Leitsatz (amtlich)
1. Für einen Anspruch auf (Fortsetzungs-) Feststellung einer Rechtswidrigkeit der Datenübermittlung (hier: Übersendung von Kopien eines OLG-Beschlusses durch den Familienrichter an den nichtverfahrensbeteiligten Dienstherrn - Bundesamt - innerhalb des laufenden familienrichtlichen Verfahrens - Kindschaftssache - des Antragstellers) ist aufgrund der Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts - 1 BvR 3106/09 - vom 02.12.2014, wonach die richterliche Mitteilung von Informationen an nichtverfahrensbeteiligte Dritte nicht allein deshalb eine der Rechtsschutzgarantie des Art. 19 Abs. 4 GG entzogene spruchrichterliche Tätigkeit darstellt, weil sie aus einem laufenden Rechtsstreit heraus erfolgt, das Verfahren gemäß §§ 23 ff. EGGVG eröffnet.
2. Bezieht sich das Ersuchen auf eine geheimhaltungsbedürftige Akte (hier: Kindschaftssache), so genügt auf der maßgeblichen Rechtsgrundlage für die in Rede stehende Datenübermittlung (§§ 14 Abs. 1 Satz 1, 13 Abs. 2 Satz 1 Datenschutzgesetz NRW) nicht die Prüfung, ob das Übermittlungsersuchen im Rahmen der Aufgaben des Empfängers liegt; es besteht vielmehr Anlass zur Prüfung der näheren Rechtmäßigkeit des Ersuchens.
a) Um der übermittelnden Stelle die ihr obliegende Prüfung der Tatbestandsvoraussetzungen und die anzustellende Güterabwägung zu ermöglichen, hat die ersuchende Stelle - wie hier nicht geschehen - insbesondere detailliert vorzutragen, inwieweit die begehrte Datenermittlung zur Erfüllung ihrer Aufgaben erforderlich ist, warum gerade die Akten oder deren Bestandteile die einzige verfügbare Erkenntnisquelle (hier: für das Disziplinarverfahren gegen den Antragsteller) sind.
b) An der materiellen Rechtmäßigkeit (Erforderlichkeit) fehlt es insbesondere, wenn die ersuchende Stelle die personenbezogenen Daten, um deren Übermittlung sie nachsucht, bereits kennt (hier hatte das Bundesamt bereits Kenntnis vom vollständigen Inhalt der oberlandesgerichtlichen Entscheidung erlangt, bevor das AG sie ihm übersandte).
Normenkette
GG Art. 19 Abs. 4; Datenschutzgesetz NRW § 14 Abs. 1 S. 1; Datenschutzgesetz NRW § 14 Abs. 2 S. 2; Datenschutzgesetz NRW § 13 Abs. 2 S. 1; EGGVG §§ 23 ff.; EGGVG a.F. § 24 Abs. 1; EGGVG § 26 Abs. 1, § 28 Abs. 1 S. 4
Verfahrensgang
AG Duisburg (Beschluss vom 05.01.2009; Aktenzeichen 36 F 195/05) |
Tenor
Unter Zurückweisung des Antrages im Übrigen wird festgestellt, dass die Übermittlung von Daten durch den Richter des AG Duisburg an das Bundesamt für Migration und Flüchtlinge im Verfahren 36 F 195/05 AG Duisburg vom 5.1.2009 - Übersendung von Kopien des Beschlusses des OLG Düsseldorf vom 17.12.2007 im Verfahren II-1 UF 151/07 - rechtswidrig gewesen ist.
Die dem Antragsteller im Verfahren vor dem Senat notwendig entstandenen außergerichtlichen Kosten sind ihm aus der Staatskasse zu erstatten.
Gründe
I. Wegen des Sachverhaltes wird auf die Darstellungen in der Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts vom 2.12.2014 im Verfahren 1 BvR 3106/09 zu Ziffern A. I. und II.1sowie im Senatsbeschluss im vorliegenden Verfahren vom 25.11.2009 zu Ziffer II. 2. (Seite 5 des Umdrucks) verwiesen, darüber hinaus auf den Inhalt der Verfahrensakte und der Akten des Verfahrens 36 F 195/05 AG Duisburg Bezug genommen.
Der Antragsteller verfolgt seine ursprünglichen Begehren weiter und beantragt,
1. festzustellen, dass die Weitergabe von Aktenbestandteilen aus dem nach den §§ 170, 23b Abs. 1 Nr. 12 GVG nichtöffentlichen Verfahren 36 F 195/05 an das nicht verfahrensbeteiligte Bundesamt für Migration und Flüchtlinge in Nürnberg rechtswidrig war;
2. festzustellen, dass die Verwendung der übermittelten Daten gemäß § 22 Abs. 3 Satz 2 EGGVG unzulässig ist.
II. Das Begehren des Antragstellers hat überwiegend Erfolg.
Auf das vorliegende Verfahren ist das Verfahrensrecht in der bis zum 31.8.2009 geltenden Fassung anzuwenden.
1. Die Anträge des Antragstellers sind zulässig.
a) Aufgrund der genannten Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts vom 2.12.2014 steht fest, dass für sie das Verfahren gemäß §§ 23 ff. EGGVG eröffnet ist, sie mithin in diesem statthaft sind.
b) Ob ihre Zulässigkeit im Übrigen ihre Grundlage gleichfalls in der Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts - mit der dem erkennenden Senat eine Sachprüfung aufgegeben worden ist - findet, kann auf sich beruhen. Denn die sonstigen Zulässigkeitsvoraussetzungen liegen vor.
aa) Nach § 24 Abs. 1 EGGVG a.F. ist ein Antrag auf gerichtliche Entscheidung nur zulässig, wenn der Antragsteller geltend macht, durch die Maßnahme (oder ihre Ablehnung oder Unterlassung) in seinen Rechten verletzt zu sein. Danach sind grundsätzlich Anträge Dritter, die nicht Adressaten der angefochtenen Maßnahme sind, ausgeschlossen. Eine Ausnahme gilt jedoch bei Amtshilfeersuchen, die in die Rechte eines Dritten eingreifen (OLG Hamm NJW RR 2009, S. 420 f.; KK-Mayer, StPO, 7. Aufl. 2013, § 24 EGGVG Rdnr. 4). So liegen die Dinge hier.
bb) Die Anträge sind auch fristgerecht. Nach § 26 Abs. 1 EGGVG a.F. muss ein Antrag auf gerichtliche Entscheidung innerhalb ei...