Verfahrensgang
AG Görlitz (Aktenzeichen 3 F 505/18) |
Tenor
Auf die sofortige Beschwerde des weiteren Beteiligten zu 1. wird der Beschluss des Amtsgerichts - Familiengericht - Görlitz vom 30. November 2018 abgeändert.
Dem weiteren Beteiligten zu 1. wird für die erste Instanz derzeit ratenfreie Verfahrenskostenhilfe bewilligt und zur Vertretung Rechtsanwalt S. N., B., zu den Bedingungen eines im Bezirk des Verfahrensgerichts niedergelassenen Rechtsanwalts beigeordnet.
Gründe
Die zulässige sofortige Beschwerde ist begründet.
Das am ...2004 geborene Kind G. ... S. (weiterer Beteiligter zu 1.) ist im vorliegenden Verfahren nach § 1686 BGB, in dem auch subjektive Rechte des betroffenen Kindes nach bürgerlichem Recht zur Prüfung anstehen (vgl. auch Staudinger/Dürbeck [2019], § 1686 Rn. 11; Palandt/Götz, BGB, 78. Aufl., § 1686 Rn. 5) gemäß § 9 Abs. 1 Nr. 3 FamFG verfahrensfähig (vgl. auch Schulte-Bunert/Weinreich/Schöpflin, FamFG, 5. Aufl., § 9 Rn. 7) und kann somit sowohl einen Rechtsanwalt mit seiner Vertretung beauftragen als auch ein Verfahrenskostenhilfeverfahren betreiben (vgl. Thomas/Putzo/Hüßtege, ZPO, 39. Aufl., § 9 Rn. 6; Heiter, FamRZ 2009, 85, 88).
Es ist im vorliegenden Kindschaftsverfahren vom Familiengericht hinzuzuziehen (§ 7 Abs. 2 Nr. 1 FamFG) und somit formeller Verfahrensbeteiligter ("Muss-Beteiligter"; vgl. BGH, FamRZ 2011, 1789). Zur Wahrnehmung seiner (Verfahrens-)Rechte ist ihm auf seinen Antrag Verfahrenskostenhilfe unter Beiordnung seines Verfahrensbevollmächtigten zu bewilligen.
Der Beschwerdeführer ist bedürftig i.S. des § 114 ZPO. Die Beiordnungsvoraussetzungen des § 78 Abs. 2 FamFG sind gegeben. Danach wird einem Beteiligten auf seinen Antrag ein zur Vertretung bereiter Rechtsanwalt seiner Wahl beigeordnet, wenn wegen der Schwierigkeit der Sach- und Rechtslage die Vertretung durch einen Rechtsanwalt erforderlich erscheint. Vorliegend ist schon allein aufgrund des geringen Lebensalters des Beschwerdeführers von der Notwendigkeit einer Beiordnung seines Verfahrensbevollmächtigten auszugehen (vgl. auch OLG Bremen, FamRZ 2017, 1701, 1702). Zudem hat das Familiengericht dem Beschwerdeführer eine Verfahrensbeiständin beigeordnet und dadurch zum Ausdruck gebracht, dass es das verfahrensfähige Kind nicht für befähigt erachtet, seine Interessen selbst wahrzunehmen (vgl. auch OLG Stuttgart, FamRZ 2014, 1482, 1483).
Die Bestellung einer Verfahrensbeiständin durch das Familiengericht steht der Beiordnung des Rechtsanwalts nicht entgegen. Denn die Beiordnung geht der Bestellung eines Verfahrensbeistandes gemäß § 158 Abs. 5 FamFG vor. Nach dieser Vorschrift ist die Verfahrensbeistandschaft aufzuheben, wenn die Interessen des Kindes von einem Rechtsanwalt angemessen vertreten werden, was auch bei einer nachträglichen Beauftragung der Fall sein kann (vgl. OLG Stuttgart, aaO.; Zöller/Lorenz, ZPO, 32. Aufl., § 158 FamFG Rn. 9; siehe auch OLG Dresden - 22. ZS. -, FamRZ 2014, 1042, 1043). Die Beiordnung eines Rechtsanwalts gibt dem Beschwerdeführer Gelegenheit, sich als eigenständiger Verfahrensbevollmächtigter zur Kindeswohldienlichkeit der von seinem Vater begehrten Auskunft nach § 1686 BGB zu äußern.
Die Beiordnung des Rechtsanwalts wird auch nicht durch die Entscheidung des BGH vom 27.06.2018 (NJW 2018, 2962 = FamRZ 2018, 1512) ausgeschlossen. Denn dort war - anders als im vorliegenden Fall - die Beauftragung eines Rechtsanwalts durch das verfahrensfähige Kind (oder dessen Eltern) noch nicht erfolgt und damit die Vorschrift des § 158 Abs. 5 FamFG nicht anwendbar. Hinzu kommt, dass hier eine wirksame Vertretung des Beschwerdeführers durch die vom Familiengericht bestellte Verfahrensbeiständin angesichts des fehlenden Vertrauensverhältnisses nicht möglich erscheint (vgl. hierzu auch MüKoFamFG/Schumann, § 158 Rn. 43).
Allerdings war der Verfahrensbevollmächtigte des Beschwerdeführers im Hinblick auf das Mehrkostenverbot des § 78 Abs. 3 FamFG nur eingeschränkt zu den Bedingungen eines im Bezirk des Verfahrensgerichts niedergelassenen Rechtsanwalts beizuordnen. Eine ausdrückliche Zustimmung des Verfahrensbevollmächtigten zu dieser gebührenrechtlichen Einschränkung war nicht erforderlich (vgl. BGH, NJW 2006, 3783; Thomas/Putzo/Seiler, ZPO, 39. Aufl., § 121 Rn. 7).
Fundstellen
Haufe-Index 13139493 |
FamRZ 2019, 707 |
ZKJ 2019, 188 |