drucks. 16/11903, 61). Als Beispiele hierfür sind in der Gesetzbegründung genannt die gerichtliche Aufsichts- und Genehmigungstätigkeit im Rahmen einer Vormundschaft oder einer Betreuung. Auch jeder Festsetzungsantrag des Vormundes nach § 56g FGG oder § 168 FamFG ist als selbständiges Verfahren i.S.v. Art. 111 Abs. 1, 2 FGG-Reformgesetz zu bewerten. Denn jeder dieser Anträge ist durch eine als Beschluss zur erlassenden Entscheidung zu erledigen, vgl. § 56g FGG, §§ 168 Abs. 1, 38 FamFG.

Ausgehend von diesen Grundsätzen sind die vor dem 1.9.2009 eingereichten Festsetzungsanträge auf der Grundlage von § 56g FGG zu behandeln. Der Antrag vom 22.9.2009 fällt dagegen in den Anwendungsbereich des § 168 FamFG. Ob das AG trotz des Geltens unterschiedlicher Verfahrensordnungen (FGG einerseits, FamFG anderseits) gleichwohl die Verfahren stillschweigend nach § 20 FamFG verbinden und über alle Festsetzungsanträge einheitlich in einem Beschl...

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