Leitsatz (amtlich)
Nach der einseitigen Teilerledigungserklärung ermäßigt sich der Streitwert auf die verbliebene Hauptsache zzgl. des Kosteninteresses aus dem erledigten Teil.
Normenkette
ZPO §§ 91, 3; GKG § 48
Verfahrensgang
LG Duisburg (Beschluss vom 02.03.2009; Aktenzeichen 21 O 31/08) |
Tenor
Auf die Beschwerde der Beklagten wird der Beschluss der Vorsitzenden der 1. Kammer für Handelssachen des LG Duisburg vom 2.3.2009 in der Fassung der Nichtabhilfeentscheidung vom 16.4.2009 teilweise abgeändert und der Wert des Rechtsstreits für die Zeit ab 14.8.2008 anderweitig auf 12.026,84 EUR festgesetzt.
Gründe
I. Die gem. §§ 68 Abs. 1, 63 Abs. 3 Satz 2 GKG, § 567 Abs. 1 Nr. 1 ZPO statthafte und wegen der Überschreitung der notwendigen Beschwer von mehr als 200 EUR (§ 68 Abs. 1 Satz 1 GKG) auch im Übrigen zulässige Beschwerde gegen den von der Vorsitzenden der Kammer für Handelssachen erlassenen Streitwertbeschluss, über die der Senat gem. § 122 Abs. 1 GVG in seiner vollen Besetzung entscheidet (vgl. BGHZ 156, 320 = NJW 2004, 856), hat in der Sache vollen Erfolg. Zwar ist der Gegenstandswert für die Zeit ab 14.8.2008 nicht, wie von der Beklagten erstrebt, von den festgesetzten 21.605,84 EUR auf den Betrag von 11.605,84 EUR herabzusetzen, sondern nur auf den Betrag von 12.026,84 EUR. Dieser Wert bleibt aber innerhalb derselben Gebührenstufe von 10.000,01 EUR bis 13.000 EUR der Tabelle Anlage 2 zu § 13 Abs. 1 RVG, so dass es, bezogen auf das von der Beklagten verfolgte Interesse (Höhe des gesetzlichen Honorars), hier nicht mehr auf die exakte Streitwerthöhe ankommt.
1. Der Senat teilt nicht die vom LG vertretene Auffassung, die einseitig gebliebene, von der Klägerin am 14.8.2008 erklärte Teilerledigungserklärung (10.500 EUR) bleibe ohne Einfluss auf den bis dahin maßgeblichen Streitwert des Verfahrens von 21.605,84 EUR. Vielmehr beeinflusst der von der Teilerledigung erfasste Teil des Streitgegenstands den Streitwert mit dem Teilkostenwert.
a) Mangels besonderer kostenrechtlicher Regelungen ist der Gebührenstreitwert in bürgerlichen Rechtsstreitigkeiten gem. § 48 Abs. 1 Satz 1 GKG nach §§ 3 ff. ZPO zu bestimmen. Einschlägig ist hier § 3 ZPO. Danach wird der Wert entsprechend dem mit der Klage verfolgten Interesse nach freiem Ermessen festgesetzt (vgl. nur Zöller/Herget, ZPO, 27. Aufl., § 3 Rz. 2 m.w.N.). In der obergerichtlichen Rechtsprechung und im Schrifttum ist indes seit langem und bis in die jüngste Zeit streitig, wie das Interesse der klagenden Partei zu bewerten ist, wenn sie vom Zahlungsantrag Abstand nimmt und einseitig die Feststellung begehrt, das Leistungsbegehren sei in der Hauptsache erledigt. Dazu werden im Wesentlichen zwei Meinungen vertreten.
aa) Nach der von einer Minderheit vertretenen Ansicht, der auch das LG in dem angefochtenen Beschluss folgt, ändert die einseitige Erledigungserklärung grundsätzlich nichts an dem bisher verfolgten Interesse. Das Gericht müsse unverändert über den ursprünglichen Streitgegenstand, nämlich die ursprüngliche Zulässigkeit und Begründetheit des klägerischen Begehrens entscheiden (OLG Schleswig OLGReport Schleswig 2005, 527, 528; OLG Zweibrücken OLGReport Zweibrücken 2003, 256; OLG Brandenburg NJW-RR 1996, 1472; 2004, 342; OLG Köln FamRZ 1995, 1214; OLG München NJW-RR 1996, 1472; 1996, 956, 957; LG München I NJW-RR 2001, 429; LG Duisburg, Beschl. v. 2.10.2003 - 11 T 199/03, MDR 2004, 419 und Beschl. v. 17.3.2004, Az 11 T 278/03, MDR 2004, 962; OLG Düsseldorf (10. ZS) JurBüro 1994, 114; Hartmann, KostG, 38. Aufl., Anh. § 48 GKG zu § 3 ZPO Rz. 45, 49; Baumbach/Lauterbach/Albers/Hartmann, ZPO, 67. Aufl., Anh. § 3 Rz. 45, 49; Deckenbrock/Dötsch JurBüro 2003, 287). Allenfalls sei es mit Blick auf das geringere Feststellungsinteresse gerechtfertigt, Wertabschläge bis zu 50 % vorzunehmen (vgl. OLG Frankfurt 1998, 14 und MDR 1995, 207; OLG München JurBüro 1995, 644 und MDR 1998, 62; OLG Köln JurBüro 1991, 832).
bb) Nach der ganz herrschenden Ansicht beschränkt sich das Interesse der klagenden Partei auf das Kosteninteresse. Das beruhe auf dem Verständnis der einseitigen (Teil-)Erledigungserklärung als einer nach § 264 Nr. 2 ZPO privilegierten und deshalb stets zulässigen Klageänderung. Deren Gegenstand sei nur noch das Kosteninteresse, während die Frage nach Zulässigkeit und Begründetheit des ursprünglichen Leistungsbegehrens jetzt bloß noch eine Vorfrage sei, die nur inzident zu prüfen sei (vgl. BGH WuM 2008, 35 und 2007, 93; BGH NJW-RR 2005, 1728 = MDR 2006, 109; BGH WM 1991, 2009; BGH NJW-RR 1990, 1474 = FamRZ 1990, 1125; BGH NJW-RR 1988, 1465 = MDR 1989, 58; OLG Stuttgart AGS 2009, 316; KG KGReport Berlin 2007, 509 und 1997, 283; KG JurBüro 2003, 644 und 2006, 201 (LS); KG MDR 2004, 116 und 1999, 380; OLG Hamm JurBüro 2005, 598 (LS) und MDR 2000, 175; OLG Jena OLG-NL 2002, 18; OLG Nürnberg JurBüro 2006, 478 und 2002, 368; OLG Schleswig OLGReport Schleswig 1999, 79; OLG Dresden NJW-RR 2001, 428; OLG Köln OLGReport Köln 2005, 19 und NZM 2000, 305; OLG Naumburg 1998, 138; OLG Düs...