Leitsatz (amtlich)
Für den der Behandlungsseite obliegenden Nachweis einer ordnungsgemäßen Aufklärung des Patienten ist regelmäßig eine Anhörung oder Zeugenvernehmung erforderlich. Sofern ausreichende Indizien bestehen, dass überhaupt ein Aufklärungsgespräch stattgefunden hat, kann es aber zur Überzeugungsbildung im Einzelfall ausreichen, wenn die ständige Praxis einer ausreichenden Aufklärung bewiesen wird.
Verfahrensgang
LG Leipzig (Aktenzeichen 07 O 1817/19) |
Tenor
I. Die Berufung des Klägers gegen das Urteil des Landgerichtes Leipzig vom 15.03.2021 - 7 O 1817/19 - wird zurückgewiesen.
II. Die Kosten des Berufungsverfahrens trägt der Kläger.
III. Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar. Der Kläger kann die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe von 110 % des zu vollstreckenden Betrages abwenden, wenn nicht die Beklagte vor der Vollstreckung Sicherheit in gleicher Höhe leistet.
IV. Die Revision wird nicht zugelassen.
Beschluss:
Der Streitwert des Berufungsverfahrens wird auf 30.880 EUR festgesetzt.
Gründe
I. Der Kläger begehrt Schmerzensgeld und Schadensersatz wegen fehlerhafter Behandlung eines Prostatakarzinoms.
Der am xx.xx.1956 geborene Kläger befand sich beim Beklagten zu 1) - einem Facharzt für Urologie - in ärztlicher Behandlung. Am 17.08.2018 zeigten sich auffällige Befunde nach sonographischer Untersuchung und bei der Bestimmung des PSA-Wertes. Der Beklagte zu 1) stellte die Diagnose zur Prostata-Biopsie und am 24.08.2018 unterzeichnete der Kläger einen Aufklärungsbogen. Am 28.08.2018 führte der Beklagte zu 1) die Biopsie durch. Am 30.08.2018 traten beim Kläger Fieber und Schüttelfrost auf, weshalb ihn der Beklagte zu 1) stationär in die Urologie des ...-Klinikums in B... einwies, wo er bis 06.09.2018 verblieb. Die Histologie ergab ein Prostata-Karzinom mittleren Risikos, bei einem PSA-Wert von 9,9 ng/ml. Im Ergebnis der Befundbesprechung sollte eine Strahlentherapie unter Begleitung einer Hormontherapie stattfinden. Mit der hormonablativen Behandlung wurde im Oktober 2018 begonnen. Er stellte sich bei der Beklagten zu 3) in der Ambulanz am 18.10.2018 und am 10.01.2019 zur Besprechung der weiteren Vorgehensweise vor und unterzeichnete am 28.10.2018 und am 10.01.2019 Aufklärungsbögen über die Strahlenbehandlung. Die Strahlentherapie wurde in der Zeit vom 22.01. bis 18.03.2019 durchgeführt. Der Kläger litt im Verlaufe der Therapie an vermehrter Miktions- und Stuhlgangsfrequenz. Wegen der Hormontherapie litt er unter anderem an Schweißausbrüchen und Hitzewallungen. Nach Abschluss der Strahlenbehandlung kam es am 05.04.2019 zu einer Makrohämaturie und Aufstau beider Nieren. Es wurden eine Harnblasentamponade ausgeräumt und ein Dauerkatheter gelegt.
Der Kläger hat behauptet, die Biopsie sei nicht indiziert gewesen, das Karzinom hätte vielmehr durch ein MRT gesichert werden müssen. Über die Risiken der Biopsie und Alternativen hierzu sei er nicht aufgeklärt worden. Der Beklagte zu 1) habe die Hygieneregeln nicht eingehalten, weshalb es zu einer Infektion gekommen sei. Die Hormontherapie sei ebenfalls nicht indiziert gewesen, er sei auch insofern nicht ausreichend über deren Risiken aufgeklärt worden. Die Behandlung durch die Beklagte zu 3) sei ebenfalls fehlerhaft erfolgt. Es seien nicht ausreichende Befunde erhoben worden und auf die konkrete Krankheitssituation und Beschwerden des Klägers während der Strahlentherapie nicht eingegangen worden. Auch über die Risiken der Bestrahlung und Behandlungsalternativen sei er nicht aufgeklärt worden. Die Behandlung durch die Beklagten habe zu zahlreichen Beschwerden unter anderem der Notwendigkeit eines Dauerkatheters geführt. Er habe Anspruch auf Schmerzensgeld von 15.000,00 EUR, Schadensersatz und Erstattung des Haushaltsführungsschadens.
Das Landgericht hat ein urologisches Gutachten des Sachverständigen Prof. Dr. F... eingeholt und die Klage mit Urteil vom 15.03.2021 abgewiesen.
Hiergegen richtet sich die Berufung des Klägers, mit der er im Wesentlichen sein erstinstanzliches Vorbringen wiederholt. Ergänzend behauptet er, dass das Landgericht die Frage, ob ein MRT eine echte Behandlungsalternative zur Biopsie gewesen wäre, fachmedizinisch hätte abklären müssen. Zu der Frage, ob die Bestrahlung dem Facharztstandard entsprechend durchgeführt worden sei, hätte ein radioonkologisches Sachverständigengutachten eingeholt werden müssen. Der beauftragte Sachverständige sei aber Facharzt für Urologie.
Der Kläger beantragt,
1. Das Urteil des Landgerichts Leipzig vom 15.03.2021, Aktenzeichen: 07 O 1817/19, wird abgeändert.
2. Die Beklagten werden als Gesamtschuldner verurteilt, an den Kläger als Gesamtschuldner verurteilt, an den Kläger ein angemessenes Schmerzensgeld zu zahlen, dessen Festsetzung der Höhe nach in das pflichtgemäße Ermessen des Gerichts gestellt wird, mindestens jedoch 15.000,00 EUR, nebst Zinsen aus dem zugesprochenen Schmerzensgeldbetrag in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz seit Rechtshängigkeit.
3. Die Beklagten werden als Gesamts...