Leitsatz (amtlich)

Neben werkvertraglichen Gewährleistungsansprüchen kommt auch eine deliktsrechtliche Haftung des Werkunternehmers in Betracht, wenn der vom Besteller geltend gemachte Schaden und der der Sache aufgrund des Mangels von Anfang an anhaftende Mangelunwert nicht stoffgleich sind, mithin sich der eingetretene Schaden nicht in einer Enttäuschung des vertraglichen Äquivalenzinteresses erschöpft, sondern eine Verletzung des Integritätsinteresses vorliegt.

Keine Stoffgleichheit besteht, wenn der Werkmangel erst zu einem späteren Zeitpunkt zu einer Beschädigung zunächst mangelfreier Teile der Sache geführt hat, dies aber zu vermeiden gewesen wäre, wenn der - als solcher behebbare - Mangel rechtzeitig erkannt worden wäre.

 

Verfahrensgang

LG Görlitz (Aktenzeichen 5 O 104/16)

 

Tenor

1. Die Berufung der Beklagten gegen das Urteil des Landgerichts Görlitz vom 22.03.2019, Az.: 5 O 104/16, wird zurückgewiesen.

2. Die Beklagte hat die Kosten des Berufungsverfahrens einschließlich der in zweiter Instanz entstandenen Kosten der Nebenintervention zu tragen.

3. Das Urteil des Landgerichts Görlitz vom 22.03.2019, Az.: 5 O 104/16, ist ebenso wie das Berufungsurteil ohne Sicherheitsleistung vorläufig vollstreckbar. Die Beklagte kann die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung i.H.v. 120 % des aus dem Urteil des Landegerichts und dem Berufungsurteil insgesamt vollstreckbaren Betrages abwenden, wenn nicht der vollstreckende Verfahrensbeteiligte, also die Klägerin bzw. die Streithelferin, vor der Vollstreckung Sicherheit i.H.v. 120 % des jeweils zu vollstreckenden Betrages leistet.

4. Die Revision wird nicht zugelassen.

Beschluss:

Der Streitwert für das Berufungsverfahren wird auf 89.544,13 EUR festgesetzt.

 

Gründe

I. Die Klägerin macht als Wohngebäudeversicherer aus übergegangenem Recht Schadensersatzansprüche gegen die Beklagte wegen eines behaupteten Wasserschadens in der Tiefgarage des Gebäudes ... in D. geltend, der dadurch verursacht worden sei, dass die Beklagte bei der Installation der Entwässerungsleitungen einen Muffenstopfen nicht den Regeln der Technik entsprechend eingebaut habe.

Hinsichtlich der weiteren Einzelheiten des unstreitigen Sachverhalts sowie des streitigen Vortrags und der Anträge der Parteien in erster Instanz wird auf den Tatbestand des Urteils des Landgerichts vom 22.03.2019 Bezug genommen.

Das Landgericht hat der Klage - abgesehen von einem Teil der Zinsforderung - in vollem Umfang stattgegeben und die Beklagte in der Hauptsache zur Zahlung eines Betrages von 89.544,13 EUR als Schadensersatz aus übergegangenem Recht verurteilt. Zuvor hatte das Landgericht Beweis erhoben durch Einvernahme des Zeugen F., dem für das Gebäude zuständigen Verwalter (vgl. Verhandlungsprotokoll vom 05.02.2019, Bl. 227 ff., insbesondere Seite 232 ff.) sowie durch Einholung eines Sachverständigengutachtens des gerichtlich bestellten Sachverständigen Q. (vgl. Gutachten vom 23.02.2018, Bl. 147 ff., Ergänzungsgutachten vom 06.09.2018, Bl. 193 ff. sowie Protokoll über die Anhörung des Sachverständigen vom 05.02.2019, Bl. 227 ff.). Im Ergebnis dieser Beweisaufnahme ist das Landgericht zu der Überzeugung gelangt, dass in der Nacht vom 02.06.2013 zum 03.06.2013 sämtliche Kellerräume und die Tiefgarage des streitgegenständlichen Objekts voll Wasser gelaufen sind, dass zu diesem Zeitpunkt die Klägerin alleiniger Wohngebäudeversicherer dieses Gebäudes war und es sich bei der versicherten Wohnungseigentümergemeinschaft (nachfolgend: WEG) zu diesem Zeitpunkt um dessen Eigentümerin handelte, dass zur Beseitigung der verursachten Schäden Aufwendungen i.H.v. 89.544,13 EUR notwendig waren und von der Klägerin bezahlt worden sind und dass die vorgenannten Schäden durch eine mangelhafte Sicherung eines Muffenstopfens, der durch die Beklagte zum Verschließen eines Abwasserrohrs verbaut worden war, verursacht worden ist.

Gegen das Urteil des Landgerichts vom 22.03.2019 wendet sich die Beklagte mit Berufung. Diese stützt sie ausschließlich darauf, dass der Mangelunwert der fehlerhaft installierten (Regen-)Wasserableitung stoffgleich mit der eingetretenen Eigentumsverletzung sei, sodass lediglich das durch die Mangelgewährleistungsansprüche geschützte Äquivalenzinteresse, nicht hingegen das deliktsrechtlich geschützte Integritätsinteresse betroffen sei, mithin ein Schadensersatzanspruch nach § 823 Abs. 1 BGB - anders als vom Landgericht angenommen - ausscheide.

Die Beklagte beantragt in der Berufungsinstanz,

das angefochtene Urteil abzuändern und die Klage abzuweisen,

vorsorglich die Revision zuzulassen.

Die Klägerin beantragt,

die Berufung zurückzuweisen.

Diesem Antrag der Klägerin hat sich die Streithelferin angeschlossen.

Die Klägerin verteidigt das angefochtene Urteil, weil sich der Mangel der von der Beklagten erbrachten Werkleistung im Rahmen des Schadensereignisses auf bis dahin unversehrt gewesene Teile des Gebäudes und Gewerke ausgewirkt und diese beschädigt habe.

Hinsichtlich der weiteren Einzelheiten wird auf die Schriftsätze der Parteien nebst A...

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