Entscheidungsstichwort (Thema)
Verfahrenskostenhilfe in Sorgerechtsverfahren; Prüfungsmaßstab für die Erfolgsaussichten der (beabsichtigten) Rechtsverfolgung
Leitsatz (amtlich)
Der Grundsatz der Erforderlichkeit einer hinreichenden Erfolgsaussicht der Rechtsverfolgung (vgl. § 114 ZPO) gilt in Sorgerechts- und Umgangsrechtsverfahren nicht in gleicher Weise wie in Rechtsstreitigkeiten, die sich nach der ZPO richten.
Eine hinreichende Aussicht auf Erfolg für die Bewilligung von Verfahrenskostenhilfe (§ 76 Abs. 1 FamFG i.V.m. § 114 ZPO) ist in einem Sorgerechtsverfahren bereits dann gegeben, wenn das Familiengericht auf Grund des eingeleiteten Verfahrens den Sachverhalt zu ermitteln hat, ggfs. eine Regelung treffen muss und sich nicht darauf beschränken kann, den Antrag ohne Weiteres, also ohne jede Ermittlung und ohne jede Anhörung der Beteiligten, zurückzuweisen.
Normenkette
FamFG § 76 Abs. 1; ZPO § 114
Verfahrensgang
AG Kleve (Aktenzeichen 19 F 186/18) |
Tenor
Die sofortige Beschwerde der Antragstellerin vom 18.09.2018 gegen den Beschluss des Amtsgerichts -Familiengericht- Kleve vom 22.08.2018 (19 F 186/18) wird zurückgewiesen.
Gründe
I) Die Antragstellerin und der Antragsgegner sind die Eltern des aus deren nichtehelichen Lebensgemeinschaft stammenden und am 02.07.2010 geborenen Kindes S. M... Zwischen den Eltern war die Ausübung der gemeinsamen elterlichen Sorge vereinbart worden. Nach der Trennung der Eltern lebte das betroffene Kind zunächst bei der Antragstellerin, wobei der Antragsgegner regelmäßige Umgangskontakte mit dem Kind hatte. Als im April 2014 eine neue Partnerschaft der Antragstellerin zerbrach und sie von Obdachlosigkeit bedroht war, verbrachte sie das Kind zum Antragsgegner, bei dem es nachfolgend verblieb. In einem von der Antragstellerin mit Antragsschrift vom 04.12.2014 angestrengten familiengerichtlichen Verfahren, mit dem die Antragstellerin zunächst die gerichtliche Übertragung des Aufenthaltsbestimmungsrechts betreffend S. angestrebt hatte, schlossen die beteiligten Kindeseltern einen vom Amtsgericht Kleve - Aktenzeichen 4 F 374/14 - mit Beschluss vom 20.02.2015 genehmigten Umgangsvergleich. Die Kindeseltern einigten sich darauf, dass das betroffene Kind seinen grundsätzlichen Aufenthalt beim Kindesvater haben und die Kindesmutter einen näher geregelten erweiterten Umgang dahingehend erhalten soll, dass sie S. im 14-tägigen Turnus donnerstags vom Kindergarten abholt, das Kind bis montags morgens bei ihr verbleibt und am Montagmorgen zum Kindergarten gebracht wird (vgl. Bl. 32 des genannten Verfahrens AG Kleve 4 F 374/14). Entsprechend dieser vergleichsweisen Regelung hat S. seitdem ihren grundsätzlichen Aufenthalt beim Antragsgegner und übt die Antragstellerin ihr Umgangsrecht mit Sophie aus.
Mit Schriftsatz vom 18.6.2018 begehrt die Antragstellerin Verfahrenskostenhilfe zur Regelung der elterlichen Sorge dahingehend, dass ihr betreffend S. das Recht der Gesundheitsfürsorge und des Aufenthaltsbestimmungsrechts zur alleinigen Ausübung übertragen werde. Hintergrund dieses Antrages ist, dass sich der Antragsgegner im Frühjahr 2018 wegen Verhaltensauffälligkeiten von S., die zu diesem Zeitpunkt die zweite Klasse der Grundschule besucht hatte, veranlasst gesehen hatte, bei der LVR Klinik Bedburg-Hau eine teilstationäre Diagnostik durchführen zu lassen, in deren Rahmen auch eine Medikation mit Methylphenidat empfohlen und durchgeführt wurde. Die Antragstellerin vertritt in der Antragsschrift die Auffassung, dass die Ursachen für die Verhaltensauffälligkeiten von S. in der häuslichen Situation des Antragsgegners, dessen nicht ausreichender Befassung und Fürsorge mit S. zu sehen seien, denen durch einen Wechsel des generellen Umgangsortes zu ihr (der Antragstellerin) besser entgegenzuwirken sei als mit der von der LVR-Klinik empfohlenen und auch vom Antragsgegner mitgetragenen Medikamentengabe, die demnach nicht notwendig sei.
Auf gerichtliche Verfügung des Amtsgerichts hat die Antragstellerin zu den Gerichtsakten gereicht:
- den Bericht über die ambulante Behandlung der LVR-Klinik vom 5.07.2018 (Bl. 27 GA)
- den Kurzbrief der LVR-Klinik vom 12.7.2018 nach ambulantem Erstkontakt (Bl. 28 GA)
- den kinderpsychiatrischen Abschlussbericht der LVR-Klinik vom 16.8.2018 nebst ergotherapeutischem Bericht (Bl. 16ff GA).
Das Amtsgericht hat mit Beschluss vom 22.08. 2018 den Antrag der Antragstellerin auf Bewilligung von Verfahrenskostenhilfe mit der Begründung zurückgewiesen, die beabsichtigte Rechtsverfolgung biete keine hinreichende Aussicht auf Erfolg. Es sei nicht davon auszugehen, dass die Übertragung der Gesundheitsfürsorge und des Aufenthaltsbestimmungsrechts auf die Kindesmutter dem Kindeswohl besser diene als der jetzige Zustand. Aufgrund der eingereichten Berichte der LVR-Klinik gehe das Gericht davon aus, dass eine Medikation von S. notwendig sei. Es sei nicht davon auszugehen, dass die Probleme aus mangelnder Förderung oder Unruhe im Haushalt des Kindesvaters herrührten, da S. diese auch im teilstationäre...