Leitsatz (amtlich)

Eine von einem Wohnungseigentümer einem Miteigentümer für eine konkrete Eigentümerversammlung erteilte Stimmrechtsvollmacht hat Vorrang vor einer allgemeinen im Erwerbervertrag enthaltenen Vollmachtsklausel, durch die der Verwalter zur Vertretung des Erwerbers in den Eigentümerversammlungen umfassend ermächtigt wird.

 

Normenkette

WEG § 25; BGB §§ 164, 167-168

 

Verfahrensgang

LG Wuppertal (Beschluss vom 15.11.2002; Aktenzeichen 10 T 32/02)

AG Wuppertal (Aktenzeichen 93 UR II 143/01 WEG)

 

Tenor

Das Rechtsmittel wird zurückgewiesen.

Die gerichtlichen Kosten des Verfahrens der sofortigen weiteren Beschwerde fallen der Beteiligten zu 1) zur Last. Außergerichtliche Kosten werden nicht erstattet.

Wert des Beschwerdegegenstandes: 10.000 Euro.

 

Gründe

I. Die Beteiligten zu 2) bis 35) bilden die im Rubrum genannte Eigentümergemeinschaft. Die Wohnungen wurden seinerzeit veräußert durch die Firma D., deren Inhaber Herr U.D. war. Dieser ist gleichzeitig Geschäftsführer der Beteiligten zu 1), die in der Teilungserklärung vom 5.3.1996 für die Dauer von fünf Jahren zur ersten Verwalterin bestellt wurde.

In der Eigentümerversammlung vom 12.9.2001 stimmten die Miteigentümer darüber ab, ob die Beteiligte zu 1) weiterhin für sie als Verwalterin tätig sein sollte oder der Beteiligte zu 36).

Nach § 8 Abs. 1 S. 2 der Gemeinschaftsordnung, die Anlage der notariellen Teilungserklärung ist, entscheiden die Eigentümer mit einfacher Mehrheit nach Miteigentumsanteilen. § 8 Abs. 3 S. 6 der Gemeinschaftsordnung bestimmt, dass Vertretungsvollmachten dem Verwalter schriftlich vorzulegen sind.

In den notariell beglaubigten Kaufverträgen zwischen dem Verkäufer, der Fa. D., Inhaber U.D. und den Erwerbern des Wohnungseigentums ist folgende Klausel enthalten:

„Der Verkäufer ermächtigt hiermit den Käufer, bereits ab dem Tag des Besitzübergangs an seiner Stelle das Stimmrecht in den Eigentümerversammlungen nach seinem eigenen Ermessen auszuüben. Soweit eine Verwaltervollmacht bisher bestand, wird sie vom Käufer mit dem gleichen Inhalt erteilt. Umgekehrt bevollmächtigt hiermit der Käufer den Verkäufer, auch nach Erwerb den Käufer in den Eigentümerversammlungen umfassend zu vertreten, sofern nicht der Käufer als neuer Eigentümer selbst an den Eigentümerversammlungen teilnimmt, insoweit also das Stimmrecht auch weiterhin umfassend auszuüben, insb. auch den Verwalter zu bestellen oder abzuberufen. Diese Bevollmächtigung ist zeitlich befristet auf die Dauer von 5 Jahren ab Vollzug der Auflassung ….”

Die Miteigentümer Z., K., J., F., K., R., P., D., N., S. und K. hatten der Miteigentümerin D. für die Eigentümerversammlung vom 12.9.2001 schriftliche Vollmachten erteilt. Der Geschäftsführer der Beteiligten zu 1) war durch Einzelvollmachten der Miteigentümer B., R. und O. mit der Vertretung beauftragt. Darüber hinaus nahm er aufgrund der vorgenannten Klausel in den Kaufverträgen die Vertretung der oben genannten Eigentümer mit Ausnahme der Eigentümer J., F. und S. ebenfalls in Anspruch.

In der Eigentümerversammlung entstand unter den Anwesenden Streit über die Frage, wer zur Vertretung der nicht anwesenden Miteigentümer bei der Abstimmung berechtigt sei. Um zu einem Ergebnis zu gelangen, einigte man sich darauf, dass zunächst die persönlich anwesenden Miteigentümer abstimmen sollten. Danach entfielen auf den Beteiligten zu 36) 255,06/1.000 Stimmanteile. Sodann stimmte Frau D. für die von ihr allein vertretenen Eigentümer J., F. und S. ab, womit der Beteiligte zu 36) weitere 95,94/1.000 Stimmanteile erhielt. Weiterhin stimmte sie für den Beteiligten zu 36) aufgrund der ihr von den Miteigentümern Z., K., K., R., P., D., N. und K. erteilten Vollmachten (260,56/1.000 Anteile). Im Anschluss daran stimmte auch der Geschäftsführer der Beteiligten zu 1) aufgrund der Vollmachten in den Kaufurkunden im Namen der vorgenannten Miteigentümer ab, und zwar für die D. GmbH. Die Beteiligte zu 1) erhielt darüber hinaus 388,44/1.000 Stimmanteile.

Die Beteiligte zu 1) hat im vorliegenden Verfahren beantragt, festzustellen, dass sie durch die Wahl vom 12.9.2001 zur Verwalterin bestellt worden sei. Sie hat geltend gemacht, die aufgrund der Doppelvertretung abgegebenen Stimmen seien ungültig. Sie habe daher die Mehrheit der Stimmen auf sich vereinigen können.

Die Beteiligten zu 2) haben demgegenüber beantragt, festzustellen, dass der Beteiligte zu 36) als neuer Verwalter gewählt worden sei.

Das AG hat den Antrag der Beteiligten zu 1) zurückgewiesen und dem Antrag der Beteiligten zu 2) stattgegeben. Die Beteiligte zu 1) hat sofortige Beschwerde eingelegt, die beim LG ohne Erfolg geblieben ist. Gegen den Beschluss des LG wendet sich die Beteiligte zu 1) mit ihrer sofortigen weiteren Beschwerde.

Die Beteiligten zu 2) und 3) bis 19) sind dem Rechtsmittel entgegengetreten.

In der Eigentümerversammlung vom 15.2.2003 fassten die Wohnungseigentümer einstimmig folgenden Beschluss:

„Aus Gründen äußerster Vorsorge für den Fall einer von den Vorinstanzen abweichenden Entscheidung des OLG Dü...

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