Leitsatz (amtlich)
1. Der Name einer Person ist auch bei Namensidentität mit Dritten ein personenbezogenes Datum, wenn die Identität durch Zusatzinformationen gesichert ist.
2. Gesetzliche Aufbewahrungspflichten stellen keine Rechtfertigung dar, um nicht rechtmäßig erhobene Daten dauerhaft speichern zu dürfen; es ist Aufgabe des Aufbewahrungspflichtigen, seinen Datenbestand so zu organisieren, dass der Zugriff auf rechtswidrig erlangte Daten des Betroffenen nicht möglich ist.
3. Neben Ansprüchen aus der DSGVO bleibt die Durchsetzung von Unterlassungsansprüchen nach §§ 823, 1004 BGB möglich.
4. Lässt sich dem Vorbringen des Antragstellers bereits nicht entnehmen, dass er durch eine nicht rechtmäßige Datenverarbeitung in schutzwürdigen Interessen verletzt worden ist, kommt ein immaterieller Schadensersatz nicht in Betracht.
Verfahrensgang
LG Chemnitz (Aktenzeichen 4 O 1100/20) |
Tenor
I. Auf die Berufung des Klägers wird unter Zurückweisung der Berufung im Übrigen das Urteil des Landgerichtes Chemnitz vom 31.05.2021 - 4 O 1100/20 - wie folgt abgeändert:
1. Die Beklagten werden verurteilt, folgende, sich auf den Kläger beziehenden Daten zu löschen: "A... B..., K... H... yyy, 00000 C..., geboren am xx.xx.19xx".
2. Die Beklagten werden verurteilt, jede Verarbeitung und Verbreitung mit Hilfe von automatisierten Verfahren oder jede solche Vorgangsreihe, wie das Erheben, das Erfassen, die Organisation, das Ordnen, die Speicherung, die Anpassung oder Veränderung, das Auslesen, das Abfragen, die Verwendung, die Offenlegung durch Übermittlung, die Verbreitung oder eine andere Form der Bereitstellung, den Abgleich oder die Verknüpfung, die Einschränkung, die auf die Person des Klägers zurückzuführen sind, zu unterlassen, wie geschehen im Zusammenhang mit den unter Ziffer 1 genannten Daten des Klägers als Schuldner der Forderung der Beklagten zu 2) aus dem Vollstreckungsbescheid des Amtsgerichtes Hagen vom 21.12.2015 - Geschäftszeichen 15-2538979-0-0.
3. Die Beklagten werden verurteilt, gegenüber dem Kläger den Nachweis der Löschung der Daten unter Ziffer 1 gegenüber Dritten darzulegen.
4. Die Beklagten werden als Gesamtschuldner verurteilt, vorgerichtliche Rechtsanwaltskosten in Höhe von 147,56 EUR an den Kläger zu zahlen.
5. Im Übrigen wird die Klage abgewiesen.
II. Die Kosten des Rechtsstreites trägt der Kläger zu 10/11 und die Beklagten zu jeweils 1/22.
III. Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar. Die Beklagten können die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe von jeweils 2.000,00 EUR abwenden, wenn nicht der Kläger vor der Vollstreckung Sicherheit in gleicher Höhe leistet. Der Kläger kann die Vollstreckung wegen der Kosten durch Sicherheitsleistung in Höhe von 110 % des zu vollstreckenden Betrages abwenden, wenn nicht die Beklagten vor der Vollstreckung jeweils Sicherheit in gleicher Höhe leisten.
IV. Die Revision wird nicht zugelassen.
Beschluss:
Der Gegenstandswert wird auf 11.002 EUR festgesetzt.
Gründe
I. Der Kläger begehrt die Beklagten zu verurteilen, alle ihn betreffenden personenbezogenen Daten zu löschen, deren Verarbeitung zu unterlassen, ihm angemessenen Schadensersatz zu leisten und hilfsweise Auskunft zu erteilen.
Die Beklagte zu 2) ist ein Inkassounternehmen. Sie erhielt von der K... Bank im Juli 2015 den Auftrag, eine Forderung von einem Schuldner namens A... B..., wohnhaft C... xx, 00000 C..., geboren am xx.xx.19xx, einzuziehen. Die Beklagte zu 2) erwirkte am 21.12.2015 gegen A... B..., C... xx, 00000 C..., einen Vollstreckungsbescheid. Der Schuldner konnte in der Folge nicht ermittelt werden, die Beklagte zu 2) beauftragte daher die Beklagte zu 1) mit einer Einwohnermeldeamtsanfrage. Diese teilte daraufhin mit, dass ein A... B..., geb. xx.xx.19xx, unter der Anschrift K... H... yyy, 00000 C... (Wohnanschrift des Klägers) wohnhaft sei. Im Rahmen der Beitreibungsbemühungen im Jahr 2017 stellte sich heraus, dass der Kläger nicht Schuldner der Forderung der K... Bank ist, sondern der gleichnamige am zz.zz.19zz geborene Sohn des Klägers, der unter der Anschrift C... xx in 00000 Chemnitz wohnhaft war. Die Forderung der K... Bank ist noch nicht beglichen. Der Prozessbevollmächtigte des Klägers forderte beide Beklagte im Dezember 2019 erfolglos zur Löschung der über ihn gespeicherten Daten auf.
Der Kläger hat die Auffassung vertreten, ihm stehe ein Anspruch auf Löschung und Unterlassung der Verarbeitung zu. Eine Berechtigung zur Datenverarbeitung bestehe nicht, da er sei nicht Schuldner der Forderung sei. Da er befürchten müsse, einen Schufa-Eintrag erhalten zu haben, sei ein immaterieller Schadensersatz i.H.v. 10.002,00 EUR gerechtfertigt.
Die Beklagten haben die Auffassung vertreten, die Anträge des Klägers auf Löschung und Unterlassung seien zu unbestimmt und zu weit gefasst. Die Datenverarbeitung durch sie sei überdies rechtmäßig gewesen, weil ein namensgleicher Schuldner existiere. Es sei daher nicht vertretbar, ihnen auch für die Zukunft jede Verarbeitung zu untersagen. Darüber hinaus seien Aufbewahrungspflicht...