Leitsatz (amtlich)
1. Überschreitet die vom Sachverständigen begehrte Vergütung den Auslagenvorschuss um mehr als 20 % und hat der Sachverständige auf die Überschreitung nicht rechtzeitig hingewiesen, so ist die Vergütung mit dem Betrag des Vorschusses zu kappen.
2. Die frühere Rechtsprechung, nach der die Kürzung der Vergütung des Sachverständigen unterblieb, wenn davon auszugehen war, dass es auch bei pflichtgemäßer Anzeige zu einer Fortsetzung seiner Tätigkeit gekommen wäre, ist durch die gesetzliche Neuregelung des § 8a Abs. 4 JVEG überholt.
Normenkette
JVEG §§ 4, 8a
Verfahrensgang
LG Duisburg (Beschluss vom 29.04.2016; Aktenzeichen 4 O 297/14) |
Tenor
Auf die Beschwerde der Landeskasse wird der Beschluss der 4. Zivilkammer des LG Duisburg - Einzelrichter - vom 29.4.2016 abgeändert. Die Vergütung des Sachverständigen B. für seine Gutachtertätigkeit wird auf insgesamt 1.500 EUR festgesetzt. Der weiter gehende Vergütungsantrag des Sachverständigen wird zurückgewiesen.
Das Verfahren ist gebührenfrei. Kosten werden nicht erstattet.
Gründe
I. Die Beschwerde der Landeskasse ist gemäß § 4 Abs. 3 JVEG zulässig und hat in der Sache Erfolg.
Der Vergütungsanspruch des Sachverständigen besteht gemäß § 8a Abs. 4 JVEG insgesamt nur in Höhe des Auslagenvorschusses von 1.500 EUR. Nach dieser Vorschrift erhält der Sachverständige eine Vergütung nur in Höhe des Auslagenvorschusses, wenn die Vergütung den angeforderten Auslagenvorschuss erheblich übersteigt und der Berechtigte nicht rechtzeitig nach § 407a Abs. 3 Satz 2 ZPO auf diesen Umstand hingewiesen hat. Diese Voraussetzungen sind vorliegend erfüllt. Die vom Sachverständigen begehrte Vergütung übersteigt den Auslagenvorschuss um mehr als 20 % und damit erheblich im Sinne des § 8a Abs. 4 JVEG (vgl. BT-Drucks. 17/11471 (neu), S. 260). Auf die Überschreitung hat der Sachverständige nicht rechtzeitig hingewiesen und damit gegen seine Mitteilungspflicht nach § 407a Abs. 3 Satz 2 ZPO verstoßen. Mangelndes Verschulden (§ 8a Abs. 5 JVEG) hat der Sachverständige nicht dargelegt. Insbesondere gibt das Vorbringen des Sachverständigen, es seien wider Erwarten drei (statt einer) Wasserproben erforderlich geworden und die Untersuchung habe innerhalb von 5 Stunden erfolgen müssen, hierfür nichts her. Zutreffend verweist die Beschwerde darauf, dass die Kostenüberschreitung erst durch die nachfolgende Weiterbearbeitung realisiert worden ist. Es hätte dem Sachverständigen oblegen, das Gericht vor der weiteren Bearbeitung des Gutachtens auf die notwendige Erhöhung des Kostenvorschusses hinzuweisen. Die Beurteilung, inwieweit bereits angefallene Kosten bei einem Abbruch der Begutachtung vergeblich aufgewendet worden wären, obliegt nicht dem Sachverständigen.
Nach dem eindeutigen Wortlaut des § 8a Abs. 4 JVEG ist die Vergütung des Sachverständigen somit entsprechend dem ausdrücklichen Hinweis in den Gesetzesmaterialien (BT-Drucks. 17/11471 (neu), S. 260) "mit dem Betrag des Vorschusses zu kappen (vgl. Senat, I-10 W 137/15, Beschluss vom 20.10.2015; OLG Hamm, I-24 U 220/12, Beschluss vom 24.7.2014). Die frühere Rechtsprechung, nach der die Kürzung der Vergütung des Sachverständigen unterblieb, wenn davon auszugehen war, dass es auch bei pflichtgemäßer Anzeige zu einer Fortsetzung seiner Tätigkeit gekommen wäre, ist durch die gesetzliche Neuregelung des § 8a Abs. 4 JVEG überholt. Der klare und eindeutige Wortlaut der gesetzlichen Bestimmung lässt keinen Spielraum für eine einschränkende Auslegung.
II. Der Kostenausspruch folgt aus §§ 4 Abs. 8 JVEG.
Fundstellen
BauR 2017, 771 |
JurBüro 2016, 485 |
DS 2016, 206 |
GuG 2017, 205 |