Leitsatz (amtlich)

1. Verspricht ein Versicherer eine Entschädigung, wenn "die zuständige Behörde aufgrund einer Erkrankung nach dem Infektionsschutzgesetz den Betrieb schließt", ist der Deckungsumfang nicht auf sog. intrinsische Gefahren beschränkt.

2. Eine Klausel in den Versicherungsbedingungen einer Betriebsschließungsversicherung, die meldepflichtige Erkrankungen als "die folgenden, im Infektionsschutzgesetz in den §§ 6 und 7 namentlich genannten Krankheiten und Krankheitserreger" definiert und diese sodann im Einzelnen auflistet, ist nach dem Verständnis eines durchschnittlichen Versicherungsnehmers als abschließend zu verstehen; eine Erstreckung auf Betriebsschließungen aufgrund von SARS-COV2/Covid-19 scheidet aus. Eine unangemessene Benachteiligung wegen einer Entkernung des Schutzgedankens der Betriebsschließungsversicherung liegt hierin nicht.

 

Verfahrensgang

LG Leipzig (Aktenzeichen 03 O 1344/20)

 

Tenor

1. Die Berufung der Klägerin gegen das Endurteil des Landgerichts Leipzig vom 21.01.2021 - Az.: 3 O 1344/20 - wird zurückgewiesen.

2. Die Klägerin trägt die Kosten des Berufungsverfahrens.

3. Das Urteils sowie das angefochtene Urteil sind vorläufig vollstreckbar. Die Klägerin kann die Vollstreckung wegen der Kosten durch Sicherheitsleistung i.H.v. 110 % des zu vollstreckenden Betrages abwenden, wenn nicht die Beklagte vor der Vollstreckung Sicherheit in gleicher Höhe leistet.

4. Die Revision wird zugelassen.

Beschluss:

Der Streitwert für das Berufungsverfahren wird auf 50.000,00 EUR festgesetzt.

 

Gründe

I. Die Klägerin begehrt Versicherungsleistungen aus einer Betriebsschließungsversicherung im Zusammenhang mit der Corona-Pandemie. Die Klägerin hat bei der Beklagten für das von ihr betriebene Lokal "B...", ... in ... eine Betriebsversicherung "Profi-Schutz Sach-Versicherung" mit Versicherungsbeginn zum 01.05.2016 (Versicherungsschein Nr. 00000000000/00, Anlage K 1) abgeschlossen. Zu den versicherten Risiken zählen auch Ertragsausfallschäden durch eine Betriebsschließung begrenzt auf eine Haftzeit von 30 Kalendertagen. Wegen der Einzelheiten wird auf S. 2 des Versicherungsscheines (Anlage K 1) verwiesen.

Mit vereinbart sind die dem Versicherungsvertrag zugrunde liegenden "Zusatzbedingungen für die Versicherung von Betrieben gegen Schäden aufgrund behördlicher Anordnung nach dem Infektionsgesetz (Betriebsschließung) - 2008 (ZBSV 08)" - im Folgenden: AVB. Diese enthalten unter anderem folgende Regelungen (Anlage K 4):

§ 2 Versicherte Gefahren

1. Versicherungsumfang

Der Versicherer leistet Entschädigung, wenn die zuständige Behörde aufgrund des Gesetzes zur Verhütung und Bekämpfung von Infektionskrankheiten beim Menschen (Infektionsschutzgesetz - IFSG) beim Auftreten meldepflichtiger Krankheiten oder Krankheitserreger (siehe Nr. 2).

a) den versicherten Betrieb oder eine versicherte Betriebsstätte zur Verhinderung der Verbreitung von meldepflichtigen Krankheiten oder Krankheitserregern beim Menschen schließt;

...

2. Meldepflichtige Krankheiten und Krankheitserreger

Meldepflichtige Krankheiten und Krankheitserreger i.S. dieser Zusatzbedingungen sind die folgenden, im Infektionsschutzgesetz in den §§ 6 und 7 namentlich genannten Krankheiten und Krankheitserreger:

a) Krankheiten:

...

(Anmerkung: Es folgt eine Aufzählung von 22 Krankheiten)

b) Krankheitserreger:

...

(Anmerkung: Es folgt eine Aufzählung von 50 Krankheitserregern)

....

§ 4 Ausschlüsse

...

3. Krankheiten und Krankheitserreger

Der Versicherer haftet nicht bei Prionenerkrankungen oder dem Verdacht hierauf.

Wegen der weiteren Einzelheiten wird ergänzend auf die AVB (Anlage K 4) Bezug genommen.

Nach Erlass der Allgemeinverfügung zum Vollzug des Infektionsschutzgesetzes wegen Maßnahmen anlässlich der Corona-Pandemie durch das Sächsische Staatsministerium für Soziales und gesellschaftlichen Zusammenhalt zeigte die Klägerin mit Schreiben vom 03.04.2020 die Schließung ihrer Gaststätte ab dem 21.03.2020 ab 18.00 Uhr an (Anlage K 11). Mit Schreiben vom 17.04.2020 (Anlage K 12) lehnte die Beklagte ihre Einstandspflicht ab. Die Klägerin macht die volle Haftzeit von 30 Tagen für den Zeitraum vom 22.03.220 bis 20.04.2020 geltend. Bei der Klageforderung handelt es sich um den von ihr errechneten Ertragsausfallschaden.

Wegen der weiteren Einzelheiten des Sachverhaltes wird auf den Tatbestand des angefochtenen Urteils Bezug genommen.

Die Klägerin vertritt die Ansicht, die dem Vertrag zugrunde liegenden AVB seien so auszulegen, dass umfassender Versicherungsschutz bei behördlich angeordneter Betriebsschließung aufgrund des Auftretens von Krankheiten nach dem Infektionsschutzgesetz gewährt werde, so dass die Beklagte nach der aufgrund der COVID-19-Pandemie erfolgten Betriebsschließung Versicherungsleistungen zu erbringen habe.

Das Landgericht hat die Klage mit der angefochtenen Entscheidung abgewiesen, auf deren Begründung wegen der Einzelheiten Bezug genommen wird.

Hiergegen wendet sich die Klägerin mit seiner Berufung, mit der er sein erstinstanzliches Begehren in vollem Umfang weiterverfolgt ...

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