Entscheidungsstichwort (Thema)

Zur Zulässigkeit von Vorgaben der Bundesnetzagentur zur Einführung eines für alle Netzbetreiber verbindlichen einheitlichen Dateisystems

 

Leitsatz (redaktionell)

1. Die Festlegung des einheitlichen Datenformats "EDIFACT" für alle Netzbetreiber durch die Netzagentur ist durch § 27 Abs. 1 Nr. 11 StromNZV gedeckt. Diese Verordnung ermächtigt die Regulierungsbehörde, Festlegungen zu bundeseinheitlichen Regelungen zum Datenaustausch zwischen den betroffenen Marktteilnehmern, insbesondere zu Fristen, Formaten sowie Prozessen, die eine größtmögliche Automatisierung ermöglichen, zu treffen.

2. Nicht zu beanstanden ist auch die Festlegung einer Antwortfrist von 5 Werktagen im Geschäftsprozess Ersatzversorgung nach § 38 EnWG.

 

Gründe

I.

Die Beschwerdeführerin ist ein wirtschaftlich eigenständiges Energie- und Wasserversorgungsunternehmen und gibt an ihre ca. 560.000 Kunden ca. 7.300 Millionen kWh Strom im Jahr ab. Sie ist Grundversorger im Netzgebiet der allgemeinen Versorgung und sichert die Ersatzversorgung gegenüber den Haushaltskunden in ihrem Netzgebiet.

Am 22.2.2006 veröffentlichte die Bundesnetzagentur den Entwurf einer Festlegung zur Vorgabe einheitlicher Geschäftsprozesse und Datenformate bei der Belieferung von Kunden mit Elektrizität (Amtsblatt BNA 4/2006 Seite 711).

Mit Beschluss vom 11.7.2006 hat die Bundesnetzagentur die streitgegenständliche Festlegung erlassen (BK6 - 06-009, Amtsblatt BNA 14/2006 vom 19.7.2006, S. 1911 ff, Vfg. Nr. 33/2006). Darin bestimmte sie in Ziffer 1 i.V.m. der Anlage einheitliche Geschäftsprozesse (Lieferantenwechsel, Lieferende, Lieferbeginn, Ersatzversorgung, Zählerstand-/Zählwertermittlung, Netznutzungsabrechnung, Stammdatenänderung, Geschäftsdatenanfrage) zur Anbahnung und zur Abwicklung der Netznutzung bei der Belieferung von Letztverbrauchern mit Elektrizität. In Ziffer 2 und 3 werden die entsprechenden Datenformate einheitlich für alle Netzbetreiber bestimmt. Ziffer 4 enthält Übergangsfristen. Ziffer 5 sieht eine Ausnahme von der zwingenden Verwendung des festgelegten Datenformats und der festgelegten Nachrichtenformate vor. Ziffer 6 enthält eine zweite Ausnahme für eine mit dem Betreiber eines Elektrizitätsversorgungsnetzes verbundene Vertriebsorganisation. Zu den Einzelheiten der Festlegung wird auf den Inhalt des Beschlusses einschließlich der zugehörigen Anlagen Bezug genommen.

Gegen diese Festlegung wendet sich die Beschwerdeführerin mit dem Antrag,

den Beschluss der Beschwerdegegnerin vom 11.07.2006 (BK6 - 06-009, Amtsblatt BNA 14/2006, S. 1911 ff, Vfg. Nr. 33/2006) aufzuheben.

Die Beschwerdeführerin ist der Ansicht, nach § 27 Abs. 1 StromNZV könne die Regulierungsbehörde Festlegungen nur zur Verwirklichung eines effektiven Netzzugangs und zur Verwirklichung der in § 1 Abs. 1 EnWG genannten Zwecke erlassen. Die Beschwerdegegnerin stütze sich indessen auf Erwägungen, die der Verwirklichung der Ziele des § 1 Abs. 2 EnWG dienten. Im einzelnen:

1.

Die Festlegung zu dem Geschäftsprozess "Ersatzversorgung" sehe gemäß Ziff. 1 i.V.m. der Anlage II. 4 (S. 64, lfd. Nr. 7) vor, dass der Grundversorger innerhalb von fünf Werktagen auf die Meldung des Netzbetreibers über eine Abmeldung des Kunden antworte. Zum einen hätte die Beschwerdegegnerin darlegen müssen, weshalb die Frist für einen effizienten Netzzugang und zur Verwirklichung der Ziele des § 1 Abs. 1 EnWG erforderlich sei. Zum anderen sei die Frist nicht ausreichend bemessen.

2.

Abwägungsfehlerhaft seien auch die Festlegung des Datenformats EDIFACT (Ziff. 2) sowie die Umsetzungsfrist für die EDIFACT-Nachrichtentypen. Die Festlegung erfasse sowohl externe als auch (bei vertikal integrierten Unternehmen) interne Geschäftsprozesse. Die Ausnahmeregelung in Ziff. 6 sei aufgrund ihrer engen Voraussetzungen und der Befristung nicht ausreichend, um die Nachteile für die betroffenen Unternehmen in einer den Grundsatz der Verhältnismäßigkeit wahrenden Weise zu kompensieren.

Die Festlegung schreibe das Datenformat EDIFACT vor, obwohl das CSV-Format bislang die größte Verbreitung gefunden habe. Auch habe die Beschwerdegegnerin in anderem Zusammenhang festgestellt, dass andere Datenformate offenbar noch effizienter seien.

Eine ordnungsgemäße Abwägung fehle auch bei der Festlegung der Umsetzungsfrist, nämlich zu der Frage, welcher Zeitraum für die Umsetzung der erforderlichen Schritte notwendig sei.

Die Festlegung des EDIFACT-Datenformats ohne dauerhafte Ausnahmebestimmung für die internen Prozesse vertikal integrierter Unternehmen führe zu erheblichen finanziellen Belastungen dieser Unternehmen. Die Beschwerdeführerin nutze bislang das 1-Mandantensystem mit einer gemeinsamen Datenhaltung für die Abrechnung sowohl der Netznutzung als auch des Energieverbrauchs. Die Implementierung eines 2-Vertragssystems mit gesonderter Datenhaltung für den Netzbereich und den Vertrieb sei nahezu abgeschlossen. Dadurch entstünden der Beschwerdeführerin bereits erhebliche Mehraufwendungen.

Die Einführung dieses Datenformats zum 02.10.2009 ...

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