Leitsatz (amtlich)
Zur Verpflichtung einer Bank, einen geschäftserfahrenen Kreditinteressenten im Rahmen eines stillschweigend zustande gekommenen Beratungsvertrages, dessen Gegenstand der Abschluss eines Darlehensvertrages und eines darauf bezogenen Zinssicherungsgeschäfts ist, ungefragt darauf hinzuweisen, dass ein künftiges Auseinanderfallen der ursprünglich nach Laufzeit und Bezugsgrößen aufeinander abgestimmten Verträge (hier: Darlehensvertrag mit Festzinsvereinbarung und periodischer Zinsanpassung sowie Zinscollar-Vereinbarung) möglich ist, weil für den Darlehensvertrag ein gesetzliches Kündigungsrecht besteht, während dem Kreditnehmer im Zinscollarvertrag kein Recht zur unentgeltlichen Vertragsanpassung oder Lösung vom Vertrag eingeräumt wird.
Verfahrensgang
LG Leipzig (Urteil vom 07.03.2014; Aktenzeichen 05 O 2472/13) |
Tenor
1. Die Berufung der Klägerin gegen das Urteil des LG Leipzig vom 7.3.2014 - 5 O 2472/13 - wird auf ihre Kosten zurückgewiesen.
2. Dieses Urteil und das Urteil des LG Leipzig vom 7.3.2014 - 5 O 2472/13 - sind hinsichtlich der Kosten des Beklagten ohne Sicherheitsleistung vorläufig vollstreckbar. Die Klägerin kann die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung i.H.v. 115 % des vollstreckbaren Betrages abwenden, wenn nicht der Beklagte vor Vollstreckung Sicherheit i.H.v. 115 % des zu vollstreckenden Betrages leistet.
3. Die Revision wird nicht zugelassen.
Beschluss:
Der Gebührenstreitwert für das Berufungsverfahren wird auf 41.320,55 EUR festgesetzt.
Gründe
A. Die Klägerin begehrt von dem Beklagten die Erstattung des Betrages, den sie aufgrund einer für den Beklagten gegenüber der H. (nachfolgend: H.) übernommenen Garantie leistete.
Im Frühjahr 2007 fragte der Beklagte bei der Klägerin wegen der Gewährung eines Darlehens über 900.000 EUR zum Erwerb eines Unternehmensanteils nach. Anfang März 2007 erörterte die Klägerin mit dem Beklagten zunächst die grundsätzlichen Vor- und Nachteile verschiedener Darlehensvarianten, ob mit oder ohne Sicherungsgeschäft. Zu einem Darlehensangebot mit variablem Zinssatz stellten die Mitarbeiter der Klägerin dem Beklagten verschiedene Zinssicherungsgeschäfte (Payer, Zinsswap, Zinscap, Zinscollar) vor.
Im Ergebnis dieser Erörterungen schlossen die Parteien am 27.4.2007 einen Darlehensvertrag mit anfänglichem Festzins i.H.v. 5,78 %, der bis zum 30.4.2008 unveränderlich war. Zum 30.04. eines jeden Jahres sollte der Zinssatz entsprechend dem 12-Monats-EURIBOR zzgl. 1,5 Prozentpunkte p. a. angepasst werden. Die Tilgung sollte jährlich in Höhe eines Teilbetrages von 90.000 EUR, fällig am 30.04. jeden Jahres, erfolgen. Die Möglichkeit von Sondertilgungen wurde in dem Vertrag nicht vereinbart.
Unter dem gleichen Datum unterzeichnete der Beklagte mit der H. einen Rahmenvertrag für Finanztermingeschäfte sowie eine Zusatzvereinbarung zu diesem Rahmenvertrag. Unter dem 8.5.2007 bestätigte die H. dem Beklagten den Abschluss eines Zinscollars für einen variablen EURIBOR-Kredit mit einem Kreditbetrag von 900.000 EUR, einer Laufzeit von 10 Jahren und der Tilgung des Nominalbetrages i.H.v. jährlich 10 %, d.h. 90.000 EUR. Der Bezugsbetrag für den Zinscollar sollte sich demgemäß jeweils zum 30.04. eines Jahres um diesen Betrag vermindern. Eine Regelung, wonach im Falle der vorzeitigen (Teil-)Rückführung der Darlehensforderung die Bezugsbeträge entsprechend anzupassen seien, sahen die Verträge mit der H. nicht vor.
Des Weiteren beauftragte der Beklagte die Klägerin mit der Übernahme einer selbständigen, unbedingten und unwiderruflichen Garantie auf erste schriftliche Anforderung. Hierzu schlossen die Parteien am 27.4.2007 einen Avalkredit-Rahmenvertrag für Finanztermingeschäfte ab.
Durch eine außerordentliche Tilgung im September 2009 führte der Beklagte das Darlehen fast vollständig zurück, d.h. der Sicherungszweck des Zinscollars entfiel dadurch fast vollständig.
Nach weiteren Gesprächen und umfangreichem Schriftverkehr der Parteien beauftragte der Beklagte am 22.6.2011 die Klägerin mit der Auflösung des Zinscollars. Dies ist geschehen.
Die H. verlangt für den Zeitraum 30.4.2010 bis 29.4.2011 eine Ausgleichszahlung i.H.v. insgesamt 16.020,55 EUR und einen Auflösungsbetrag von 25.300 EUR. Diese Beträge wurden aufgrund der Garantievereinbarung von der Klägerin an die H. entrichtet. Sie nimmt nunmehr den Beklagten ihrerseits auf Ausgleich in Anspruch.
Die Klägerin verweist darauf, dass der Darlehensvertrag und der Zinscollar zwar inhaltlich aufeinander abgestimmt seien, rechtlich jedoch selbständige Verträge vorgelegen hätten. Hinsichtlich des Zinscollars habe der Beklagte eine feste Laufzeit vereinbart und sich im Falle einer vorzeitigen Beendigung zu einer Ausgleichszahlung verpflichtet. Etwaige diesbezügliche Fehlvorstellungen des Beklagten seien nicht auf ein pflichtwidriges Fehlverhalten ihrer Mitarbeiter zurückzuführen.
Der Beklagte wendet gegen die Forderung der Klägerin ein, ihm stünde ein Schadensersatzanspruch wegen Falschberatung zu. Er habe von Anfang an deutlich gemacht, dass ...