Verfahrensgang

Vergabekammer bei der Bezirksregierung Arnsberg (Beschluss vom 29.10.2009; Aktenzeichen VK 21/09)

 

Tenor

1. Auf die sofortige Beschwerde der Antragstellerin wird - unter Zurückweisung der Beschwerde im Übrigen - der Beschluss der Vergabekammer bei der Bezirksregierung Arnsberg vom 29.10.2009 (VK21/09) zu 1.-4. aufgehoben.

2. Der Antragsgegnerin wird untersagt, den Zuschlag im Vergabeverfahren "Gebäudereinigung" (EU-Bekanntmachung 2008/S 24-032031) zu erteilen, ohne zuvor den Bietern die Möglichkeit eingeräumt zu haben, neue Angebote nach Erstellung entsprechend der Rechtsauffassung des Senats abgeänderter Vergabeunterlagen einzureichen.

Im Übrigen wird der Nachprüfungsantrag zurückgewiesen.

3. Die Kosten der Vergabekammer tragen zu 50 % die Antragstellerin und zu weiteren 50 % die Antragsgegnerin und die Beigeladene als Gesamtschuldner.

Die zur zweckentsprechenden Rechtsverfolgung notwendigen Aufwendungen der Verfahrensbeteiligten vor der Vergabekammer werden wie folgt verteilt:

Die Aufwendungen der Antragstellerin tragen zu je 25 % die Antragsgegnerin und die Beigeladene. Die Aufwendungen der Antragsgegnerin und der Beigeladenen trägt zu je 50 % die Antragstellerin. Im Übrigen findet eine Kostenausgleichung nicht statt.

Die Hinzuziehung von anwaltlichen Bevollmächtigten war für die Verfahrensbeteiligten notwendig.

4. Die Gerichtskosten des Beschwerdeverfahrens sowie die außergerichtlichen Kosten der Antragstellerin tragen zu 50 % die Antragstellerin selbst und zu je 25 % die Antragsgegnerin und die Beigeladene. Die jeweiligen außergerichtlichen Kosten der Antragsgegnerin und der Beigeladenen tragen zu je 50 % diese selbst und zu 50 % die Antragstellerin.

Der Streitwert wird auf 150.000 EUR festgesetzt.

 

Gründe

I. Mit EU-Bekanntmachung vom 5.2.2008 schrieb die Antragsgegnerin Reinigungsdienstleistungen in ihren Gebäuden und auf ihrem Gelände im Verhandlungsverfahren aus. Der Auftrag war in drei getrennt zuschlagbare Lose (1. Gebäudereinigung, 2. Fensterreinigung, 3. Haus- und Hofdienste) aufgeteilt. Der Vertrag sollte vom 1.7.2008 bis zum 30.6.2011 bei Verlängerungsmöglichkeit bis zum 30.6.2013 dauern. Unter "III. 2 TEILNAHMEBEDINGUNGEN Persönliche Lage des Wirtschaftsteilnehmers sowie hinsichtlich der Eintragung in einem Berufs- oder Handelsregister" hieß es u.a.

5. Aktueller Nachweis der Vergütung der eingesetzten Mitarbeiter (nicht älter als 3 Monate) gem. dem Standard des gültigen Tarifvertrages des Gebäudereiniger-Handwerks (3 %).

Zum damaligen Zeitpunkt bestand für das Gebäudereinigerhandwerk neben einem - letztlich zum 30.9.2009 gekündigten - für allgemein verbindlich erklärten Mindestlohntarifvertrag ein Lohntarifvertrag mit höheren Vergütungssätzen. Der Zuschlag sollte nach IV. 2.1 der Bekanntmachung auf das wirtschaftlich günstigste Angebot erfolgen, wobei als Kriterien

1. Preis, Gewichtung 50, 2. Leistungswerte (m2/h), Gewichtung 30, 3. Kalkulierte Produktivstunden, Gewichtung 10, 4. Kalkulierte Aufsichts- und Kontrollstunden: Gewichtung 10 vorgesehen waren.

Nachdem u.a. die Antragstellerin und die Beigeladene im Teilnahmewettbewerb erfolgreich waren, gaben sie Angebote ab. Der Vertragsbeginn war mittlerweile auf den 1.10.2009 verschoben worden. Die Antragsgegnerin lud die Bieter zu einem Bietergespräch am 23.7.2009 ein. Gegenstand der Gespräche waren u.a. Nachlässe auf die Angebotspreise; den Bietern wurde Gelegenheit gegeben, bis zum nächsten Tage Änderungen an ihren Angeboten (in streitigem Umfang) vorzunehmen. Die Antragstellerin bot prozentuale Nachlässe an, während u.a. die Beigeladene, die zuerst nur prozentuale Nachlässe angeboten hatte, am 24.7.2009 ein neu kalkuliertes Angebot einreichte.

Die Antragsgegnerin bewertete das abgeänderte Angebot der Beigeladenen in allen Losen als das wirtschaftlich Günstigste und teile dies der Antragstellerin mit Schreiben vom 28.7.2009 mit.

Die Antragstellerin rügte dies und reichte einen Nachprüfungsantrag ein. Sie machte zunächst geltend, sie könne sich auf Grund ihrer Markterfahrung nicht vorstellen, dass jemand ein besseres Angebot als das ihrige, das bereits sehr knapp kalkuliert sei, abgegeben habe. Eine nachvollziehbare Begründung dafür ergebe sich auch nicht aus dem Schreiben vom 28.7.2009, welches daher § 13 S. 1 VgV nicht entspreche. Nach teilweiser Akteneinsicht hat sie des Weiteren gerügt, im Gegensatz zur Beigeladenen sei ihr im Bietergespräch vom 23.7.2009 lediglich gestattet worden, pauschale Nachlässe anzubieten, weitergehende Änderungen seien ihr untersagt worden. Sie hat schließlich vermutet, die Angebote der anderen Bieter hätten nicht der Leistungsbeschreibung entsprochen und seien daher auszuschließen gewesen. Zudem habe die Antragsgegnerin bei der Bewertung Bedarfspositionen nicht bewertet. Schließlich hat sie weitergehende Akteneinsicht begehrt. Sie hat beantragt,

1. festzustellen, dass sie, die Antragstellerin, durch das Verhalten de Antragsgegnerin bzw. deren bevollmächtigter Vergabestelle DSW 21 im Rahmen des Vergabeverfahrens zur...

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