Leitsatz (amtlich)

1. Bei einem Vertragsschluss im Antragsmodell ist ein Hinweis auf die Antragsbindefrist erforderlich; fehlt dieser, kommt der Vertrag im Policenmodell zustande.

2. Gravierende Umstände des Einzelfalles, die eine Berufung des Versicherungsnehmers auf eine fehlerhafte Belehrung ausschließen, liegen noch nicht darin, dass er wiederholt Vertragsänderungen hat vornehmen lassen, langjährig Prämien gezahlt, um eine Beitragsfreistellung ersucht oder wiederholt seine Anlagestrategie geändert hat. Auch die steuerliche Geltendmachung eines Lebensversicherungsvertrages kann bei dem Versicherer kein schutzwürdiges Vertrauen erwecken.

 

Verfahrensgang

LG Leipzig (Aktenzeichen 03 O 1729/17)

 

Tenor

I. Auf die Berufung des Klägers werden das Urteil des Landgerichts Leipzig vom 31.07.2018 - 3 O 1729/17 - aufgehoben und die Beklagte verurteilt, an den Kläger 21.696,15 EUR nebst Zinsen hieraus in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz seit dem 01.04.2017 zu zahlen.

Es wird festgestellt, dass der Beklagten aus der fondsgebundenen Versicherung des Klägers bei der Beklagten mit der Versicherungsschein Nr. Axx-xxx-xxx keine Ansprüche gegen den Kläger zustehen.

Im Übrigen werden die Klage abgewiesen und die weitergehende Berufung zurückgewiesen.

II. Von den Kosten des Rechtsstreites erster und zweiter Instanz tragen der Kläger 1/5 und die Beklagte 4/5.

III. Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar. Die Beklagte kann die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe von 110 % des zu vollstreckenden Betrages abwenden, wenn nicht der Kläger vor der Vollstreckung Sicherheit in gleicher Höhe leistet.

IV. Die Revision wird nicht zugelassen.

Beschluss:

Der Streitwert des Berufungsverfahrens wird auf 26.512,29 EUR festgesetzt.

 

Gründe

I. Der Kläger begehrt die bereicherungsrechtliche Rückabwicklung einer fondsgebundenen Lebensversicherung.

Er beantragte bei der Beklagten am 29.08.2006 den Abschluss einer fondsgebundenen Lebensversicherung mit Beitragsdynamik (Anlage B1). Unter Ziffer 13. des Antrages befindet sich zwischen zwei Unterschriftszeilen folgende Erklärung:

Mir ist bekannt, dass ich innerhalb einer Frist von 30 Tagen nach Zustellung der Versicherungspolice zurücktreten kann. Die Frist beginnt erst zu laufen, wenn ich den Versicherungsschein erhalten habe.

Der Antrag enthielt auf der Rückseite eine Rücktrittsbelehrung (Anlage B2, Bl. 80 d. A.). Die Beklagte nahm den Antrag an und übersandte die Versicherungspolice nebst Policenbegleitschreiben vom 08.09.2006 (Anlage B4, Bl. 186 d. A.). Der Kläger zahlte monatliche Raten in Höhe von 200,00 EUR, beginnend ab dem 01.10.2006 und leistete im Herbst 2006 eine freiwillige Zuzahlung in Höhe von 15.000,00 EUR, insgesamt 33.284,31 EUR. Im Jahr 2010 widersprach der Kläger der vorgesehenen Beitragserhöhung. Er änderte seine Anlagestrategie am 30.11.2011 (Anlage B3, Bl. 81 d. A.). Im Jahr 2014 stellte er den Vertrag beitragsfrei. Im Oktober 2014 erhielt er eine Teilauszahlung in Höhe von 12.706,57 EUR (Anlage K4, Bl. 35 d. A.). Mit Schreiben vom 17.03.2017 erklärte der Kläger den Widerspruch, hilfsweise Rücktritt vom Vertrag und forderte die Beklagte zur Rückzahlung von 24.262,90 EUR bis zum 31.03.2017 auf (Anlage K7, Bl. 40 d. A.).

Der Kläger hat die Auffassung vertreten, die Belehrung der Beklagten entspreche nicht den gesetzlichen Anforderungen. Zudem seien die Verbraucherinformationen unzureichend, weil sie keine Angaben zur Gesamtsumme, Antragsbindefrist, Sicherungseinrichtungen und Fondsinformationen enthielten. Er habe Anspruch auf Auszahlung der eingezahlten Prämien in Höhe von 20.577,74 EUR sowie Erstattung der gezogenen Nutzungen in Höhe von 4.911,34 EUR (Anlagen K6 und K9, Bl. 55 ff. d. A.). Der negative Feststellungantrag sei zulässig, denn die Beklagte gehe vom Fortbestand des Versicherungsvertrages aus und belaste das Anlagekonto fortlaufend mit vertraglichen Gebühren.

Die Beklagte meint, Angaben zu einer Antragsbindefrist seien nicht notwendig. Da sie in Liechtenstein ansässig sei, gehöre sie keinem inländischen Sicherungsfonds an und könne darüber auch nicht informieren. Ein eventuell bestehendes Rücktritts- oder Widerspruchsrecht sei jedenfalls verwirkt. Der Kläger habe sein Vertragsverhältnis aktiv gelebt, indem er seine Anlagestrategie geändert habe. Dies belege seinen Willen, am Vertrag festhalten zu wollen. Die Höhe der Nutzungsentschädigung sei nicht schlüssig dargelegt, zudem seien die der Berechnung zu Grunde liegenden Zahlen falsch. Der Kläger könne sich hier nicht an den Eigenkapitalrenditen orientieren, da die Beklagte mit Sitz im Fürstentum Liechtenstein keiner Spartenregelung unterliege. Ein Feststellungsinteresse fehle, denn der Klägervertreter wisse aus zahlreichen seiner Masseverfahren, dass die Beklagte den Ausgang eines jeden Rechtsstreites abwarte und bis dahin nichts unternehme.

Das Landgericht Leipzig hat mit Urteil vom 31.07.2018 - 3 O 1729/17 - auf das wegen der weiteren Einzelheiten Bezug genommen wird - die Klage abgewiesen und ange...

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