Verfahrensgang
BKartA (Beschluss vom 03.12.2014; Aktenzeichen B 2 - 96/14-EA) |
Nachgehend
Tenor
I. Auf die Beschwerde der Beteiligten zu 1. wird festgestellt, dass der Beschluss des Bundeskartellamts vom 3.12.2014 (Az.: B 2 - 96/14-EA) rechtswidrig war, soweit er auf § 32a GWB gestützt worden ist. Im Übrigen wird ihre Beschwerde als unzulässig verworfen.
Auf die Beschwerde der Beteiligten zu 2. bis 4. wird festgestellt, dass der Beschluss des Bundeskartellamts vom 3.12.2014 (Az.: B 2 - 96/14-EA) rechtswidrig war, soweit er auf § 32a GWB und bezüglich der Anordnung in Ziff. I (Warenbeschaffung) auf § 60 Nr. 1 GWB gestützt worden ist. Im Übrigen wird ihre Beschwerde als unzulässig verworfen.
II. Die Kosten des Beschwerdeverfahrens tragen das Bundeskartellamt zu 4/6 und die Beteiligten zu 1. bis 4. als Gesamtschuldner zu 2/6. Die zur zweckentsprechenden Erledigung der Angelegenheit notwendigen Kosten der Beteiligten zu 1. trägt das Bundeskartellamt zu ½ und die der Beteiligten zu 2. bis 4. zu 4/6.
III. Die Rechtsbeschwerde wird nicht zugelassen.
IV. Der Wert des Beschwerdeverfahrens beträgt 5 Mio. EUR. Hiervon entfallen 2 Mio. EUR auf Ziff. I. des Beschlusstenors des Amtes.
Gründe
I. Im Jahr 2014 beabsichtigte die Beteiligte zu 1. (nachfolgend: F.), die von den Beteiligten zu 2.-4. (nachfolgend: L.) betriebenen Lebensmitteleinzelhandelsgeschäfte zu übernehmen. Das Bundeskartellamt und die Öffentlichkeit informierte F. hierüber im Oktober 2014.
L. betreibt in... sowie in... insgesamt 475 LEH-Filialen als Vollsortimenter. Sie verfügt über insgesamt vier Lagerstandorte (...) und mehrere (drei) Fleischwerke (...). Bis zur Bekanntgabe der beabsichtigten Fusion war die Warenbeschaffung von L. so organisiert, dass sie den überwiegenden Teil der Herstellermarken (... %) und nahezu (... %) alle Handelsmarken unmittelbar selbst bei den Herstellern beschaffte. Den restlichen Teil ihres Beschaffungsvolumens (... %) besorgte sie sich über die Einkaufskooperation "A.", in die sie aufgrund eines Kooperationsvertrages mit der Fa. C. seit April 2006 eingebunden war. Die Abrechnung und Regulierung der Warenlieferungen erfolgt über die konzerneigene Zentralregulierung von L. und über die Fa. N.. Letzteres insbesondere für die Waren, die über "A." beschafft worden sind.
Der am 1.10.2014 zwischen F. und L. geschlossene Kaufvertrag sieht die Übertragung der LEH-Geschäfte von L. an F. durch Veräußerung sämtlicher Geschäftsanteile an den Zielgesellschaften vor. In Ziff. (H) der Präambel des Kaufvertrags ist die Absicht von L. formuliert, vor Vollzug der Fusion.. in einer Anlage zum Vertrag aufgelistete Filialen in der Region B. (sog. Carve-Out-Filialen) entweder zu schließen, zu veräußern oder in sonstiger Weise an einen oder mehrere Dritte zu übertragen. In Ziff. 5.1 (b) des Kaufvertrags ist als aufschiebende Bedingung für den Vollzug der Gesamtfusion unter anderem der Vollzug des Carve-Outs vereinbart. Ziff. 3 des Kaufvertrages verhält sich über den vereinbarten Gesamtkaufpreis. Nach Ziff. 3.1 (c) i.V.m. der Anlage 3.1 (c) erhöht sich der Grundkaufpreis um den Betrag, der bis zum Ablauf des Übernahmestichtags von L. für Restrukturierungsmaßahmen (Abbau von Lagerstandorten, Fleischwerken und Verwaltungsfunktionen) aufgewandt worden ist. Neben dem Kaufvertrag haben F. und L. am selben Tag einen Rahmenvertrag geschlossen, der für eine Laufzeit von (...) Jahren beginnend ab dem 1.1.2015 geschlossen worden ist. Er regelt unter Ziff. I den Kauf von Waren und unter Ziff. II. die Zentralregulierung. Nach I. § 1 (1) Satz 1 des Rahmenvertrags erhält L. die Möglichkeit, bei der F. AG und der F. Zentralhandelsgesellschaft mH sämtliche Waren zu kaufen, die F. bei Lieferanten beziehen kann. Eine Bezugspflicht besteht nach I. § 1 (1) Satz 1 des Rahmenvertrags nur für... Hinsichtlich... Konditionen im Warengeschäft wird L. mit den regionalen F. Großhandelsbetrieben ausdrücklich gleichbehandelt (I. § 3 RahmenV). Als "Gegenleistung für die Aufnahme der Belieferung" zahlt F. an L. einen Betrag in Höhe von (... EUR), der in mehreren zeitlich gestaffelten Teilzahlungen zu erbringen ist (I. § 1 (4) RahmenV). In Abschnitt "II. Zentralregulierung" ist vereinbart, dass F. für sämtliche Lieferungen und Leistungen ihrer Vertragslieferanten an L. die Zentralregulierung, das Delkredere und den gesamten Zahlungs- und Abrechnungsverkehr übernimmt. Wegen weiterer Einzelheiten wird auf den Rahmenvertrag vom 1.10.2014 (Bl. 468-483 GA) Bezug genommen.
Nach Bekanntgabe des Fusionsvorhabens bat C. im Oktober 2014 um Aufhebung der Kooperationsvereinbarung mit L., weil ihr die vereinbarte Vertraulichkeit in Bezug auf Einkaufskonditionen und sonstiger Inhalte der Zusammenarbeit nicht mehr gewährleistet schien. Die Einkaufskooperation endete einvernehmlich mit Wirkung zum 31.12.2014. Gleichzeitig schloss L. mit C. einen Belieferungsvertrag, der es ihr ermöglichte, ab dem ...