Leitsatz (amtlich)

Das Beschlußanfechtungsrecht kann verwirkt sein, wenn der Antragsteller zwar den Kostenvorschuss einzahlt, aber trotz gerichtlicher Aufforderung weder eine aktuelle Eigentümerliste noch die ladungsfähige Anschrift des Verwalters mitteilt und das Verfahren erst vier Jahre später weiter betreibt.

 

Normenkette

WEG § 23 Abs. 4; BGB § 242

 

Verfahrensgang

LG Düsseldorf (Beschluss vom 15.09.2000; Aktenzeichen 25 T 707/00)

AG Düsseldorf (Aktenzeichen 291 II 314/95 WEG)

 

Tenor

Das Rechtsmittel wird zurückgewiesen.

Die Beteiligte zu 1) hat die Gerichtskosten der weiteren Beschwerde und die in dieser Instanz den übrigen Beteiligten notwendig entstandenen außergerichtlichen Kosten zu tragen.

Wert:

15.000,– DM.

 

Tatbestand

I.

Die Beteiligten zu 2) bis 7) sind Mitglieder der eingangs näher bezeichneten Wohnungseigentümergemeinschaft, deren Verwalter der Beteiligte zu 7) ist.

In der Eigentümerversammlung vom 27.09.1995 (Protokoll Bl. 9 bis 11 d.A.) wurden unter Tagesordnungspunkt 2 die Gesamt- und Einzelabrechnungen für das Abrechnungsjahr 1994/95 mehrheitlich genehmigt, unter Tagesordnungspunkt 3 der Wirtschaftsplan für das Abrechnungsjahr 1995/96. Es wurden mehrheitlich der Verwalter und der Verwaltungsbeirat gewählt. Unter Tagesordnungspunkt 6 haben die Wohnungseigentümer beschlossen, die Beteiligte zu 1) zu verpflichten, ihr Wohnungseigentum zu verkaufen.

Die Beteiligte zu 1) war am 27.09.1995 Miteigentümerin und Sondereigentümerin einer Teileigentumseinheit.

Mit Antragsschrift vom 23.10.1995 hat die Beteiligte zu 1) den Antrag eingebracht, die Beschlüsse der Eigentümerversammlung vom 27.09.1995 aufzuheben.

Auf die Kostenanforderung vom 27.10.1995 hat die Beteiligte zu 1) am 18.12.1995 die angeforderten Kosten in Höhe von 61 DM eingezahlt.

Mit Verfügung vom 02.01.1996 hat der Amtsrichter der Beteiligten zu 1) aufgegeben,

  • eine gültige Eigentümer liste
  • die ladungsfähige Anschrift des Verwalters
  • Kopie des Versammlungsprotokolls vom 27.09.1995 zu den Gerichtsakten zu reichen.

Mit Schriftsatz vom 03.01.2000 hat die Beteiligte zu 1), welche im Jahr 1996 ihr Teileigentum veräußert hat, die übrigen Miteigentümer und den Verwalter bezeichnet sowie klargestellt, dass der Anfechtungsantrag bezüglich der Beschlüsse zu den Tagesordnungspunkten 2, 3 und 6 aufrecht erhalten werde. Hinsichtlich der übrigen Beschlüsse hat sie die Hauptsache für erledigt erklärt.

Auf die Verfügung des Amtsrichters vom 13.01.2000 ist die Zustellung der Antragsschrift an den Beteiligten zu 7) als Verwalter am 19.01.2000 erfolgt.

Die Beteiligte zu 1) hat beantragt,

die Beschlüsse der Eigentümerversammlung vom 27.09.1995 zu dem Tagesordnungspunkt 2 (Beschluss über Gesamt- und Einzelabrechnungen), Tagesordnungspunkt 3 (Wirtschaftsplan 1995/96) und Tagesordnungspunkt 6 (Beschluss zum Entzug des Wohnungseigentums) für ungültig zu erklären.

Die Beteiligten zu 2) bis 7) haben beantragt,

den Antrag abzuweisen.

Das Amtsgericht hat den Antrag der Beteiligten zu 1) abgewiesen, weil das Beschlussanfechtungsrecht verwirkt sei. Die sofortige Beschwerde der Beteiligten zu 1) ist vom Landgericht zurückgewiesen worden. Die Beteiligte zu 1) hat sofortige weitere Beschwerde eingelegt.

Im einzelnen wird auf den Akteninhalt verwiesen.

 

Entscheidungsgründe

II.

Das zulässige Rechtsmittel ist in der Sache nicht begründet. Die angefochtene Entscheidung beruht nicht auf einer Verletzung des Gesetzes (§ 27 FGG).

Das Landgericht hat zur Begründung seiner Entscheidung ausgeführt: Die Beteiligte zu 1) habe nicht das zur Förderung des Verfahrens Notwendige getan. Weil sie der Aufforderung des Amtsrichters vom 02.01.1996, den Verwalter und die übrigen Wohnungseigentümer namentlich zu benennen, nicht Folge geleistet habe, habe eine Zustellung der Antragsschrift nicht erfolgen können. Die Kammer hat sich im übrigen der Beschlussbegründung des Amtsrichters angeschlossen, wonach die Antragsgegner unter den gegebenen Umständen darauf vertrauen durften, dass nach Ablauf der Monatsfrist des § 23 Abs. 4 WEG alle Beschlüsse bestandskräftig geworden waren; nach vier Jahren müsse kein Verfahrensbeteiligter mehr mit der Zustellung einer Antragsschrift rechnen.

Diese Ausführungen halten der rechtlichen Nachprüfung im Ergebnis stand. Auch das Verfahren der freiwilligen Gerichtsbarkeit und insbesondere das Wohnungseigentumsverfahren wird von den aus § 242 BGB abgeleiteten Grundsätzen beherrscht (Keidel/Kuntze/Winkler, FGG, 14. Aufl., § 21 Rdnr. 22). Demzufolge ist anerkannt und vom Senat auch schon wiederholt entschieden worden (DWE 98, 88; NZM 98, 162), dass trotz Wahrung der Anfechtungsfrist des § 23 Abs. 4 Satz 2 WEG – diese Monatsfrist wird bereits durch Einreichung des Beschlussanfechtungsantrages beim Wohnungseigentumsgericht gewahrt – die Beschlussanfechtung rechtsmissbräuchlich sein kann, wenn beispielsweise das Verfahren längere Zeit insoweit nicht vom Antragsteller gefördert wurde, als er den angeforderten Kostenvorschuss nicht gezahlt und damit die Zustellung verhindert hat (vgl. auch KG ZMR 97, 48...

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