Verfahrensgang

BKartA (Beschluss vom 07.04.2011; Aktenzeichen VK 1 - 23/11)

 

Tenor

Auf die sofortige Beschwerde der Antragsgegnerin wird der Beschluss der 1. Vergabekammer des Bundes vom 7. April 2011 (VK 1-23/11) aufgehoben.

Der Nachprüfungsantrag wird abgelehnt.

Die Kosten des Verfahrens vor der Vergabekammer, die den Verfahrensbeteiligten in diesem Verfahren entstandenen Aufwendungen und die Kosten des Beschwerdeverfahrens werden - soweit sie nicht Gebührenfreiheit genießt - zu 2/3 der Antragsgegnerin und zu 1/3 der Antragstellerin auferlegt. Den Beigeladenen sind außergerichtliche Kosten nicht zu erstatten.

Streitwert für das Beschwerdeverfahren: bis 700.000 Euro

 

Gründe

I. Das Auswärtige Amt als Vergabestelle schrieb zur Förderung des Deutschlandbilds im Ausland im Februar 2011 Leistungen zur Bereitstellung und Bewerbung von Nachrichtenmeldungen (Los 1) sowie zur Bereitstellung von entsprechendem Bild- und Tonmaterial (Los 2) im Verhandlungsverfahren mit vorherigem Teilnahmewettbewerb aus. Das Amt verstand das Vergabeverfahren erklärtermaßen als ein solches nach VOF (freiberufliche Leistungen). Nachdem ihr die Vergabeunterlagen zugegangen waren, ließ die Antragstellerin unter dem 9.2.2011 verschiedene Rügen anbringen, welche das Amt mit Schreiben vom 18.2.2011 zurückwies. Darauf stellte die Antragstellerin unter dem 3.3.2011 einen Nachprüfungsantrag. Angebote sind von den dazu zugelassenen Bewerbern, und zwar von der Antragstellerin und den Beigeladenen, inzwischen abgegeben worden. Es sind aber bislang weder Verhandlungen geführt, noch ist die abschließende Vergabeentscheidung getroffen worden.

Im Nachprüfungsverfahren haben die Verfahrensbeteiligten vor allem über die Statthaftigkeit des Verhandlungsverfahrens (die Antragstellerin hat nach verschiedenen Korrekturen im Vergabeverfahren zur Abwendung einer von ihr befürchteten willkürlichen Auftragsvergabe ein offenes Verfahren gefordert), über die Freiberuflichkeit der Leistungen und deren eindeutige Beschreibbarkeit sowie über eine (unzulässige) Vermengung von Eignungs- und Zuschlagskriterien sowie über Mängel des Vergabevermerks gestritten.

Die Vergabekammer hat der Antragsgegnerin antragsgemäß die Erteilung eines Zuschlags untersagt und ihr die Durchführung eines offenen Vergabeverfahrens aufgegeben. Sie hat die Lösung der ausgeschriebenen Aufgabe für vorab eindeutig und erschöpfend beschreibbar gehalten. Über weitere Streitpunkte hat die Vergabekammer nicht entschieden. Auf die Gründe ihres Beschlusses wird verwiesen.

Dagegen hat die Antragsgegnerin sofortige Beschwerde eingelegt, mit der sie die rechtliche Wertung der Vergabekammer angreift und das beschrittene Verhandlungsverfahren nach VOF und die Dokumentation des Vergabeverfahrens verteidigt. Sie ist überdies der Ansicht, die Antragstellerin habe unzulässigerweise einen verfrühten Nachprüfungsantrag gestellt.

Die Antragsgegnerin beantragt,

unter Aufhebung des angefochtenen Beschlusses den Nachprüfungsantrag zu verwerfen, hilfsweise, ihn zurückzuweisen.

Die Antragstellerin beantragt,

die sofortige Beschwerde zurückzuweisen.

Die Antragstellerin wiederholt und vertieft ihre erstinstanzlichen Beanstandungen.

Wegen der Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf die Schriftsätze und die Anlagen Bezug genommen.

Im Beschwerdeverfahren sind die Beigeladenen als Auftragsprätendenten am Nachprüfungsverfahren beteiligt worden. Sie haben keine Anträge gestellt und sich zur Sache schriftsätzlich nicht geäußert.

Auf die Erörterung der Sach- und Rechtslage in der mündlichen Verhandlung vor dem Senat hat das Auswärtige Amt bestimmte erörterte Vergaberechtsverstöße behoben, die Bieter davon unterrichtet und ihnen innerhalb einer Frist von sechs Wochen Gelegenheit gegeben, ihre Angebote zu erneuern. Dazu hat das Amt innerhalb der ihm entsprechend § 139 Abs. 2 Satz 1 ZPO gewährten Äußerungsfrist vorgetragen. Die Antragstellerin sieht darin keine Veranlassung, das Nachprüfungsverfahren für in der Hauptsache erledigt zu erklären. Sie besteht weiter darauf, dass ein offenes Verfahren durchzuführen sei.

II. Der Nachprüfungsantrag ist zulässig, aber unbegründet geworden.

1. Der Nachprüfungsantrag ist entgegen der Ansicht der Beschwerde allerdings nicht verfrüht angebracht worden und deswegen unzulässig. Die Antragstellerin hatte für den Nachprüfungsantrag entgegen der Meinung der Antragsgegnerin nicht die abschließende Vergabeentscheidung des Auswärtigen Amts abzuwarten. Sie hatte das Vergabeverfahren wegen verschiedener Rechtsverstöße (allesamt vergaberechtlich erhebliche Zwischenentscheidungen resp. Vorentscheidungen des Amtes für die letztendlich zu treffende Vergabeentscheidung) unter dem 9.2.2011 unverzüglich gerügt (§ 107 Abs. 3 Satz 1 Nr. 1 GWB). Das Amt hatte die Rügen mit Schreiben vom 18.2.2011 abschlägig beschieden. Vom Eingang dieser Mitteilung an lief die 15-Tage-Frist nach § 107 Abs. 3 Satz 1 Nr. 4 GWB für die Anbringung des Nachprüfungsantrags, der von der Antragstellerin fristgerecht gestellt worden ist. Zwar ist...

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