Leitsatz (amtlich)

1. Verlangt der Vermieter Vorauszahlungen auf die Betriebskosten, die in ihrer Höhe die tatsächlichen Kosten deutlich unterschreiten, ohne den Beklagten hierauf hinzuweisen, fällt ihm eine Aufklärungspflichtverletzung nicht zur Last.

2. Eine Pflichtverletzung des Vermieters ist nur dann zu bejahen, wenn der Vermieter dem Mieter bei Vertragsschluss die Angemessenheit der Nebenkosten ausdrücklich zugesichert oder diese bewusst zu niedrig bemessen hat, um den Mieter über den Umfang der tatsächlichen Mietbelastung zu täuschen und ihn auf diese Weise zur Begründung eines Mietverhältnisses zu veranlassen.

3. Der Mieter kann sich wegen möglicher Beeinträchtigungen seines Mietgebrauchs durch Bauarbeiten gegenüber seinem Ladenlokal nicht auf ein Minderungsrecht berufen, wenn er dem Vermieter einen entsprechenden Mangel während der gesamten Mietzeit nicht angezeigt hat.

4. Wird der Zugang zu einem von Kundenströmen frequentierten Ladenlokal erheblich erschwert, kann ein Mangel der Mieträume vorliegen

 

Normenkette

BGB §§ 535, 311 Abs. 2, § 536a

 

Verfahrensgang

LG Duisburg (Urteil vom 20.06.2011; Aktenzeichen 8 O 374/08)

 

Tenor

Die Berufung des Beklagten gegen das am 20.6.2011 verkündete Urteil der 8. Zivilkammer des LG Duisburg - Einzelrichter - wird auf seine Kosten zurückgewiesen.

Streitwert für das Berufungsverfahren: 17.758,41 EUR

 

Gründe

Das Rechtsmittel bleibt ohne Erfolg, § 522 Abs. 2 Nr. 1 ZPO. Die gegen die erstinstanzliche Entscheidung vorgebrachten Berufungsgründe rechtfertigen keine dem Beklagten günstigere Entscheidung.

I. Zur Vermeidung unnötiger Wiederholungen nimmt der Senat Bezug auf seinen Hinweisbeschluss vom 2.2.2012. Dort hat er im Wesentlichen ausgeführt:

1. Gegenüber den zugesprochenen Betriebskostennachforderungen kann der Beklagte von der Klägerin weder ganz noch teilweise Befreiung oder Vertragsanpassung aus dem Gesichtspunkt des Verschuldens bei Vertragsschluss (culpa in contrahendo; jetzt § 311 Abs. 2, 241 Abs. 2, 280 Abs. 1 BGB) verlangen. Der Geltendmachung der Nachforderungen steht auch nicht der Einwand von Treu und Glauben (§ 242 BGB) entgegen.

Denn der Klägerin ist keine schuldhafte Verletzung von Aufklärungspflichten vor oder während des Mietvertragsabschlusses anzulasten. Ein Schadensersatzanspruch des Beklagten besteht daher nicht.

Dem Vermieter obliegt grundsätzlich eine Aufklärungspflicht gegenüber dem Mieter hinsichtlich derjenigen Umstände und Rechtsverhältnisse mit Bezug auf die Mietsache, die - für den Vermieter erkennbar - von besonderer Bedeutung für den Entschluss des Mieters zur Eingehung des Vertrages sind und deren Mitteilung nach Treu und Glauben erW. et werden kann (BGH NJW 2004, 2674 m. N.; ZIP 2000, 887, 892). Das Bestehen bzw. der Umfang der Aufklärungspflicht richtet sich nach den Umständen des Einzelfalls, insbesondere nach der Person des Mieters und dessen für den Vermieter erkennbarer Geschäftserfahrenheit (BGHZ 96, 302, 311). Allerdings ist der Vermieter nicht gehalten, dem Mieter das Vertragsrisiko abzunehmen und dessen Interessen wahrzunehmen. Der Mieter muss selbst prüfen und entscheiden, ob der beabsichtigte Vertrag für ihn von Vorteil ist oder nicht. Es ist seine Sache, sich umfassend zu informieren und zu klärungsbedürftigen Punkten in den Vertragsverhandlungen Fragen zu stellen. Unterlässt er dies, hat er keinen Anspruch auf Schadensersatz. Stellt der Mieter Fragen oder macht der Vermieter von sich aus Aussagen in Bezug auf das Mietobjekt, so müssen dessen Angaben richtig und vollständig sein (vgl. BGH NJW 2004, 2674).

Dies zugrunde gelegt hat die Klägerin Aufklärungspflichten nicht verletzt. Allein der Umstand, dass sie Vorauszahlungen auf die Betriebskosten verlangt hat, die in ihrer Höhe die tatsächlichen Kosten deutlich unterschreiten, ohne den Beklagten hierauf hinzuweisen, führt nicht zur Annahme einer Aufklärungspflichtverletzung (vgl. BGHZ 183, 299 = NJW 2010, 671; BGH NJW 2004, 1102; 2674; ZMR 2011, 788; OLG Düsseldorf [10. OLG Düsseldorf], ZMR 2000, 604). Auch die Tatsache, dass die Höhe der anfallenden Betriebskosten regelmäßig von besonderer Bedeutung für die Kalkulation und damit für den Entschluss des Mieters zur Eingehung des Mietvertrages ist, begründet nicht die Pflicht des Vermieters, von sich aus seine Einschätzung über die tatsächliche Höhe der Betriebskosten mitzuteilen. Dies erscheint auch deshalb sachgerecht, weil zu den in Frage kommenden Nebenkosten regelmäßig, wie auch hier, Heizkosten und andere Kosten zählen, die in ihrer Höhe verbrauchsabhängig sind, wesentlichen Schwankungen unterliegen können und daher vom Vermieter weder vorherzusehen noch zu beeinflussen sind (vgl. BGH NJW 2004, 1102). Hinzu kommt, dass der Mieter bei zu niedrig bemessenen Vorauszahlungen faktisch einen zinslosen Kredit für die nicht gedeckten Nachzahlungsbeträge erhält. Darin liegt ein Vorteil für den Mieter.

Eine Pflichtverletzung des Vermieters ist nur dann zu bejahen, wenn besondere Umstände gegeben sind. Derartige besondere Umstände können etwa z...

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