Leitsatz (amtlich)
1. Als Umstrukturierungsmaßnahme i.S.d. § 23 ARegV kann nicht schon jeder qualitativ höherwertige Ersatz eines Anlagenguts des bestehenden Netzes verstanden werden. Mit Umstrukturierungsmaßnahmen hatte der Verordnungsgeber grundlegende, mit erheblichen Kosten verbundene substantielle Umgestaltungen des Netzes im Blick, wie etwa den Ausbau, die Optimierung oder die Verstärkung des Netzes aufgrund einer Veränderung der Versorgungs- und Transportaufgabe.
2. Das Regelbeispiel des § 23 Abs. 1 Satz 2 Nr. 7 ARegV sieht vor, dass nicht alle "Umstrukturierungsmaßnahmen", die erforderlich sind, um technische Standards zur Gewährleistung der technischen Sicherheit des Netzes umzusetzen, Gegenstand eines Investitionsbudgets sein können, sondern nur grundsätzliche, mit erheblichen Kosten verbundene, die behördlich angeordnet sind oder deren Notwendigkeit behördlich bestätigt ist. Daraus folgt im Gegenzug, dass im Übrigen Maßnahmen, die diese Voraussetzungen nicht kumulativ erfüllen, nicht als Investitionsmaßnahme i.S.d. § 23 ARegV gelten können.
Normenkette
EnWG § 21a; ARegV § 23
Verfahrensgang
Bundesnetzagentur (Beschluss vom 27.08.2010) |
Tenor
Die Beschwerde der Antragstellerin gegen den Beschluss der Beschlusskammer 4 der Bundesnetzagentur vom 27.8.2010 - ... - wird zurückgewiesen.
Die Beschwerdeführerin hat die Kosten des Beschwerdeverfahrens einschließlich der notwendigen Auslagen der Bundesnetzagentur zu tragen.
Der Gegenstandswert für das Beschwerdeverfahren wird auf ... EUR festgesetzt.
Die Rechtsbeschwerde wird zugelassen.
Gründe
A. Die Beschwerdeführerin betreibt das Höchstspannungsnetz in den Bundesländern ...
Unter dem 30.6.2008 beantragte sie die Genehmigung mehrerer Investitionsbudgets, darunter auch das verfahrensgegenständliche, das im Anhang zu diesem Schreiben unter der Ziff. 08 I BA 45 und dem Projektnamen "Umstrukturierung Anlagenkomponenten Umspannwerk A." aufgeführt ist. Mit der beantragten Maßnahme verfolgt die Antragstellerin ihren Angaben zufolge das Ziel, das ... in Betrieb genommene Umspannwerk A. u.a. um eine digitale Schutz- und Leittechnik, inklusive der erforderlichen Nebenanlagen "zu erweitern" und eine 110-kV-Leistungsabführung eines 220/110-kV-Transformators zu erneuern. Im Einzelnen umfasst das Projekt den Aufbau einer neuen digitalen Schutztechnik, ein Upgrade der vorhandenen Stationsleittechnik sowie den Neubau von Betriebsgebäuden, einer Eigenbedarfsanlage und eine 110-kV-Leistungsabführung.
Zur Begründung ihres Antrags hat sie vorgetragen, ihre Umspannwerke und Schaltanlagen würden unbesetzt betrieben. Für die Steuerung und Überwachung der Anlagen würden die Informationen einschließlich Messwert und Befehle in einer Stationsleittechnik verarbeitet und an die Zentrale Netzsteuerstelle (TCC) für die Führung des Systems und den Betrieb der Höchstspannungsanlagen übertragen. Für die selektive Erfassung und Abschaltung von Höchstspannungsfehlern seien in der Anlage umfangreiche Netzschutzsysteme installiert. Diese müssten Netzfehler bei den unterschiedlichsten Netzverhältnissen selektiv in kurzer Zeit (unter 150 ms gemäß Transmission Code) erfassen und abschalten. Die Zuverlässigkeit des Gesamtschutzsystems müsse für Schutzauslösungen bei Netzfehlern über 99,9 % liegen. Die technische Auslegung des Netzschutzsystems richte sich nach § 16 EnWG, Netzanschlussverträgen, verschiedenen DIN-Normen, dem Transmission Code 2007 und nach Ergebnissen von transienten Stabilitätsuntersuchungen des Netzes und der Kraftwerkseinspeisungen. Für das ordnungsgemäße Funktionieren der Schutzeinrichtungen seien die hoch verfügbaren und nahezu verzögerungsfreien Kommunikationswege zwischen den Umspannwerken und Schaltanlagen notwendig. Neben den Netzschutzsignalen würden Informationen aus den Höchstspannungsanlagen sowie von den Netzanschlusskunden zur zentralen Netzsteuerstelle (TCC) über ein hochverfügbares Nachrichtenübertragungsnetz übertragen. Für den optimierten Regelenergieverbund seien die Informationen aus den Anlagen mit Kraftwerkseinspeisung unverzichtbar. Die Notwendigkeit der Umstrukturierung der Netzschutzeinrichtungen ergebe sich vorrangig aus der Beherrschung der Anregebedingungen des Netzschutzes im Fehlerfall aufgrund veränderter Netzbedingungen. Durch den Rückbau des 220-kV-Netzes, der Außerbetriebnahme von Altkraftwerken in den 90er Jahren in der Netzregion sowie durch die verstärkte EEG-Einspeisung mit geringer Kurzschlussleistung seien die im Fehlerfall auftretenden Kurzschlussströme so gering, dass die vorhandenen elektromechanischen Schutzeinrichtungen die Fehler nicht mehr erfassen könnten. Die Anlage habe die Aufgabe der regionalen Versorgung des betreffenden Netzausschnittes, wobei die Anforderungen an die Versorgungszuverlässigkeit besonders hoch seien, da es sich um ein einpunktversorgtes 110-kV-Teilnetz handele. Sie plane, das Umspannwerk, das derzeit mit elektromechanischen Schutzeinrichtungen ausgerüstet sei, um neue digitale Schutzeinrichtungen mit Signalvergleich und...