Leitsatz (amtlich)
1. Wird während eines (hier: vor dem 01.09.2003 eingeleiteten) Spruchverfahrens das Insolvenzverfahren über das Vermögen der Gesellschaft eröffnet, ist der Anspruch des gemeinsamen Vertreters der außenstehenden Aktionäre auf Auslagenersatz und Vergütung keine Insolvenzforderung, sondern eine sonstige Masseverbindlichkeit gemäß § 55 Abs. 1 InsO.
2. Hat der Insolvenzverwalter Masseunzulänglichkeit angezeigt, steht dies der Festsetzung des Anspruchs gemäß §§ 209 Abs. 1 Nr. 3, 210 InsO entgegen. In diesem Fall ist festzustellen, dass dem gemeinsamen Vertreter ein entsprechender Masseanspruch zusteht.
Normenkette
UmWG a.F. § 308; InsO §§ 55, 209-210
Verfahrensgang
LG Köln (Beschluss vom 28.05.2014; Aktenzeichen 82 O 104/03) |
Nachgehend
Tenor
Auf die Beschwerde des Antragsgegners gegen die Festsetzung der Vergütung des gemeinsamen Vertreters der außenstehenden Aktionäre wird der Beschluss der 2. Kammer für Handelssachen des LG Köln vom 28.05.2014 unter Zurückweisung des weiter gehenden Rechtsmittels teilweise abgeändert.
Es wird festgestellt, dass dem gemeinsamen Vertreter der außenstehenden Aktionäre ein Anspruch auf Vergütung und Auslagenersatz in Höhe von (brutto) 85.665,72 EUR abzüglich des bereits durch Beschluss des LG vom 13.09.2004 gewährten Vorschusses in Höhe von (brutto) 10.000 EUR nebst Zinsen i.H.v. 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 02.10.2013 als Masseforderung zusteht.
Die weiter gehenden Anträge des gemeinsamen Vertreters der außenstehenden Aktionäre werden zurückgewiesen.
Die Kosten des Beschwerdeverfahrens hat der Antragsgegner zu tragen.
Gegenstandswert: 75.665,72 EUR
Gründe
A. Die Antragsteller waren Aktionäre der B-AG. Diese Gesellschaft wurde durch Verschmelzungsvertrag vom 07.10.2002 auf die... AG verschmolzen. Letztere wurde durch Hauptversammlungsbeschluss vom 07.07.2003 in... A. AG umfirmiert. Zur Überprüfung der Angemessenheit des Umtauschverhältnisses in dem Verschmelzungsvertrag haben die Antragsteller im Jahre 2003 ein Spruchverfahren eingeleitet.
Im Verlaufe des Spruchverfahrens wurde über das Vermögen der A. AG durch Beschluss des AG Köln vom 1.04.2009 das Insolvenzverfahren eröffnet und Rechtsanwalt Dr. B. - der nunmehrige Antragsgegner - zum Insolvenzverwalter bestellt (Bl. 575 ff. GA). Dieser zeigte am 08.03.2010 gegenüber dem Insolvenzgericht Masseunzulänglichkeit an (Bl. 857 f. GA).
Mit Beschluss vom 26.07.2013 hat die 2. Kammer für Handelssachen des LG Köln entsprechend § 15 UmwG bare Zuzahlungen in Höhe von 3,02 EUR je Stammaktie und 2,73 EUR je Vorzugsaktie der B- AG festgesetzt, weil das Umtauschverhältnis des Verschmelzungsvertrags nach dem Ergebnis des eingeholten Sachverständigengutachtens zu niedrig bemessen und daher unangemessen war. Entsprechend §§ 312 Abs. 4 Satz 1, 308 Abs. 2 UmwG (a.F.) hat es dem Antragsgegner die Kosten des Verfahrens einschließlich der Vergütung und Auslagen des gemeinsamen Vertreters der außenstehenden Aktionäre sowie die Kosten der Antragsteller auferlegt. Den Geschäftswert hat die Kammer auf 7,5 Mio. EUR festgesetzt.
Mit Schriftsatz vom 18.09.2013 beantragte Rechtsanwalt Dr. C. in seiner Eigenschaft als gemeinsamer Vertreter der außenstehenden Aktionäre, seine Vergütung unter Berücksichtigung jeweils einer 10/10 Geschäftsgebühr, Besprechungsgebühr und Beweisgebühr (§ 118 Abs. 1 Nr. 1 bis 3 BRAGO) auf 85.665,72 EUR abzüglich eines erhaltenen Vorschusses von 10.000 EUR festzusetzen. Dem trat der Antragsgegner entgegen und machte zunächst geltend, der Vergütungsfestsetzungsantrag sei unzulässig, da er bereits mit Schreiben vom 08.03.2010 gegenüber dem zuständigen Insolvenzgericht Köln Masseunzulänglichkeit nach § 208 InsO angezeigt habe. Diese Anzeige sei für das LG bindend. Nachfolgend berief er sich darauf, dass der Kostenerstattungsanspruch lediglich eine Insolvenzforderung gemäß § 38 InsO darstelle, da die Fortführung des schwebenden Verfahrens durch ihn als Partei kraft Amtes gesetzlich erzwungen gewesen sei und nicht auf einer freiwilligen Entscheidung und damit einer Rechtshandlung i.S. des § 55 Abs. 1 Nr. 1 InsO beruht habe. Der Vertreter der außenstehenden Aktionäre hat demgegenüber geltend gemacht, bei dem Vergütungsanspruch handele es sich um eine Neu-Masseverbindlichkeit, da er erst durch die Festsetzung seitens des Gerichts entstehe. Ungeachtet dessen sei die Anzeige des Antragsgegners nach § 208 Abs. 1 S. 2 InsO inzwischen überholt, da der Grund für die Anzeige, nämlich die Forderung des gerichtlichen Sachverständigen aus seiner Abschlussrechnung, weggefallen sei, nachdem der Sachverständige auf seinen restlichen Honoraranspruch von rund 60.000 EUR verzichtet habe. Eine möglicherweise einmal drohende Masseunzulänglichkeit könne inzwischen längst als überwunden gelten. Hilfsweise hat er beantragt, einen entsprechenden Masseanspruch festzustellen und zusätzlich zu seinen Gunsten eine gesonderte Vergütung, deren Höhe in das Ermessen des Gerichts gestellt werd...