Leitsatz (amtlich)

1. Die Entscheidung der Bundesländer in § 10 Abs. 2 GlüStV und des Landes Rheinland-Pfalz in § 5 Abs. 1 LGlüG zur Errichtung eines staatlichen Glücksspielmonopols unterliegt als hoheitliche Maßnahme des Gesetzgebers nicht dem Kartellrecht und ist demgemäß auch vom BKartA hinzunehmen.

2. Als rein hoheitliche Maßnahme des Gesetzgebers ist ebenso die konkrete Ausgestaltung des staatlichen Glücksspielmonopols durch das Land Rheinland-Pfalz dem Kartellrecht und der kartellbehördlichen Überprüfung entzogen. Dies gilt sowohl für die in § 5 LGlüG RP vorgesehenen verschiedenen Ausgestaltungsvarianten des staatlichen Monopols als auch für die konkrete Auswahlentscheidung des Finanzministeriums des Landes Rheinland-Pfalz, sich zur Durchführung der öffentlichen Glücksspiele der Lotto GmbH zu bedienen und hierzu eine beherrschende Stellung des Landes in der Gesellschaft zu begründen.

3. Die Regelungen des Landesglückspielrechts treten nicht nach dem in Art. 31 GG normierten Grundsatz, wonach Bundesrecht entgegenstehendes Landesrecht bricht, hinter dem Kartellrecht zurück.

4. Ebenso wenig ist der Landesgesetzgeber aus dem Grundsatz des bundes-freundlichen Verhaltens (Art. 20 Abs. 1 GG) verpflichtet, bei der Ausgestaltung seines Glücksspielrechts diejenige Alternative zu wählen, die mit den Zielen der Zusammenschlusskontrolle übereinstimmt.

5. Da das BKartA die vom rheinland-pfälzischen Gesetzgeber getrof-fene Entscheidung hinzunehmen hat, dass ein staatliches Glücksspielmonopol eingerichtet wird und die öffentlichen Glücksspiele durch die vom Land RP beherrschte Lotto GmbH durchgeführt werden sollen, kann der zur Umsetzung dieser hoheitlichen Maßnahme erforderliche Anteilserwerb des Landes nicht der kartellbehördlichen Zusammenschlusskontrolle unterworfen werden.

 

Normenkette

GG Art. 20 Abs. 1, Art. 31; GWB § § 35 ff., § 130 Abs. 1; GlüStV § 4 Abs. 4, § 10 Abs. 1-2, § 25 Abs. 3; LGlüG RP § 5 Abs. 1-2

 

Verfahrensgang

BKartA (Beschluss vom 29.11.2007; Aktenzeichen B6-92763-Fa-158/07)

 

Tenor

I. Auf die Beschwerden der Beteiligten zu 1. und 2. wird der Beschluss des BKartA vom 29.11.2007 (B 6-92763-Fa-158/07) aufgehoben.

II. Das BKartA trägt die Kosten des Beschwerdeverfahrens. Es hat zudem den Beteiligten zu 1. und zu 2. die im Beschwerdeverfahren zur zweckentsprechenden Erledigung der Angelegenheit entstandenen notwendigen Kosten zu erstatten.

III. Die Rechtsbeschwerde wird nicht zugelassen.

IV. Der Wert des Beschwerdeverfahrens wird auf 5 Mio. EUR festgesetzt.

 

Gründe

I. Die Beschwerdeführerin zu 2. (nachfolgend: Lotto GmbH) betreibt im Bereich der Gebietskörperschaft des Beschwerdeführers zu 1. (nachfolgend Land RP) als von diesem betrautes Unternehmen nach dem Landesglücksspielgesetz des Landes RP u.a. verschiedene Glücksspiellotterien. Derzeit betreibt sie aufgrund staatlicher Konzessionsbescheide des Landes RP die Lotterien und Wettspiele GlücksSpirale, Zahlenlotterie 6 aus 49, Super 6, Spiel 77, Zahlenlotterie Keno, Plus 5, Losbrieflotterie (Rubbellose), Fußballtoto-Auswahlwette, Fußballtotoergebniswette und Oddset-Sport-wette. Gesellschafter der Lotto GmbH sind die Beteiligten zu 3. bis 5.

Das Land RP beabsichtigt, von den Beteiligten zu 3. bis 5. insgesamt 51 % der Anteile der Lotto GmbH zu übernehmen, um darüber einen maßgeblichen Einfluss auf das Glücksspiel in Rheinland-Pfalz nehmen zu können.

Hintergrund für das Übernahmevorhaben sind Regelungen im Staatsvertrag der Bundesländer zum Glücksspielwesen in Deutschland aus dem Jahr 2007 (GlüStV) und des Ratifizierungsgesetzes des Landes RP zu diesem Vertrag (Landesglücksspielgesetz - LGlüG). Ziel des Glückspielstaatsvertrages sind gemäß seines § 1 u.a., "das Entstehen von Glücksspielsucht und Wettsucht zu verhindern und die Voraussetzungen für eine wirksame Suchtbekämpfung zu schaffen" und "das Glücksspielangebot zu begrenzen und den natürlichen Spieltrieb der Bevölkerung in geordnete und überwachte Bahnen zu lenken, insbesondere das Ausweichen auf nicht erlaubte Glücksspiele zu verhindern".

In § 10 GlüStV heißt es hierzu weiter:

"(1) Die Länder haben zur Erreichung der Ziele des § 1 die ordnungsrechtliche Aufgabe, ein ausreichendes Glücksspielangebot sicherzustellen. (...)

(2) Auf gesetzlicher Grundlage können die Länder diese öffentliche Aufgabe selbst, durch juristische Personen des öffentlichen Rechts oder durch privatrechtliche Gesellschaften, an denen juristische Personen des öffentlichen Rechts unmittelbar oder mittelbar maßgeblich beteiligt sind, erfüllen."

§ 25 Abs. 3 GlüStV ergänzt diese Regelung wie folgt:

"Abweichend von § 10 Abs. 2 kann das Land Rheinland-Pfalz seine Aufgabe nach § 10 Abs. 1 durch ein betrautes Unternehmen wahrnehmen."

In § 5 des Landesglücksspielgesetzes hat das Land RP zur Umsetzung vorgenannter Bestimmungen folgende Regelungen getroffen:

"(1) Die in Rheinland Pfalz zur Sicherstellung eines ausreichenden Glücksspielangebots i.S.d. § 10 Abs. 1 Satz 1 GlüStV erforderlichen öffentlichen Glücksspiele werden vom Land selbst unmittelbar oder m...

Dieser Inhalt ist unter anderem im VerwalterPraxis Gold enthalten. Sie wollen mehr?


Meistgelesene beiträge